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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 3. Berlin, 1812.

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Weiden und Hutungen.
genährtes und an besseres Futter gewöhntes Vieh solches erst anrührt, wenn es
durch Hunger dazu gezwungen wird.

Diese Holzweide bringt aber den Forsten im Allgemeinen ungleich größeren
Nachtheil, als sie Nutzen schafft. Unzählige und wichtige Forsten sind dadurch
verwüstet und in dem elendesten Kulturzustande erhalten worden. Aller junge
Aufschlag wird dadurch vernichtet, und die älteren Bäume werden sehr nachthei-
lig beschädigt. Dagegen ist es für das Vieh immer eine wenig gedeihliche und sehr
oft schädliche und Krankheiten erzeugende Weide.

Es giebt zwar der Fälle einige, wo der Nachtheil für hinlänglich erstarktes
und genugsam geschlossenes Holz nicht erheblich ist, und wo dagegen in den heiße-
sten Jahreszeiten der Wald dem Viehe einen angenehmen Zufluchtsort giebt, wo
folglich der Eigenthümer beider sich ihrer nutzbar bedienen kann. Diese Fälle
aber, wo es ohne Nachtheil der Holzkultur geschieht, scheinen mir nur selten zu
seyn, und wenn die Weide als Servitut ausgeübt wird, noch ungleich seltener.

In Ansehung der Art des Holzes, unter welchen diese Weide statt findet, be-
merken wir folgendes: Unter Kiefern ist sie dürre und unbedeutend, besser unter
Tannen und Lerchen. Die Eichen lassen einen guten Rasen unter sich entstehen,
die Büchen durchaus nicht. Birken verhalten sich, wenn sie nicht dicht geschlos-
sen stehen, wie die Eichen. Am ergiebigsten ist die Weide unter den Ellern, die
nur in feuchten Niederungen und Brüchern wachsen; aber sie ist hier auch am un-
gesundesten und dem Holzwuchse am nachtheiligsten; und ein jedes Elsenbruch sollte
so dicht bestanden seyn, daß kein Vieh sich durchdrängen könnte.

Zu den Holzweiden gehört gewissermaaßen die Eicheln- und Buchenmast,
welche mit den Schweinen benutzt wird. Sie ist in den verschiedenen Jahren sehr
verschieden, und man unterscheidet volle, dreiviertel, halbe und einviertel Mast,
welche letztere man auch Sprankmast nennt. Man nimmt gewöhnlich an, daß in-
nerhalb sechs Jahren jedes dieser Mastverhältnisse sich einmal einfinde, dreimal
aber gar keine Mast vorhanden sey.

§. 372.

Die beständigen Weiden, oder der dem Weidegange ausschließlich gewidmeteBeständige
Weiden.

Grund und Boden, finden als privatives Eigenthum in kultivirten Gegenden fast
nur noch unter folgenden Umständen statt:


Dritter Theil. N n

Weiden und Hutungen.
genaͤhrtes und an beſſeres Futter gewoͤhntes Vieh ſolches erſt anruͤhrt, wenn es
durch Hunger dazu gezwungen wird.

Dieſe Holzweide bringt aber den Forſten im Allgemeinen ungleich groͤßeren
Nachtheil, als ſie Nutzen ſchafft. Unzaͤhlige und wichtige Forſten ſind dadurch
verwuͤſtet und in dem elendeſten Kulturzuſtande erhalten worden. Aller junge
Aufſchlag wird dadurch vernichtet, und die aͤlteren Baͤume werden ſehr nachthei-
lig beſchaͤdigt. Dagegen iſt es fuͤr das Vieh immer eine wenig gedeihliche und ſehr
oft ſchaͤdliche und Krankheiten erzeugende Weide.

Es giebt zwar der Faͤlle einige, wo der Nachtheil fuͤr hinlaͤnglich erſtarktes
und genugſam geſchloſſenes Holz nicht erheblich iſt, und wo dagegen in den heiße-
ſten Jahreszeiten der Wald dem Viehe einen angenehmen Zufluchtsort giebt, wo
folglich der Eigenthuͤmer beider ſich ihrer nutzbar bedienen kann. Dieſe Faͤlle
aber, wo es ohne Nachtheil der Holzkultur geſchieht, ſcheinen mir nur ſelten zu
ſeyn, und wenn die Weide als Servitut ausgeuͤbt wird, noch ungleich ſeltener.

