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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 3. Berlin, 1812.

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Urbarmachung unangebauter Ländereien.
nimmt. Dann aber ist der Grund, der vorher noch etwas lieferte, auf ewige Zei-
ten in einem todten unfruchtbaren Zustand versetzt, und kann hungernde Schaafe
zwar tragen, aber ihnen keine Nahrung geben.

Nirgends ist seit einem halben Jahrhundert wohl so viel wüstes Land urbar
gemacht worden, wie in Schottland und dem nördlichen Theile von England, und
das ist mit glücklichem Erfolge mehrentheils von einer Octroygesellschaft auf Actien
geschehen, die einen großen Distrikt ankaufte, die Urbarmachung unter der Direk-
tion eines sehr einsichtsvollen Mannes fabrikmäßig betrieb; nachdem es aus dem
Rohen herausgearbeitet, manchmal auch in volle Kultur gesetzt war, solche denn
mit oder ohne Gebäude einzeln verkaufte oder verpachtete. Dagegen hat eine
Theilung in kleinere Stücke vor der Urbarmachung fast nie daselbst gelingen wol-
len, und die Kolonisten sind, wie bei uns, zu Grunde gegangen.

§. 195.

Wo man ein dem Boden angemessenes Düngungs-Surrogat, Mergel,
Modder, auch Torf auf der Stelle findet, da läßt sich die Kultur eines rohen Bo-
dens schneller bewerkstelligen. Auch ist dies der Fall, wo durch Sperrung kleiner
Flüsse und Bäche, oder durch Auffangung von Quellen Bewässerungswiesen an-
gelegt werden können, womit vor allem der Anfang gemacht werden muß.

§. 196.

Die vortheilhafteste Benutzungsart des aufzubrechenden Landes muß vorher
wohl erwogen, der Natur des Grundes und Bodens, den bezweckten Wirthschafts-
einrichtungen und dem gemachten Plane angemessen festgestellet werden. Was
Wiese oder nahrhafte Weide geben kann, verdient die erste Rücksicht, und muß
dazu vor allem in Stand gesetzt werden, wenn man es auch in der Folge unter den
Pflug zu nehmen gesonnen ist, weil dadurch dem Acker die erste Kraft ertheilet
oder erhalten werden kann.

§. 197.

Alter Forstgrund ist derjenige, welcher wohl am häufigsten aufzubrechen vor-Aufbruch des
alten Forst-
grundes.

kömmt, und mit dem größten Vortheil für den Unternehmer und für das allge-
meine Beste aufgebrochen werden kann. Der Jammer über Holzmangel kann nicht
durch Beibehaltung des verödeten Forstgrundes, sondern nur durch die Ausroh-
dung der ungesunden, einzeln stehenden Bäume und des unnützen Gestrüppes und

Urbarmachung unangebauter Laͤndereien.
nimmt. Dann aber iſt der Grund, der vorher noch etwas lieferte, auf ewige Zei-
ten in einem todten unfruchtbaren Zuſtand verſetzt, und kann hungernde Schaafe
zwar tragen, aber ihnen keine Nahrung geben.

Nirgends iſt ſeit einem halben Jahrhundert wohl ſo viel wuͤſtes Land urbar
gemacht worden, wie in Schottland und dem noͤrdlichen Theile von England, und
das iſt mit gluͤcklichem Erfolge mehrentheils von einer Octroygeſellſchaft auf Actien
geſchehen, die einen großen Diſtrikt ankaufte, die Urbarmachung unter der Direk-
tion eines ſehr einſichtsvollen Mannes fabrikmaͤßig betrieb; nachdem es aus dem
Rohen herausgearbeitet, manchmal auch in volle Kultur geſetzt war, ſolche denn
mit oder ohne Gebaͤude einzeln verkaufte oder verpachtete. Dagegen hat eine
Theilung in kleinere Stuͤcke vor der Urbarmachung faſt nie daſelbſt gelingen wol-
len, und die Koloniſten ſind, wie bei uns, zu Grunde gegangen.

§. 195.

Wo man ein dem Boden angemeſſenes Duͤngungs-Surrogat, Mergel,
Modder, auch Torf auf der Stelle findet, da laͤßt ſich die Kultur eines rohen Bo-
dens ſchneller bewerkſtelligen. Auch iſt dies der Fall, wo durch Sperrung kleiner
Fluͤſſe und Baͤche, oder durch Auffangung von Quellen Bewaͤſſerungswieſen an-
gelegt werden koͤnnen, womit vor allem der Anfang gemacht werden muß.

