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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812.

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Hülsenfrüchte.
§. 121.

Auch für die
Vegetabilien.
Aber nicht bloß den Thieren, sondern auch den Gewächsen scheint diese Klasse
von Vegetabilien besonders nährend zu seyn. Wegen der großen Menge von thie-
risch-vegetabilischer Substanz kommen sie dem thierischen Dünger näher, sind schnel-
ler zersetzbar durch die Fäulniß, und gehen in die Pflanzen leichter über als andre
vegetabilische Düngungsmittel. Man hat sich daher dieser Gewächse seit uralten Zei-
ten bis auf unsren Tag im südlichen Europa zur Düngung für andre Früchte bedient.
Vor allen ist zwar die ihrer Herbigkeit wegen sonst unbrauchbare Feigbohne im
Gebrauch gewesen, deren Kraut man nicht nur auf den Feldern grün unterpflügt,
(vergl. Annalen der Fortschritte des Ackerbaues I. H. 2.) sondern deren Frucht
man auch, nachdem ihre Keimkraft durch heißes Wasser erstickt ist, als Dünger
an die Oliven und andre Fruchtbäume bringt, um schwachen Bäumen dadurch
neue Kraft zu geben. Allein es werden auch viele andre Gewächse dieser Klasse
dazu gebraucht.

Außer jener besondren Substanz, enthalten die Hülsenfrüchte auch Stärkemehl
und eine schleimige leicht auflösliche Substanz, wie die Getreidearten, die jedoch
nicht so süß ist.

Die beste Zubereitung der Hülsenfrüchte geschiehet durch das Kochen. Ihre
verschiedenen Substanzen werden dadurch in eine genauere und innigere Verbin-
dung gesetzt und auflöslicher, leicht verdaulicher und dem Magen angenehmer ge-
macht. Sie gewinnen in dieser Hinsicht eben so viel, wie das Getreide durch die
Brodgährung und das Brodbacken gewinnt. Sie können zwar auch durch das
Brodbacken zubereitet werden, allein das Brod hat einen herben, galstrigen Ge-
schmack. Nur als Zusatz zum Getreidemehl werden sie öfterer gebraucht, und das
Brod dadurch, ohne seinen Geschmack zu verderben, aller Erfahrung nach, nahr-
hafter gemacht.

§. 122.

In wiefern sie
die Kraft des
Bodens min-
der als Getrei-
de erschöpfen.
Daß Früchte, welche so viele nährende Theile enthalten, auch vegetabilische
Nahrungsstoffe aus dem Boden ziehen müssen, hat keinen Zweifel. Indessen
scheint es, als ob sie einen grössern Theil ihrer Nahrung aus der Atmosphäre
und dem Wasser anzögen, und durch ihren Organismus zubereiteten als die Ge-
treidearten. Daß sie, wie einige behauptet haben, eine eigenthümliche, von den

Huͤlſenfruͤchte.
§. 121.

Auch fuͤr die
Vegetabilien.
Aber nicht bloß den Thieren, ſondern auch den Gewaͤchſen ſcheint dieſe Klaſſe
von Vegetabilien beſonders naͤhrend zu ſeyn. Wegen der großen Menge von thie-
riſch-vegetabiliſcher Subſtanz kommen ſie dem thieriſchen Duͤnger naͤher, ſind ſchnel-
ler zerſetzbar durch die Faͤulniß, und gehen in die Pflanzen leichter uͤber als andre
vegetabiliſche Duͤngungsmittel. Man hat ſich daher dieſer Gewaͤchſe ſeit uralten Zei-
ten bis auf unſren Tag im ſuͤdlichen Europa zur Duͤngung fuͤr andre Fruͤchte bedient.
Vor allen iſt zwar die ihrer Herbigkeit wegen ſonſt unbrauchbare Feigbohne im
Gebrauch geweſen, deren Kraut man nicht nur auf den Feldern gruͤn unterpfluͤgt,
(vergl. Annalen der Fortſchritte des Ackerbaues I. H. 2.) ſondern deren Frucht
man auch, nachdem ihre Keimkraft durch heißes Waſſer erſtickt iſt, als Duͤnger
an die Oliven und andre Fruchtbaͤume bringt, um ſchwachen Baͤumen dadurch
neue Kraft zu geben. Allein es werden auch viele andre Gewaͤchſe dieſer Klaſſe
dazu gebraucht.

Außer jener beſondren Subſtanz, enthalten die Huͤlſenfruͤchte auch Staͤrkemehl
und eine ſchleimige leicht aufloͤsliche Subſtanz, wie die Getreidearten, die jedoch
nicht ſo ſuͤß iſt.

