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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 3. Berlin, 1812.

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Weiden und Hutungen.
Ernte doch immer mehr erschöpft wird und keine Düngung wieder erhält, nicht
wie die Dreeschweiden des gedüngten Landes berechnet werden können, versteht
sich von selbst. Sie sind mit unkräftigem kleinen und dürren Grase, oft nur mit
dem Becksbart (Aira canescens), dem Scleranthus annuus, zuweilen einigen
kleinen Schwingelarten und mit dürrem Ruchgrase (Antoxanthum odoratum)
besetzt, welches letzteres, wenn es aufschießt, vom Vieh nicht mehr berührt wird.
Sie geben daher mehr eine Abtrift als eine Weide für Schaafe und Schweine,
und magern das Vieh nur ab. Wo man irgend als Weide auf sie rechnet, da
enthalten sie niedrige feuchte Stellen, die nicht mit Getreide bestellt werden konn-
ten, und die also graswüchsig sind, auf welchen das Vieh aus Hunger frißt, aber
sich, wenn sie beschlammet sind, gefährliche Krankheiten zuzieht.

Wenn bei der Dreifelderwirthschaft bei neunjährigem Dünger das Sommer-
feld in der sechsten Tracht oder im achten Jahre nach der Düngung nicht mehr vor-
theilhaft bestellt werden kann, sondern liegen bleibt, so ist auf diese Weide, welche
dann doch noch immer einige Kraft übrig behalten hat, etwas mehr zu rechnen.

§. 367.

Die Brachweiden auf denjenigen Aeckern, die in der DreifelderwirthschaftDie Brach-
weide.

gebrachet und zur Winterung vorbereitet werden, sind theils nach der Bodengüte,
theils nach dem Düngungszustande, dann aber vorzüglich nach der Zeit, wo sie
umgebrochen werden, zu schätzen. In der Regel fängt man um Johannis an, die
Brache umzubrechen, und wenn sich gleich einige, um dieser Weide noch länger
zu genießen, genöthiget sehen, diesen Umbruch noch länger zu verzögern, so ist
doch der Eigenthümer, um andern Berechtigten die Weide darauf zu lassen, nur
selten dazu verpflichtet. Mit dem Umbruche hört die Weide auf, für das Rindvieh
nutzbar zu seyn, und wenn die Schaafe dann durch das Ausgrünen der Sturz-
und Ruhrfurche auch noch einige Nahrung erhalten, so ist diese doch bei der
Schnelligkeit, in welcher das Pflügen und Eggen aufeinander folgen muß, unbe-
deutend. Auf diese Weide sind also nur sechs bis sieben Wochen zu rechnen. Sie
fällt in der Periode der lebhaftesten Vegetation. Wenn der Boden kraftvoll und
graswüchsig ist, so kann sie 1/3 einer Dreeschweide, die im ersten Jahre liegt,
gleichgeschätzt werden; sonst aber nicht so hoch, weil der beständig unter dem

Weiden und Hutungen.
Ernte doch immer mehr erſchoͤpft wird und keine Duͤngung wieder erhaͤlt, nicht
wie die Dreeſchweiden des geduͤngten Landes berechnet werden koͤnnen, verſteht
ſich von ſelbſt. Sie ſind mit unkraͤftigem kleinen und duͤrren Graſe, oft nur mit
dem Becksbart (Aira canescens), dem Scleranthus annuus, zuweilen einigen
kleinen Schwingelarten und mit duͤrrem Ruchgraſe (Antoxanthum odoratum)
beſetzt, welches letzteres, wenn es aufſchießt, vom Vieh nicht mehr beruͤhrt wird.
Sie geben daher mehr eine Abtrift als eine Weide fuͤr Schaafe und Schweine,
und magern das Vieh nur ab. Wo man irgend als Weide auf ſie rechnet, da
enthalten ſie niedrige feuchte Stellen, die nicht mit Getreide beſtellt werden konn-
ten, und die alſo graswuͤchſig ſind, auf welchen das Vieh aus Hunger frißt, aber
ſich, wenn ſie beſchlammet ſind, gefaͤhrliche Krankheiten zuzieht.

Wenn bei der Dreifelderwirthſchaft bei neunjaͤhrigem Duͤnger das Sommer-
feld in der ſechſten Tracht oder im achten Jahre nach der Duͤngung nicht mehr vor-
theilhaft beſtellt werden kann, ſondern liegen bleibt, ſo iſt auf dieſe Weide, welche
dann doch noch immer einige Kraft uͤbrig behalten hat, etwas mehr zu rechnen.

§. 367.

