Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Gerste.
4) Hordeum nudum, nackte vierzeilige Gerste,
5) -- hexastichon, sechszeilige Wintergerste; und die min-
der übliche
6) -- zeocriton, Reisgerste, Pfauengerste.
§. 88.

Alle Gerstenarten verlangen einen lockeren, milden aber Feuchtigkeit hal-Boden.
tenden und dennoch der Nässe nicht ausgesetzten, vermögenden Boden. Ein
Boden, der 50 bis 65 Prozent Sand und übrigens größtentheils Thon ent-
hält, wenn er bei ersterem Verhältnisse trocken, bei letzterem feucht liegt, ist
für die Gerste am meisten geeignet. Indessen gedeihet sie auch auf mehr tho-
nigen Boden vortrefflich, wenn er durch einen stärkeren Gehalt an Humus
Lockerheit genug besitzt und sich zum Weizenboden erster Klasse qualifizirt.
Hat der Lehmboden einen Antheil von Kalk und um so viel weniger Sand,
um nur lockerer aber nicht lose zu seyn, so wird er vorzüglich für die Gerste,
um so mehr da der Kalk alle Säurung verhindert, welche der Gerste immer
zuwider ist. Auf Boden, der dagegen ein beträchtliches Uebergewicht an Sande,
70 bis 75 Prozent hat, kann Gerste zwar, wenn er in Kraft stehet, in feuch-
teren Sommern sehr gut gedeihen, schlägt aber in dürren sehr zurück und ist
folglich unsicher. Ein armer, zäher, naßkalter, versauerter Boden ist ihr
durchaus nicht angemessen und sie geräth höchst selten darauf.

§. 89.

Die Gerste verlangt eine sehr aufgelockerte und gepulverte Erde. WennVorbereitung.
Vorfrüchte.

sie, wie gewöhnlich, in die Stoppel der Winterung gesäet wird, so muß der
Acker wenigstens drei Furchen haben. Ist er aber durch den Anbau der Hack-
früchte im vorigen Jahre gelockert, so bedarf es nur einer Furche.

Die vorhergehenden Früchte müssen der Gerste noch beträchtliche Kraft im
Acker hinterlassen haben, oder sie verlangt frischen aber schon zergangenen Dün-
ger. Ihrer schwächern Naturkraft müssen die Nahrungstheile schon wohl vor-
bereitet und gelöset dargereicht werden.

Die Gerste ist keinen andren besonderen Krankheiten ausgesetzt, als dem
Staubbrande. Dieser bringt aber selten einen erheblichen Verlust, obgleich

Vierter Theil. L
Die Gerſte.
4) Hordeum nudum, nackte vierzeilige Gerſte,
5) — hexastichon, ſechszeilige Wintergerſte; und die min-
der uͤbliche
6) — zeocriton, Reisgerſte, Pfauengerſte.
§. 88.

Alle Gerſtenarten verlangen einen lockeren, milden aber Feuchtigkeit hal-Boden.
tenden und dennoch der Naͤſſe nicht ausgeſetzten, vermoͤgenden Boden. Ein
Boden, der 50 bis 65 Prozent Sand und uͤbrigens groͤßtentheils Thon ent-
haͤlt, wenn er bei erſterem Verhaͤltniſſe trocken, bei letzterem feucht liegt, iſt
fuͤr die Gerſte am meiſten geeignet. Indeſſen gedeihet ſie auch auf mehr tho-
nigen Boden vortrefflich, wenn er durch einen ſtaͤrkeren Gehalt an Humus
Lockerheit genug beſitzt und ſich zum Weizenboden erſter Klaſſe qualifizirt.
Hat der Lehmboden einen Antheil von Kalk und um ſo viel weniger Sand,
um nur lockerer aber nicht loſe zu ſeyn, ſo wird er vorzuͤglich fuͤr die Gerſte,
um ſo mehr da der Kalk alle Saͤurung verhindert, welche der Gerſte immer
zuwider iſt. Auf Boden, der dagegen ein betraͤchtliches Uebergewicht an Sande,
70 bis 75 Prozent hat, kann Gerſte zwar, wenn er in Kraft ſtehet, in feuch-
teren Sommern ſehr gut gedeihen, ſchlaͤgt aber in duͤrren ſehr zuruͤck und iſt
folglich unſicher. Ein armer, zaͤher, naßkalter, verſauerter Boden iſt ihr
durchaus nicht angemeſſen und ſie geraͤth hoͤchſt ſelten darauf.