§. 196.

Die vortheilhafteſte Benutzungsart des aufzubrechenden Landes muß vorher
wohl erwogen, der Natur des Grundes und Bodens, den bezweckten Wirthſchafts-
einrichtungen und dem gemachten Plane angemeſſen feſtgeſtellet werden. Was
Wieſe oder nahrhafte Weide geben kann, verdient die erſte Ruͤckſicht, und muß
dazu vor allem in Stand geſetzt werden, wenn man es auch in der Folge unter den
Pflug zu nehmen geſonnen iſt, weil dadurch dem Acker die erſte Kraft ertheilet
oder erhalten werden kann.

§. 197.

Alter Forſtgrund iſt derjenige, welcher wohl am haͤufigſten aufzubrechen vor-Aufbruch des
alten Forſt-
grundes.

koͤmmt, und mit dem groͤßten Vortheil fuͤr den Unternehmer und fuͤr das allge-
meine Beſte aufgebrochen werden kann. Der Jammer uͤber Holzmangel kann nicht
durch Beibehaltung des veroͤdeten Forſtgrundes, ſondern nur durch die Ausroh-
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[111/0133] Urbarmachung unangebauter Laͤndereien. nimmt. Dann aber iſt der Grund, der vorher noch etwas lieferte, auf ewige Zei- ten in einem todten unfruchtbaren Zuſtand verſetzt, und kann hungernde Schaafe zwar tragen, aber ihnen keine Nahrung geben. Nirgends iſt ſeit einem halben Jahrhundert wohl ſo viel wuͤſtes Land urbar gemacht worden, wie in Schottland und dem noͤrdlichen Theile von England, und das iſt mit gluͤcklichem Erfolge mehrentheils von einer Octroygeſellſchaft auf Actien geſchehen, die einen großen Diſtrikt ankaufte, die Urbarmachung unter der Direk- tion eines ſehr einſichtsvollen Mannes fabrikmaͤßig betrieb; nachdem es aus dem Rohen herausgearbeitet, manchmal auch in volle Kultur geſetzt war, ſolche denn mit oder ohne Gebaͤude einzeln verkaufte oder verpachtete. Dagegen hat eine Theilung in kleinere Stuͤcke vor der Urbarmachung faſt nie daſelbſt gelingen wol- len, und die Koloniſten ſind, wie bei uns, zu Grunde gegangen. §. 195. Wo man ein dem Boden angemeſſenes Duͤngungs-Surrogat, Mergel, Modder, auch Torf auf der Stelle findet, da laͤßt ſich die Kultur eines rohen Bo- dens ſchneller bewerkſtelligen. Auch iſt dies der Fall, wo durch Sperrung kleiner Fluͤſſe und Baͤche, oder durch Auffangung von Quellen Bewaͤſſerungswieſen an- gelegt werden koͤnnen, womit vor allem der Anfang gemacht werden muß. §. 196. Die vortheilhafteſte Benutzungsart des aufzubrechenden Landes muß vorher wohl erwogen, der Natur des Grundes und Bodens, den bezweckten Wirthſchafts- einrichtungen und dem gemachten Plane angemeſſen feſtgeſtellet werden. Was Wieſe oder nahrhafte Weide geben kann, verdient die erſte Ruͤckſicht, und muß dazu vor allem in Stand geſetzt werden, wenn man es auch in der Folge unter den Pflug zu nehmen geſonnen iſt, weil dadurch dem Acker die erſte Kraft ertheilet oder erhalten werden kann. §. 197. Alter Forſtgrund iſt derjenige, welcher wohl am haͤufigſten aufzubrechen vor- koͤmmt, und mit dem groͤßten Vortheil fuͤr den Unternehmer und fuͤr das allge- meine Beſte aufgebrochen werden kann. Der Jammer uͤber Holzmangel kann nicht durch Beibehaltung des veroͤdeten Forſtgrundes, ſondern nur durch die Ausroh- dung der ungeſunden, einzeln ſtehenden Baͤume und des unnuͤtzen Geſtruͤppes und Aufbruch des alten Forſt- grundes.

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 3. Berlin, 1812, S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft03_1810/133>, abgerufen am 29.03.2024.