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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 3. Berlin, 1812.

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Die Ackerwerkzeuge.
die Pflugknechte faul, und verleiten sie, sich auf den Pflug zu lehnen, wodurch dann
freilich die Last um ein beträchtliches vermehrt wird. Wenn bei dem Pfluge ein Druck
nach der rechten Seite nöthig ist, so könne dieser mit dem aufgesetzten Räutel eben so
gut gegeben werden. Indessen ist es doch nicht zu leugnen, daß die zweite Sterze auf
der rechten Seite zuweilen einigen Nutzen habe, besonders das Einsetzen des Pflu-
ges erleichtere, zur schnellen Ueberwindung eines Widerstandes beitrage, und durch
eine etwas steife Haltung des rechten Arms dem Drucke der Erde auf das Streichbrett
entgegenwirke, welcher den Pflug leicht auf die linke Seite überbiegt, wodurch eine
schräge Furchensohle entsteht.

Bei den gewöhnlichen Räderpflügen sind diese Theile ganz hinten, nahe am
Hacken des Pfluges angebracht, um auf demselben einen perpendikulären Druck
äußern zu können, wenn der Pflug tiefer eingehen soll. Dieser Druck kann aber auf
festem Boden nichts wirken, und muß vielmehr nur die Spitze in die Höhe heben.
Bei den englischen räderlosen Pflügen sind die Stürzen ganz nach vorn zu, und an
dem Punkte, wo der Widerstand am stärksten auf den Pflug wirkt, eingefugt und
nun nach hinten so verlängert, daß sie als ein starker Hebel wirken, und der Pflug-
führer mit geringer Kraftanstrengung dem Widerstande entgegenarbeiten kann.
(Vergl. Beschreib. der Ackerger., Heft I., Taf. 3.)

Bei dieser Einrichtung aber ist der Pflug gegen jeden Druck auf die Sterze höchst
empfindlich, und die einzige Schwierigkeit bei der Führung dieses Pfluges besteht
darin, daß der Pflugführer sich alles Druckes und jeder Anstrengung der Hand ent-
wöhne, weswegen immer diejenigen, die mit einem andern Pfluge noch nie gepflügt
haben, sogleich damit pflügen lernen; alte Pflüger aber in den ersten Stunden leicht
in den Fehler des Aufdrückens verfallen. Sobald man sich an den Gebrauch dieser
Sterzen etwas gewöhnt hat, und in der Uebung ist, den Pflug hinten etwas zu he-
ben, wenn er aus dem Lande gehen, und etwas niederzudrücken, wenn er zu tief ein-
dringen will, -- welches nur wenn es bergauf oder abgehet, oder ein ungewöhnli-
cher Widerstand in den Weg kommt, der Fall seyn kann -- ist die Führung so sehr
leicht, daß man einen Jungen von 12 Jahren dazu gebrauchen kann. Die Umwen-
dung, die manche bei dem räderlosen Pfluge für schwierig halten, kann bei keinem
leichter seyn. Man legt ihn auf die rechte Seite, und läßt ihn vom Zugvieh herum-

Die Ackerwerkzeuge.
die Pflugknechte faul, und verleiten ſie, ſich auf den Pflug zu lehnen, wodurch dann
freilich die Laſt um ein betraͤchtliches vermehrt wird. Wenn bei dem Pfluge ein Druck
nach der rechten Seite noͤthig iſt, ſo koͤnne dieſer mit dem aufgeſetzten Raͤutel eben ſo
gut gegeben werden. Indeſſen iſt es doch nicht zu leugnen, daß die zweite Sterze auf
der rechten Seite zuweilen einigen Nutzen habe, beſonders das Einſetzen des Pflu-
ges erleichtere, zur ſchnellen Ueberwindung eines Widerſtandes beitrage, und durch
eine etwas ſteife Haltung des rechten Arms dem Drucke der Erde auf das Streichbrett
entgegenwirke, welcher den Pflug leicht auf die linke Seite uͤberbiegt, wodurch eine
ſchraͤge Furchenſohle entſteht.

Bei den gewoͤhnlichen Raͤderpfluͤgen ſind dieſe Theile ganz hinten, nahe am
Hacken des Pfluges angebracht, um auf demſelben einen perpendikulaͤren Druck
aͤußern zu koͤnnen, wenn der Pflug tiefer eingehen ſoll. Dieſer Druck kann aber auf
feſtem Boden nichts wirken, und muß vielmehr nur die Spitze in die Hoͤhe heben.
Bei den engliſchen raͤderloſen Pfluͤgen ſind die Stuͤrzen ganz nach vorn zu, und an
dem Punkte, wo der Widerſtand am ſtaͤrkſten auf den Pflug wirkt, eingefugt und
nun nach hinten ſo verlaͤngert, daß ſie als ein ſtarker Hebel wirken, und der Pflug-
fuͤhrer mit geringer Kraftanſtrengung dem Widerſtande entgegenarbeiten kann.
(Vergl. Beſchreib. der Ackerger., Heft I., Taf. 3.)