§. 89.

Die Gerſte verlangt eine ſehr aufgelockerte und gepulverte Erde. WennVorbereitung.
Vorfruͤchte.

ſie, wie gewoͤhnlich, in die Stoppel der Winterung geſaͤet wird, ſo muß der
Acker wenigſtens drei Furchen haben. Iſt er aber durch den Anbau der Hack-
fruͤchte im vorigen Jahre gelockert, ſo bedarf es nur einer Furche.

Die vorhergehenden Fruͤchte muͤſſen der Gerſte noch betraͤchtliche Kraft im
Acker hinterlaſſen haben, oder ſie verlangt friſchen aber ſchon zergangenen Duͤn-
ger. Ihrer ſchwaͤchern Naturkraft muͤſſen die Nahrungstheile ſchon wohl vor-
bereitet und geloͤſet dargereicht werden.

Die Gerſte iſt keinen andren beſonderen Krankheiten ausgeſetzt, als dem
Staubbrande. Dieſer bringt aber ſelten einen erheblichen Verluſt, obgleich

Vierter Theil. L
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <list>
              <pb facs="#f0105" n="81"/>
              <fw place="top" type="header">Die Ger&#x017F;te.</fw><lb/>
              <item>4) <hi rendition="#aq">Hordeum nudum,</hi> nackte vierzeilige Ger&#x017F;te,</item><lb/>
              <item>5) &#x2014; <hi rendition="#aq">hexastichon,</hi> &#x017F;echszeilige Winterger&#x017F;te; und die min-<lb/>
der u&#x0364;bliche</item><lb/>
              <item>6) &#x2014; <hi rendition="#aq">zeocriton,</hi> Reisger&#x017F;te, Pfauenger&#x017F;te.</item>
            </list>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 88.</head><lb/>
            <p>Alle Ger&#x017F;tenarten verlangen einen lockeren, milden aber Feuchtigkeit hal-<note place="right">Boden.</note><lb/>
tenden und dennoch der Na&#x0364;&#x017F;&#x017F;e nicht ausge&#x017F;etzten, vermo&#x0364;genden Boden. Ein<lb/>
Boden, der 50 bis 65 Prozent Sand und u&#x0364;brigens gro&#x0364;ßtentheils Thon ent-<lb/>
ha&#x0364;lt, wenn er bei er&#x017F;terem Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e trocken, bei letzterem feucht liegt, i&#x017F;t<lb/>
fu&#x0364;r die Ger&#x017F;te am mei&#x017F;ten geeignet. Inde&#x017F;&#x017F;en gedeihet &#x017F;ie auch auf mehr tho-<lb/>
nigen Boden vortrefflich, wenn er durch einen &#x017F;ta&#x0364;rkeren Gehalt an Humus<lb/>
Lockerheit genug be&#x017F;itzt und &#x017F;ich zum Weizenboden er&#x017F;ter Kla&#x017F;&#x017F;e qualifizirt.<lb/>
Hat der Lehmboden einen Antheil von Kalk und um &#x017F;o viel weniger Sand,<lb/>
um nur lockerer aber nicht lo&#x017F;e zu &#x017F;eyn, &#x017F;o wird er vorzu&#x0364;glich fu&#x0364;r die Ger&#x017F;te,<lb/>
um &#x017F;o mehr da der Kalk alle Sa&#x0364;urung verhindert, welche der Ger&#x017F;te immer<lb/>
zuwider i&#x017F;t. Auf Boden, der dagegen ein betra&#x0364;chtliches Uebergewicht an Sande,<lb/>
70 bis 75 Prozent hat, kann Ger&#x017F;te zwar, wenn er in Kraft &#x017F;tehet, in feuch-<lb/>
teren Sommern &#x017F;ehr gut gedeihen, &#x017F;chla&#x0364;gt aber in du&#x0364;rren &#x017F;ehr zuru&#x0364;ck und i&#x017F;t<lb/>
folglich un&#x017F;icher. Ein armer, za&#x0364;her, naßkalter, ver&#x017F;auerter Boden i&#x017F;t ihr<lb/>
durchaus nicht angeme&#x017F;&#x017F;en und &#x017F;ie gera&#x0364;th ho&#x0364;ch&#x017F;t &#x017F;elten darauf.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 89.</head><lb/>
            <p>Die Ger&#x017F;te verlangt eine &#x017F;ehr aufgelockerte und gepulverte Erde. Wenn<note place="right">Vorbereitung.<lb/>
Vorfru&#x0364;chte.</note><lb/>
&#x017F;ie, wie gewo&#x0364;hnlich, in die Stoppel der Winterung ge&#x017F;a&#x0364;et wird, &#x017F;o muß der<lb/>
