Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 3. Berlin, 1812.

Bild:
<< vorherige Seite
Weiden und Hutungen.

Außer und neben dem Klee passen sich aber zu dieser Besaamung aus der
Klasse der Gräser vorzüglich das englische Raygras (Lolium perenne)
und der Schaafschwingel (Festuca ovina), weil sie ein dichtes Weidegras
geben, auf Höheboden gut fortkommen, und ihr Saamen ebenfalls leicht zu ge-
winnen ist, und in Quantitäten sehr wohlfeil verkauft werden kann. Es gehören
davon jedoch funfzehn bis zwanzig Pfund neben dem weißen Klee auf den Mor-
gen. Einige glauben auch, das Honiggras (Holcus lanatus) mit Vortheil
zur Weide ausgesäet zu haben. Sein Saamen ist ebenfalls leicht zu gewinnen,
das Aushülsen desselben zwar schwierig, aber auch nicht nöthig, wenn man ihn zu
eigenem Gebrauch erzieht. Man muß mit den Hülsen aber beinahe einen Schef-
fel auf den Morgen ausstreuen. Dies Gras wächst immer horstig, und zeichnet
sich besonders gegen den Herbst aus, wo seine Wurzelblätter stark austreiben.
Indessen scheint es mir, als wenn das Vieh nur aus Noth von diesem Grase fräße,
und es stehen lasse, wenn es noch andere Gräser hat. Auch friert es im Winter
leicht aus, und man darf sich deshalb auf solches nicht allein verlassen.

Ein vorzügliches, bei uns noch nicht genug bekanntes, aber von den Engländern
sehr geschätztes Weidekraut ist die Pimpinelle (Poterium sanguisorba). Sie
wächst auf sehr magerem Acker, wo selbst der weiße Klee nicht fort will, jedoch auf
besseren um so stärker. Sie hat den Vorzug, daß sie selbst mitten im Winter
zu grünen fortfährt, besonders aber im ersten Frühjahre stark austreibt. Sie ist
für die Schaafe vorzüglich geeignet, und wird von ihnen so gern gefressen, als sie
ihnen wegen ihrer aromatischen gelinde adstringirenden Eigenschaft gedeihlich ist.
Ihr Saamen ist auf einem Saamenbeete leicht zu gewinnen, muß aber allmählig,
sobald es reift, abgestreift werden. Auf kalkigen bergigen Aeckern auf flacher
Krume ist das Zittergras (Briza media) als Weidegras sehr angemessen,
und auf solchen Aeckern säet man alsdann zur Weide auch Esparsette darunter.

Von der übrigen Kultur dieser Weiden wird unten die Rede seyn.

§. 366.

Weide auf un-
gedüngtem
Aussenlande.
Zu den Dreeschweiden gehört gewissermaaßen die Aussenlandsweide bei der
Felderwirthschaft, wo man das schlechte vernachläßigte und ungedüngte Land nur
alle drei, sechs, neun oder gar zwölf Jahre einmal bestellt, und in den Zwischen-
zeiten liegen läßt. Daß diese Weiden, deren Boden durch die davon genommene

Weiden und Hutungen.

Außer und neben dem Klee paſſen ſich aber zu dieſer Beſaamung aus der
Klaſſe der Graͤſer vorzuͤglich das engliſche Raygras (Lolium perenne)
und der Schaafſchwingel (Festuca ovina), weil ſie ein dichtes Weidegras
geben, auf Hoͤheboden gut fortkommen, und ihr Saamen ebenfalls leicht zu ge-
winnen iſt, und in Quantitaͤten ſehr wohlfeil verkauft werden kann. Es gehoͤren
davon jedoch funfzehn bis zwanzig Pfund neben dem weißen Klee auf den Mor-
gen. Einige glauben auch, das Honiggras (Holcus lanatus) mit Vortheil
zur Weide ausgeſaͤet zu haben. Sein Saamen iſt ebenfalls leicht zu gewinnen,
das Aushuͤlſen deſſelben zwar ſchwierig, aber auch nicht noͤthig, wenn man ihn zu
eigenem Gebrauch erzieht. Man muß mit den Huͤlſen aber beinahe einen Schef-
fel auf den Morgen ausſtreuen. Dies Gras waͤchſt immer horſtig, und zeichnet
ſich beſonders gegen den Herbſt aus, wo ſeine Wurzelblaͤtter ſtark austreiben.
Indeſſen ſcheint es mir, als wenn das Vieh nur aus Noth von dieſem Graſe fraͤße,
und es ſtehen laſſe, wenn es noch andere Graͤſer hat. Auch friert es im Winter
leicht aus, und man darf ſich deshalb auf ſolches nicht allein verlaſſen.

