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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 3. Berlin, 1812.

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Die Arbeit der Beackerung.
herabstreicht. Denn dieses Herabstreichen der Erde entblößt endlich die Anhöhe von
aller guten Erde, und bringt sie auf den niedrigern Theil herunter. Aufmerksame
Ackerbauer ersetzen dies dadurch, daß sie nur den höhern Theil düngen oder den Dün-
ger doch so vertheilen, daß das oberste ihn am stärksten erhält; welches aber freilich
dann die Düngerfuhren wieder erschweret.

Bei dem Schrägpflügen an ziemlich steilen Anhöhen von unebener Oberfläche
kommt es sehr darauf an, daß man die Gewende in derjenigen Richtung lege, daß in
dem Gange des Pfluges übermäßige Steilheit vermieden werde. Es lassen sich hier-
über nicht wohl allgemeine Regeln angeben. Man muß ein solches Feld zuvor in
allen Richtungen übergehen, und sich denken, wie an jeder Stelle die Streifen fallen
werden. Man muß die Pflugart zuweilen verändern, bald auseinander, bald zu-
sammenpflügen, und wieder eine Strecke vielleicht bloß nach der einen Seite hinwer-
fen lassen. Es kömmt hier zur Erleichterung und Verbesserung der Arbeit sehr viel
auf ein richtiges Augenmaaß an und auf Uebung in solchem Bergpflügen. Durchaus
ist in gebirgigten Feldern der Haaken vorzuziehen, welcher die Legung der Erde mehr
der Willkühr des Pflugführers überläßt, und es ist sehr schön anzusehen, wie eben die
Arbeit von geübten Häkern an steilen Anhöhen vollführt wird. Man hat es dann in
seiner Gewalt, durch die schräge Richtung der Wasserfurchen dem Wasser ein so sanf-
tes Gefälle zu geben, daß es nirgend einreißt, sondern langsam herabzieht, sich hier
mehr, dort weniger verweilt.

§. 159.

Tiefe des
Pflügens.
Wenn wir nun auf die Frage kommen, wie tief man pflügen solle?
so finden wir uns durch die Verschiedenheit der Meinungen in ein solches Labyrinth
verwickelt, daß mancher, der sich nicht zu orientiren weiß, durchaus nicht herausfin-
den kann. Wir müssen deshalb hier vor allen genau und richtig unterscheiden.

Es ist ein großer Unterschied, ob man einen tiefen Boden (d. h. einen solchen,
dessen Ackererde bis zu einer bestimmten Tiefe nicht nur in Ansehung ihrer Grundbe-
standtheile eine gleichmäßige Mischung hat, sondern auch mit Fruchtbarkeit so weit
durchdrungen ist,) tief pflügen, d. h. in dem Stande seiner tiefen Fruchtbarkeit er-
halten, oder aber einen flachen Boden durch das Pflügen tiefer machen, d. h. auf
eine größere Tiefe seine Grundbestandtheile gleichmäßig mengen, und mit fruchtbaren
Stoffen beschwängern soll.


Die Arbeit der Beackerung.
herabſtreicht. Denn dieſes Herabſtreichen der Erde entbloͤßt endlich die Anhoͤhe von
aller guten Erde, und bringt ſie auf den niedrigern Theil herunter. Aufmerkſame
Ackerbauer erſetzen dies dadurch, daß ſie nur den hoͤhern Theil duͤngen oder den Duͤn-
ger doch ſo vertheilen, daß das oberſte ihn am ſtaͤrkſten erhaͤlt; welches aber freilich
dann die Duͤngerfuhren wieder erſchweret.

Bei dem Schraͤgpfluͤgen an ziemlich ſteilen Anhoͤhen von unebener Oberflaͤche
kommt es ſehr darauf an, daß man die Gewende in derjenigen Richtung lege, daß in
dem Gange des Pfluges uͤbermaͤßige Steilheit vermieden werde. Es laſſen ſich hier-
uͤber nicht wohl allgemeine Regeln angeben. Man muß ein ſolches Feld zuvor in
allen Richtungen uͤbergehen, und ſich denken, wie an jeder Stelle die Streifen fallen
werden. Man muß die Pflugart zuweilen veraͤndern, bald auseinander, bald zu-
ſammenpfluͤgen, und wieder eine Strecke vielleicht bloß nach der einen Seite hinwer-
fen laſſen. Es koͤmmt hier zur Erleichterung und Verbeſſerung der Arbeit ſehr viel
auf ein richtiges Augenmaaß an und auf Uebung in ſolchem Bergpfluͤgen. Durchaus
iſt in gebirgigten Feldern der Haaken vorzuziehen, welcher die Legung der Erde mehr
der Willkuͤhr des Pflugfuͤhrers uͤberlaͤßt, und es iſt ſehr ſchoͤn anzuſehen, wie eben die
Arbeit von geuͤbten Haͤkern an ſteilen Anhoͤhen vollfuͤhrt wird. Man hat es dann in
ſeiner Gewalt, durch die ſchraͤge Richtung der Waſſerfurchen dem Waſſer ein ſo ſanf-
tes Gefaͤlle zu geben, daß es nirgend einreißt, ſondern langſam herabzieht, ſich hier
mehr, dort weniger verweilt.