Acker wenig&#x017F;tens drei Furchen haben. I&#x017F;t er aber durch den Anbau der Hack-<lb/>
fru&#x0364;chte im vorigen Jahre gelockert, &#x017F;o bedarf es nur einer Furche.</p><lb/>
            <p>Die vorhergehenden Fru&#x0364;chte mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en der Ger&#x017F;te noch betra&#x0364;chtliche Kraft im<lb/>
Acker hinterla&#x017F;&#x017F;en haben, oder &#x017F;ie verlangt fri&#x017F;chen aber &#x017F;chon zergangenen Du&#x0364;n-<lb/>
ger. Ihrer &#x017F;chwa&#x0364;chern Naturkraft mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en die Nahrungstheile &#x017F;chon wohl vor-<lb/>
bereitet und gelo&#x0364;&#x017F;et dargereicht werden.</p><lb/>
            <p>Die Ger&#x017F;te i&#x017F;t keinen andren be&#x017F;onderen Krankheiten ausge&#x017F;etzt, als dem<lb/>
Staubbrande. Die&#x017F;er bringt aber &#x017F;elten einen erheblichen Verlu&#x017F;t, obgleich<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Vierter Theil. L</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[81/0105] Die Gerſte. 4) Hordeum nudum, nackte vierzeilige Gerſte, 5) — hexastichon, ſechszeilige Wintergerſte; und die min- der uͤbliche 6) — zeocriton, Reisgerſte, Pfauengerſte. §. 88. Alle Gerſtenarten verlangen einen lockeren, milden aber Feuchtigkeit hal- tenden und dennoch der Naͤſſe nicht ausgeſetzten, vermoͤgenden Boden. Ein Boden, der 50 bis 65 Prozent Sand und uͤbrigens groͤßtentheils Thon ent- haͤlt, wenn er bei erſterem Verhaͤltniſſe trocken, bei letzterem feucht liegt, iſt fuͤr die Gerſte am meiſten geeignet. Indeſſen gedeihet ſie auch auf mehr tho- nigen Boden vortrefflich, wenn er durch einen ſtaͤrkeren Gehalt an Humus Lockerheit genug beſitzt und ſich zum Weizenboden erſter Klaſſe qualifizirt. Hat der Lehmboden einen Antheil von Kalk und um ſo viel weniger Sand, um nur lockerer aber nicht loſe zu ſeyn, ſo wird er vorzuͤglich fuͤr die Gerſte, um ſo mehr da der Kalk alle Saͤurung verhindert, welche der Gerſte immer zuwider iſt. Auf Boden, der dagegen ein betraͤchtliches Uebergewicht an Sande, 70 bis 75 Prozent hat, kann Gerſte zwar, wenn er in Kraft ſtehet, in feuch- teren Sommern ſehr gut gedeihen, ſchlaͤgt aber in duͤrren ſehr zuruͤck und iſt folglich unſicher. Ein armer, zaͤher, naßkalter, verſauerter Boden iſt ihr durchaus nicht angemeſſen und ſie geraͤth hoͤchſt ſelten darauf. Boden. §. 89. Die Gerſte verlangt eine ſehr aufgelockerte und gepulverte Erde. Wenn ſie, wie gewoͤhnlich, in die Stoppel der Winterung geſaͤet wird, ſo muß der Acker wenigſtens drei Furchen haben. Iſt er aber durch den Anbau der Hack- fruͤchte im vorigen Jahre gelockert, ſo bedarf es nur einer Furche. Vorbereitung. Vorfruͤchte. Die vorhergehenden Fruͤchte muͤſſen der Gerſte noch betraͤchtliche Kraft im Acker hinterlaſſen haben, oder ſie verlangt friſchen aber ſchon zergangenen Duͤn- ger. Ihrer ſchwaͤchern Naturkraft muͤſſen die Nahrungstheile ſchon wohl vor- bereitet und geloͤſet dargereicht werden. Die Gerſte iſt keinen andren beſonderen Krankheiten ausgeſetzt, als dem Staubbrande. Dieſer bringt aber ſelten einen erheblichen Verluſt, obgleich Vierter Theil. L

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft04_1812
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft04_1812/105
Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812, S. 81. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft04_1812/105>, abgerufen am 23.04.2024.