Ein vorzuͤgliches, bei uns noch nicht genug bekanntes, aber von den Englaͤndern
ſehr geſchaͤtztes Weidekraut iſt die Pimpinelle (Poterium sanguisorba). Sie
waͤchſt auf ſehr magerem Acker, wo ſelbſt der weiße Klee nicht fort will, jedoch auf
beſſeren um ſo ſtaͤrker. Sie hat den Vorzug, daß ſie ſelbſt mitten im Winter
zu gruͤnen fortfaͤhrt, beſonders aber im erſten Fruͤhjahre ſtark austreibt. Sie iſt
fuͤr die Schaafe vorzuͤglich geeignet, und wird von ihnen ſo gern gefreſſen, als ſie
ihnen wegen ihrer aromatiſchen gelinde adſtringirenden Eigenſchaft gedeihlich iſt.
Ihr Saamen iſt auf einem Saamenbeete leicht zu gewinnen, muß aber allmaͤhlig,
ſobald es reift, abgeſtreift werden. Auf kalkigen bergigen Aeckern auf flacher
Krume iſt das Zittergras (Briza media) als Weidegras ſehr angemeſſen,
und auf ſolchen Aeckern ſaͤet man alsdann zur Weide auch Esparſette darunter.

Von der uͤbrigen Kultur dieſer Weiden wird unten die Rede ſeyn.

§. 366.

Weide auf un-
geduͤngtem
Auſſenlande.
Zu den Dreeſchweiden gehoͤrt gewiſſermaaßen die Auſſenlandsweide bei der
Felderwirthſchaft, wo man das ſchlechte vernachlaͤßigte und ungeduͤngte Land nur
alle drei, ſechs, neun oder gar zwoͤlf Jahre einmal beſtellt, und in den Zwiſchen-
zeiten liegen laͤßt. Daß dieſe Weiden, deren Boden durch die davon genommene