Bei dieſer Einrichtung aber iſt der Pflug gegen jeden Druck auf die Sterze hoͤchſt
empfindlich, und die einzige Schwierigkeit bei der Fuͤhrung dieſes Pfluges beſteht
darin, daß der Pflugfuͤhrer ſich alles Druckes und jeder Anſtrengung der Hand ent-
woͤhne, weswegen immer diejenigen, die mit einem andern Pfluge noch nie gepfluͤgt
haben, ſogleich damit pfluͤgen lernen; alte Pfluͤger aber in den erſten Stunden leicht
in den Fehler des Aufdruͤckens verfallen. Sobald man ſich an den Gebrauch dieſer
Sterzen etwas gewoͤhnt hat, und in der Uebung iſt, den Pflug hinten etwas zu he-
ben, wenn er aus dem Lande gehen, und etwas niederzudruͤcken, wenn er zu tief ein-
dringen will, — welches nur wenn es bergauf oder abgehet, oder ein ungewoͤhnli-
cher Widerſtand in den Weg kommt, der Fall ſeyn kann — iſt die Fuͤhrung ſo ſehr
leicht, daß man einen Jungen von 12 Jahren dazu gebrauchen kann. Die Umwen-
dung, die manche bei dem raͤderloſen Pfluge fuͤr ſchwierig halten, kann bei keinem
leichter ſeyn. Man legt ihn auf die rechte Seite, und laͤßt ihn vom Zugvieh herum-

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[29/0051] Die Ackerwerkzeuge. die Pflugknechte faul, und verleiten ſie, ſich auf den Pflug zu lehnen, wodurch dann freilich die Laſt um ein betraͤchtliches vermehrt wird. Wenn bei dem Pfluge ein Druck nach der rechten Seite noͤthig iſt, ſo koͤnne dieſer mit dem aufgeſetzten Raͤutel eben ſo gut gegeben werden. Indeſſen iſt es doch nicht zu leugnen, daß die zweite Sterze auf der rechten Seite zuweilen einigen Nutzen habe, beſonders das Einſetzen des Pflu- ges erleichtere, zur ſchnellen Ueberwindung eines Widerſtandes beitrage, und durch eine etwas ſteife Haltung des rechten Arms dem Drucke der Erde auf das Streichbrett entgegenwirke, welcher den Pflug leicht auf die linke Seite uͤberbiegt, wodurch eine ſchraͤge Furchenſohle entſteht. Bei den gewoͤhnlichen Raͤderpfluͤgen ſind dieſe Theile ganz hinten, nahe am Hacken des Pfluges angebracht, um auf demſelben einen perpendikulaͤren Druck aͤußern zu koͤnnen, wenn der Pflug tiefer eingehen ſoll. Dieſer Druck kann aber auf feſtem Boden nichts wirken, und muß vielmehr nur die Spitze in die Hoͤhe heben. Bei den engliſchen raͤderloſen Pfluͤgen ſind die Stuͤrzen ganz nach vorn zu, und an dem Punkte, wo der Widerſtand am ſtaͤrkſten auf den Pflug wirkt, eingefugt und nun nach hinten ſo verlaͤngert, daß ſie als ein ſtarker Hebel wirken, und der Pflug- fuͤhrer mit geringer Kraftanſtrengung dem Widerſtande entgegenarbeiten kann. (Vergl. Beſchreib. der Ackerger., Heft I., Taf. 3.) Bei dieſer Einrichtung aber iſt der Pflug gegen jeden Druck auf die Sterze hoͤchſt empfindlich, und die einzige Schwierigkeit bei der Fuͤhrung dieſes Pfluges beſteht darin, daß der Pflugfuͤhrer ſich alles Druckes und jeder Anſtrengung der Hand ent- woͤhne, weswegen immer diejenigen, die mit einem andern Pfluge noch nie gepfluͤgt haben, ſogleich damit pfluͤgen lernen; alte Pfluͤger aber in den erſten Stunden leicht in den Fehler des Aufdruͤckens verfallen. Sobald man ſich an den Gebrauch dieſer Sterzen etwas gewoͤhnt hat, und in der Uebung iſt, den Pflug hinten etwas zu he- ben, wenn er aus dem Lande gehen, und etwas niederzudruͤcken, wenn er zu tief ein- dringen will, — welches nur wenn es bergauf oder abgehet, oder ein ungewoͤhnli- cher Widerſtand in den Weg kommt, der Fall ſeyn kann — iſt die Fuͤhrung ſo ſehr leicht, daß man einen Jungen von 12 Jahren dazu gebrauchen kann. Die Umwen- dung, die manche bei dem raͤderloſen Pfluge fuͤr ſchwierig halten, kann bei keinem leichter ſeyn. Man legt ihn auf die rechte Seite, und laͤßt ihn vom Zugvieh herum-

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 3. Berlin, 1812, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft03_1810/51>, abgerufen am 29.03.2024.