In Anſehung der Art des Holzes, unter welchen dieſe Weide ſtatt findet, be-
merken wir folgendes: Unter Kiefern iſt ſie duͤrre und unbedeutend, beſſer unter
Tannen und Lerchen. Die Eichen laſſen einen guten Raſen unter ſich entſtehen,
die Buͤchen durchaus nicht. Birken verhalten ſich, wenn ſie nicht dicht geſchloſ-
ſen ſtehen, wie die Eichen. Am ergiebigſten iſt die Weide unter den Ellern, die
nur in feuchten Niederungen und Bruͤchern wachſen; aber ſie iſt hier auch am un-
geſundeſten und dem Holzwuchſe am nachtheiligſten; und ein jedes Elſenbruch ſollte
ſo dicht beſtanden ſeyn, daß kein Vieh ſich durchdraͤngen koͤnnte.

Zu den Holzweiden gehoͤrt gewiſſermaaßen die Eicheln- und Buchenmaſt,
welche mit den Schweinen benutzt wird. Sie iſt in den verſchiedenen Jahren ſehr
verſchieden, und man unterſcheidet volle, dreiviertel, halbe und einviertel Maſt,
welche letztere man auch Sprankmaſt nennt. Man nimmt gewoͤhnlich an, daß in-
nerhalb ſechs Jahren jedes dieſer Maſtverhaͤltniſſe ſich einmal einfinde, dreimal
aber gar keine Maſt vorhanden ſey.

§. 372.

Die beſtaͤndigen Weiden, oder der dem Weidegange ausſchließlich gewidmeteBeſtaͤndige
Weiden.

Grund und Boden, finden als privatives Eigenthum in kultivirten Gegenden faſt
nur noch unter folgenden Umſtaͤnden ſtatt:


Dritter Theil. N n
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[281/0303] Weiden und Hutungen. genaͤhrtes und an beſſeres Futter gewoͤhntes Vieh ſolches erſt anruͤhrt, wenn es durch Hunger dazu gezwungen wird. Dieſe Holzweide bringt aber den Forſten im Allgemeinen ungleich groͤßeren Nachtheil, als ſie Nutzen ſchafft. Unzaͤhlige und wichtige Forſten ſind dadurch verwuͤſtet und in dem elendeſten Kulturzuſtande erhalten worden. Aller junge Aufſchlag wird dadurch vernichtet, und die aͤlteren Baͤume werden ſehr nachthei- lig beſchaͤdigt. Dagegen iſt es fuͤr das Vieh immer eine wenig gedeihliche und ſehr oft ſchaͤdliche und Krankheiten erzeugende Weide. Es giebt zwar der Faͤlle einige, wo der Nachtheil fuͤr hinlaͤnglich erſtarktes und genugſam geſchloſſenes Holz nicht erheblich iſt, und wo dagegen in den heiße- ſten Jahreszeiten der Wald dem Viehe einen angenehmen Zufluchtsort giebt, wo folglich der Eigenthuͤmer beider ſich ihrer nutzbar bedienen kann. Dieſe Faͤlle aber, wo es ohne Nachtheil der Holzkultur geſchieht, ſcheinen mir nur ſelten zu ſeyn, und wenn die Weide als Servitut ausgeuͤbt wird, noch ungleich ſeltener. In Anſehung der Art des Holzes, unter welchen dieſe Weide ſtatt findet, be- merken wir folgendes: Unter Kiefern iſt ſie duͤrre und unbedeutend, beſſer unter Tannen und Lerchen. Die Eichen laſſen einen guten Raſen unter ſich entſtehen, die Buͤchen durchaus nicht. Birken verhalten ſich, wenn ſie nicht dicht geſchloſ- ſen ſtehen, wie die Eichen. Am ergiebigſten iſt die Weide unter den Ellern, die nur in feuchten Niederungen und Bruͤchern wachſen; aber ſie iſt hier auch am un- geſundeſten und dem Holzwuchſe am nachtheiligſten; und ein jedes Elſenbruch ſollte ſo dicht beſtanden ſeyn, daß kein Vieh ſich durchdraͤngen koͤnnte. Zu den Holzweiden gehoͤrt gewiſſermaaßen die Eicheln- und Buchenmaſt, welche mit den Schweinen benutzt wird. Sie iſt in den verſchiedenen Jahren ſehr verſchieden, und man unterſcheidet volle, dreiviertel, halbe und einviertel Maſt, welche letztere man auch Sprankmaſt nennt. Man nimmt gewoͤhnlich an, daß in- nerhalb ſechs Jahren jedes dieſer Maſtverhaͤltniſſe ſich einmal einfinde, dreimal aber gar keine Maſt vorhanden ſey. §. 372. Die beſtaͤndigen Weiden, oder der dem Weidegange ausſchließlich gewidmete Grund und Boden, finden als privatives Eigenthum in kultivirten Gegenden faſt nur noch unter folgenden Umſtaͤnden ſtatt: Beſtaͤndige Weiden. Dritter Theil. N n

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 3. Berlin, 1812, S. 281. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft03_1810/303>, abgerufen am 28.03.2024.