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <pb facs="#f0298" n="276"/>
              <fw place="top" type="header">Weiden und Hutungen.</fw><lb/>
              <p>Außer und neben dem Klee pa&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ich aber zu die&#x017F;er Be&#x017F;aamung aus der<lb/>
Kla&#x017F;&#x017F;e der Gra&#x0364;&#x017F;er vorzu&#x0364;glich das <hi rendition="#g">engli&#x017F;che Raygras</hi> (<hi rendition="#aq">Lolium perenne</hi>)<lb/>
und der <hi rendition="#g">Schaaf&#x017F;chwingel</hi> (<hi rendition="#aq">Festuca ovina</hi>), weil &#x017F;ie ein dichtes Weidegras<lb/>
geben, auf Ho&#x0364;heboden gut fortkommen, und ihr Saamen ebenfalls leicht zu ge-<lb/>
winnen i&#x017F;t, und in Quantita&#x0364;ten &#x017F;ehr wohlfeil verkauft werden kann. Es geho&#x0364;ren<lb/>
davon jedoch funfzehn bis zwanzig Pfund neben dem weißen Klee auf den Mor-<lb/>
gen. Einige glauben auch, das <hi rendition="#g">Honiggras</hi> (<hi rendition="#aq">Holcus lanatus</hi>) mit Vortheil<lb/>
zur Weide ausge&#x017F;a&#x0364;et zu haben. Sein Saamen i&#x017F;t ebenfalls leicht zu gewinnen,<lb/>
das Aushu&#x0364;l&#x017F;en de&#x017F;&#x017F;elben zwar &#x017F;chwierig, aber auch nicht no&#x0364;thig, wenn man ihn zu<lb/>
eigenem Gebrauch erzieht. Man muß mit den Hu&#x0364;l&#x017F;en aber beinahe einen Schef-<lb/>
fel auf den Morgen aus&#x017F;treuen. Dies Gras wa&#x0364;ch&#x017F;t immer hor&#x017F;tig, und zeichnet<lb/>
&#x017F;ich be&#x017F;onders gegen den Herb&#x017F;t aus, wo &#x017F;eine Wurzelbla&#x0364;tter &#x017F;tark austreiben.<lb/>
Inde&#x017F;&#x017F;en &#x017F;cheint es mir, als wenn das Vieh nur aus Noth von die&#x017F;em Gra&#x017F;e fra&#x0364;ße,<lb/>
und es &#x017F;tehen la&#x017F;&#x017F;e, wenn es noch andere Gra&#x0364;&#x017F;er hat. Auch friert es im Winter<lb/>
leicht aus, und man darf &#x017F;ich deshalb auf &#x017F;olches nicht allein verla&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
              <p>Ein vorzu&#x0364;gliches, bei uns noch nicht genug bekanntes, aber von den Engla&#x0364;ndern<lb/>
&#x017F;ehr ge&#x017F;cha&#x0364;tztes Weidekraut i&#x017F;t die <hi rendition="#g">Pimpinelle</hi> (<hi rendition="#aq">Poterium sanguisorba</hi>). Sie<lb/>
wa&#x0364;ch&#x017F;t auf &#x017F;ehr magerem Acker, wo &#x017F;elb&#x017F;t der weiße Klee nicht fort will, jedoch auf<lb/>
be&#x017F;&#x017F;eren um &#x017F;o &#x017F;ta&#x0364;rker. Sie hat den Vorzug, daß &#x017F;ie &#x017F;elb&#x017F;t mitten im Winter<lb/>
zu gru&#x0364;nen fortfa&#x0364;hrt, be&#x017F;onders aber im er&#x017F;ten Fru&#x0364;hjahre &#x017F;tark austreibt. Sie i&#x017F;t<lb/>
fu&#x0364;r die Schaafe vorzu&#x0364;glich geeignet, und wird von ihnen &#x017F;o gern gefre&#x017F;&#x017F;en, als &#x017F;ie<lb/>
ihnen wegen ihrer aromati&#x017F;chen gelinde ad&#x017F;tringirenden Eigen&#x017F;chaft gedeihlich i&#x017F;t.<lb/>
Ihr Saamen i&#x017F;t auf einem Saamenbeete leicht zu gewinnen, muß aber allma&#x0364;hlig,<lb/>
&#x017F;obald es reift, abge&#x017F;treift werden. Auf kalkigen bergigen Aeckern auf flacher<lb/>
Krume i&#x017F;t das <hi rendition="#g">Zittergras</hi> (<hi rendition="#aq">Briza media</hi>) als Weidegras &#x017F;ehr angeme&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
und auf &#x017F;olchen Aeckern &#x017F;a&#x0364;et man alsdann zur Weide auch Espar&#x017F;ette darunter.</p><lb/>