§. 159.

Tiefe des
Pfluͤgens.
Wenn wir nun auf die Frage kommen, wie tief man pfluͤgen ſolle?
ſo finden wir uns durch die Verſchiedenheit der Meinungen in ein ſolches Labyrinth
verwickelt, daß mancher, der ſich nicht zu orientiren weiß, durchaus nicht herausfin-
den kann. Wir muͤſſen deshalb hier vor allen genau und richtig unterſcheiden.

Es iſt ein großer Unterſchied, ob man einen tiefen Boden (d. h. einen ſolchen,
deſſen Ackererde bis zu einer beſtimmten Tiefe nicht nur in Anſehung ihrer Grundbe-
ſtandtheile eine gleichmaͤßige Miſchung hat, ſondern auch mit Fruchtbarkeit ſo weit
durchdrungen iſt,) tief pfluͤgen, d. h. in dem Stande ſeiner tiefen Fruchtbarkeit er-
halten, oder aber einen flachen Boden durch das Pfluͤgen tiefer machen, d. h. auf
eine groͤßere Tiefe ſeine Grundbeſtandtheile gleichmaͤßig mengen, und mit fruchtbaren
Stoffen beſchwaͤngern ſoll.


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[82/0104] Die Arbeit der Beackerung. herabſtreicht. Denn dieſes Herabſtreichen der Erde entbloͤßt endlich die Anhoͤhe von aller guten Erde, und bringt ſie auf den niedrigern Theil herunter. Aufmerkſame Ackerbauer erſetzen dies dadurch, daß ſie nur den hoͤhern Theil duͤngen oder den Duͤn- ger doch ſo vertheilen, daß das oberſte ihn am ſtaͤrkſten erhaͤlt; welches aber freilich dann die Duͤngerfuhren wieder erſchweret. Bei dem Schraͤgpfluͤgen an ziemlich ſteilen Anhoͤhen von unebener Oberflaͤche kommt es ſehr darauf an, daß man die Gewende in derjenigen Richtung lege, daß in dem Gange des Pfluges uͤbermaͤßige Steilheit vermieden werde. Es laſſen ſich hier- uͤber nicht wohl allgemeine Regeln angeben. Man muß ein ſolches Feld zuvor in allen Richtungen uͤbergehen, und ſich denken, wie an jeder Stelle die Streifen fallen werden. Man muß die Pflugart zuweilen veraͤndern, bald auseinander, bald zu- ſammenpfluͤgen, und wieder eine Strecke vielleicht bloß nach der einen Seite hinwer- fen laſſen. Es koͤmmt hier zur Erleichterung und Verbeſſerung der Arbeit ſehr viel auf ein richtiges Augenmaaß an und auf Uebung in ſolchem Bergpfluͤgen. Durchaus iſt in gebirgigten Feldern der Haaken vorzuziehen, welcher die Legung der Erde mehr der Willkuͤhr des Pflugfuͤhrers uͤberlaͤßt, und es iſt ſehr ſchoͤn anzuſehen, wie eben die Arbeit von geuͤbten Haͤkern an ſteilen Anhoͤhen vollfuͤhrt wird. Man hat es dann in ſeiner Gewalt, durch die ſchraͤge Richtung der Waſſerfurchen dem Waſſer ein ſo ſanf- tes Gefaͤlle zu geben, daß es nirgend einreißt, ſondern langſam herabzieht, ſich hier mehr, dort weniger verweilt. §. 159. Wenn wir nun auf die Frage kommen, wie tief man pfluͤgen ſolle? ſo finden wir uns durch die Verſchiedenheit der Meinungen in ein ſolches Labyrinth verwickelt, daß mancher, der ſich nicht zu orientiren weiß, durchaus nicht herausfin- den kann. Wir muͤſſen deshalb hier vor allen genau und richtig unterſcheiden. Tiefe des Pfluͤgens. Es iſt ein großer Unterſchied, ob man einen tiefen Boden (d. h. einen ſolchen, deſſen Ackererde bis zu einer beſtimmten Tiefe nicht nur in Anſehung ihrer Grundbe- ſtandtheile eine gleichmaͤßige Miſchung hat, ſondern auch mit Fruchtbarkeit ſo weit durchdrungen iſt,) tief pfluͤgen, d. h. in dem Stande ſeiner tiefen Fruchtbarkeit er- halten, oder aber einen flachen Boden durch das Pfluͤgen tiefer machen, d. h. auf eine groͤßere Tiefe ſeine Grundbeſtandtheile gleichmaͤßig mengen, und mit fruchtbaren Stoffen beſchwaͤngern ſoll.

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 3. Berlin, 1812, S. 82. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft03_1810/104>, abgerufen am 28.03.2024.