Die Brachweiden auf denjenigen Aeckern, die in der DreifelderwirthſchaftDie Brach-
weide.

gebrachet und zur Winterung vorbereitet werden, ſind theils nach der Bodenguͤte,
theils nach dem Duͤngungszuſtande, dann aber vorzuͤglich nach der Zeit, wo ſie
umgebrochen werden, zu ſchaͤtzen. In der Regel faͤngt man um Johannis an, die
Brache umzubrechen, und wenn ſich gleich einige, um dieſer Weide noch laͤnger
zu genießen, genoͤthiget ſehen, dieſen Umbruch noch laͤnger zu verzoͤgern, ſo iſt
doch der Eigenthuͤmer, um andern Berechtigten die Weide darauf zu laſſen, nur
ſelten dazu verpflichtet. Mit dem Umbruche hoͤrt die Weide auf, fuͤr das Rindvieh
nutzbar zu ſeyn, und wenn die Schaafe dann durch das Ausgruͤnen der Sturz-
und Ruhrfurche auch noch einige Nahrung erhalten, ſo iſt dieſe doch bei der
Schnelligkeit, in welcher das Pfluͤgen und Eggen aufeinander folgen muß, unbe-
deutend. Auf dieſe Weide ſind alſo nur ſechs bis ſieben Wochen zu rechnen. Sie
faͤllt in der Periode der lebhafteſten Vegetation. Wenn der Boden kraftvoll und
graswuͤchſig iſt, ſo kann ſie ⅓ einer Dreeſchweide, die im erſten Jahre liegt,
gleichgeſchaͤtzt werden; ſonſt aber nicht ſo hoch, weil der beſtaͤndig unter dem

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[277/0299] Weiden und Hutungen. Ernte doch immer mehr erſchoͤpft wird und keine Duͤngung wieder erhaͤlt, nicht wie die Dreeſchweiden des geduͤngten Landes berechnet werden koͤnnen, verſteht ſich von ſelbſt. Sie ſind mit unkraͤftigem kleinen und duͤrren Graſe, oft nur mit dem Becksbart (Aira canescens), dem Scleranthus annuus, zuweilen einigen kleinen Schwingelarten und mit duͤrrem Ruchgraſe (Antoxanthum odoratum) beſetzt, welches letzteres, wenn es aufſchießt, vom Vieh nicht mehr beruͤhrt wird. Sie geben daher mehr eine Abtrift als eine Weide fuͤr Schaafe und Schweine, und magern das Vieh nur ab. Wo man irgend als Weide auf ſie rechnet, da enthalten ſie niedrige feuchte Stellen, die nicht mit Getreide beſtellt werden konn- ten, und die alſo graswuͤchſig ſind, auf welchen das Vieh aus Hunger frißt, aber ſich, wenn ſie beſchlammet ſind, gefaͤhrliche Krankheiten zuzieht. Wenn bei der Dreifelderwirthſchaft bei neunjaͤhrigem Duͤnger das Sommer- feld in der ſechſten Tracht oder im achten Jahre nach der Duͤngung nicht mehr vor- theilhaft beſtellt werden kann, ſondern liegen bleibt, ſo iſt auf dieſe Weide, welche dann doch noch immer einige Kraft uͤbrig behalten hat, etwas mehr zu rechnen. §. 367. Die Brachweiden auf denjenigen Aeckern, die in der Dreifelderwirthſchaft gebrachet und zur Winterung vorbereitet werden, ſind theils nach der Bodenguͤte, theils nach dem Duͤngungszuſtande, dann aber vorzuͤglich nach der Zeit, wo ſie umgebrochen werden, zu ſchaͤtzen. In der Regel faͤngt man um Johannis an, die Brache umzubrechen, und wenn ſich gleich einige, um dieſer Weide noch laͤnger zu genießen, genoͤthiget ſehen, dieſen Umbruch noch laͤnger zu verzoͤgern, ſo iſt doch der Eigenthuͤmer, um andern Berechtigten die Weide darauf zu laſſen, nur ſelten dazu verpflichtet. Mit dem Umbruche hoͤrt die Weide auf, fuͤr das Rindvieh nutzbar zu ſeyn, und wenn die Schaafe dann durch das Ausgruͤnen der Sturz- und Ruhrfurche auch noch einige Nahrung erhalten, ſo iſt dieſe doch bei der Schnelligkeit, in welcher das Pfluͤgen und Eggen aufeinander folgen muß, unbe- deutend. Auf dieſe Weide ſind alſo nur ſechs bis ſieben Wochen zu rechnen. Sie faͤllt in der Periode der lebhafteſten Vegetation. Wenn der Boden kraftvoll und graswuͤchſig iſt, ſo kann ſie ⅓ einer Dreeſchweide, die im erſten Jahre liegt, gleichgeſchaͤtzt werden; ſonſt aber nicht ſo hoch, weil der beſtaͤndig unter dem Die Brach- weide.

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 3. Berlin, 1812, S. 277. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft03_1810/299>, abgerufen am 16.04.2024.