              <p>Von der u&#x0364;brigen Kultur die&#x017F;er Weiden wird unten die Rede &#x017F;eyn.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 366.</head><lb/>
              <p><note place="left">Weide auf un-<lb/>
gedu&#x0364;ngtem<lb/>
Au&#x017F;&#x017F;enlande.</note>Zu den Dree&#x017F;chweiden geho&#x0364;rt gewi&#x017F;&#x017F;ermaaßen die Au&#x017F;&#x017F;enlandsweide bei der<lb/>
Felderwirth&#x017F;chaft, wo man das &#x017F;chlechte vernachla&#x0364;ßigte und ungedu&#x0364;ngte Land nur<lb/>
alle drei, &#x017F;echs, neun oder gar zwo&#x0364;lf Jahre einmal be&#x017F;tellt, und in den Zwi&#x017F;chen-<lb/>
zeiten liegen la&#x0364;ßt. Daß die&#x017F;e Weiden, deren Boden durch die davon genommene<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[276/0298] Weiden und Hutungen. Außer und neben dem Klee paſſen ſich aber zu dieſer Beſaamung aus der Klaſſe der Graͤſer vorzuͤglich das engliſche Raygras (Lolium perenne) und der Schaafſchwingel (Festuca ovina), weil ſie ein dichtes Weidegras geben, auf Hoͤheboden gut fortkommen, und ihr Saamen ebenfalls leicht zu ge- winnen iſt, und in Quantitaͤten ſehr wohlfeil verkauft werden kann. Es gehoͤren davon jedoch funfzehn bis zwanzig Pfund neben dem weißen Klee auf den Mor- gen. Einige glauben auch, das Honiggras (Holcus lanatus) mit Vortheil zur Weide ausgeſaͤet zu haben. Sein Saamen iſt ebenfalls leicht zu gewinnen, das Aushuͤlſen deſſelben zwar ſchwierig, aber auch nicht noͤthig, wenn man ihn zu eigenem Gebrauch erzieht. Man muß mit den Huͤlſen aber beinahe einen Schef- fel auf den Morgen ausſtreuen. Dies Gras waͤchſt immer horſtig, und zeichnet ſich beſonders gegen den Herbſt aus, wo ſeine Wurzelblaͤtter ſtark austreiben. Indeſſen ſcheint es mir, als wenn das Vieh nur aus Noth von dieſem Graſe fraͤße, und es ſtehen laſſe, wenn es noch andere Graͤſer hat. Auch friert es im Winter leicht aus, und man darf ſich deshalb auf ſolches nicht allein verlaſſen. Ein vorzuͤgliches, bei uns noch nicht genug bekanntes, aber von den Englaͤndern ſehr geſchaͤtztes Weidekraut iſt die Pimpinelle (Poterium sanguisorba). Sie waͤchſt auf ſehr magerem Acker, wo ſelbſt der weiße Klee nicht fort will, jedoch auf beſſeren um ſo ſtaͤrker. Sie hat den Vorzug, daß ſie ſelbſt mitten im Winter zu gruͤnen fortfaͤhrt, beſonders aber im erſten Fruͤhjahre ſtark austreibt. Sie iſt fuͤr die Schaafe vorzuͤglich geeignet, und wird von ihnen ſo gern gefreſſen, als ſie ihnen wegen ihrer aromatiſchen gelinde adſtringirenden Eigenſchaft gedeihlich iſt. Ihr Saamen iſt auf einem Saamenbeete leicht zu gewinnen, muß aber allmaͤhlig, ſobald es reift, abgeſtreift werden. Auf kalkigen bergigen Aeckern auf flacher Krume iſt das Zittergras (Briza media) als Weidegras ſehr angemeſſen, und auf ſolchen Aeckern ſaͤet man alsdann zur Weide auch Esparſette darunter. Von der uͤbrigen Kultur dieſer Weiden wird unten die Rede ſeyn. §. 366. Zu den Dreeſchweiden gehoͤrt gewiſſermaaßen die Auſſenlandsweide bei der Felderwirthſchaft, wo man das ſchlechte vernachlaͤßigte und ungeduͤngte Land nur alle drei, ſechs, neun oder gar zwoͤlf Jahre einmal beſtellt, und in den Zwiſchen- zeiten liegen laͤßt. Daß dieſe Weiden, deren Boden durch die davon genommene Weide auf un- geduͤngtem Auſſenlande.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft03_1810
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft03_1810/298
Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 3. Berlin, 1812, S. 276. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft03_1810/298>, abgerufen am 25.04.2024.