Die beſte Zubereitung der Huͤlſenfruͤchte geſchiehet durch das Kochen. Ihre
verſchiedenen Subſtanzen werden dadurch in eine genauere und innigere Verbin-
dung geſetzt und aufloͤslicher, leicht verdaulicher und dem Magen angenehmer ge-
macht. Sie gewinnen in dieſer Hinſicht eben ſo viel, wie das Getreide durch die
Brodgaͤhrung und das Brodbacken gewinnt. Sie koͤnnen zwar auch durch das
Brodbacken zubereitet werden, allein das Brod hat einen herben, galſtrigen Ge-
ſchmack. Nur als Zuſatz zum Getreidemehl werden ſie oͤfterer gebraucht, und das
Brod dadurch, ohne ſeinen Geſchmack zu verderben, aller Erfahrung nach, nahr-
hafter gemacht.

§. 122.

In wiefern ſie
die Kraft des
Bodens min-
der als Getrei-
de erſchoͤpfen.
Daß Fruͤchte, welche ſo viele naͤhrende Theile enthalten, auch vegetabiliſche
Nahrungsſtoffe aus dem Boden ziehen muͤſſen, hat keinen Zweifel. Indeſſen
ſcheint es, als ob ſie einen groͤſſern Theil ihrer Nahrung aus der Atmosphaͤre
und dem Waſſer anzoͤgen, und durch ihren Organismus zubereiteten als die Ge-
treidearten. Daß ſie, wie einige behauptet haben, eine eigenthuͤmliche, von den

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[110/0134] Huͤlſenfruͤchte. §. 121. Aber nicht bloß den Thieren, ſondern auch den Gewaͤchſen ſcheint dieſe Klaſſe von Vegetabilien beſonders naͤhrend zu ſeyn. Wegen der großen Menge von thie- riſch-vegetabiliſcher Subſtanz kommen ſie dem thieriſchen Duͤnger naͤher, ſind ſchnel- ler zerſetzbar durch die Faͤulniß, und gehen in die Pflanzen leichter uͤber als andre vegetabiliſche Duͤngungsmittel. Man hat ſich daher dieſer Gewaͤchſe ſeit uralten Zei- ten bis auf unſren Tag im ſuͤdlichen Europa zur Duͤngung fuͤr andre Fruͤchte bedient. Vor allen iſt zwar die ihrer Herbigkeit wegen ſonſt unbrauchbare Feigbohne im Gebrauch geweſen, deren Kraut man nicht nur auf den Feldern gruͤn unterpfluͤgt, (vergl. Annalen der Fortſchritte des Ackerbaues I. H. 2.) ſondern deren Frucht man auch, nachdem ihre Keimkraft durch heißes Waſſer erſtickt iſt, als Duͤnger an die Oliven und andre Fruchtbaͤume bringt, um ſchwachen Baͤumen dadurch neue Kraft zu geben. Allein es werden auch viele andre Gewaͤchſe dieſer Klaſſe dazu gebraucht. Auch fuͤr die Vegetabilien. Außer jener beſondren Subſtanz, enthalten die Huͤlſenfruͤchte auch Staͤrkemehl und eine ſchleimige leicht aufloͤsliche Subſtanz, wie die Getreidearten, die jedoch nicht ſo ſuͤß iſt. Die beſte Zubereitung der Huͤlſenfruͤchte geſchiehet durch das Kochen. Ihre verſchiedenen Subſtanzen werden dadurch in eine genauere und innigere Verbin- dung geſetzt und aufloͤslicher, leicht verdaulicher und dem Magen angenehmer ge- macht. Sie gewinnen in dieſer Hinſicht eben ſo viel, wie das Getreide durch die Brodgaͤhrung und das Brodbacken gewinnt. Sie koͤnnen zwar auch durch das Brodbacken zubereitet werden, allein das Brod hat einen herben, galſtrigen Ge- ſchmack. Nur als Zuſatz zum Getreidemehl werden ſie oͤfterer gebraucht, und das Brod dadurch, ohne ſeinen Geſchmack zu verderben, aller Erfahrung nach, nahr- hafter gemacht. §. 122. Daß Fruͤchte, welche ſo viele naͤhrende Theile enthalten, auch vegetabiliſche Nahrungsſtoffe aus dem Boden ziehen muͤſſen, hat keinen Zweifel. Indeſſen ſcheint es, als ob ſie einen groͤſſern Theil ihrer Nahrung aus der Atmosphaͤre und dem Waſſer anzoͤgen, und durch ihren Organismus zubereiteten als die Ge- treidearten. Daß ſie, wie einige behauptet haben, eine eigenthuͤmliche, von den In wiefern ſie die Kraft des Bodens min- der als Getrei- de erſchoͤpfen.

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft04_1812/134>, abgerufen am 28.03.2024.