Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812.

Bild:
<< vorherige Seite

Futtergewächse.
der zusammengedrückte, zwiebelförmige Bolle, die unten eine dünne Pfahlwurzel
hat -- die einige auch Tellerrüben nennen -- andre eine spindelförmige, die
unten spitz zuläuft, und in die Pfahlwurzel allmählig übergeht, welche Guckel-
Abarten.rüben genannt werden. Beide sind bald gelber, bald weißer, zuweilen auch oben
röthlich oder grünlich. Sie wachsen zuweilen mehr aus der Erde heraus, zuwei-
len vergrößern sie sich unter der Oberfläche. Ihre Größe ist sehr verschieden,
und scheint hauptsächlich von der Kultur abzuhängen. Aber die Disposition groß
zu werden, erbt sich einige Generationen hindurch im Saamen fort. Die Rü-
ben, von welchen einige in England die Schwere von 60 bis 70 Pfd. erhalten,
scheinen ganz dieselben zu seyn, die gemeiniglich bei uns nur 1/2 Pfd. wiegen.
Und ich habe diese letztere auch schon zu 14 Pfd. gebracht. Wenn die großen
Rüben gleich keine besondere Abart sind, so hat man doch auf Saamen von gro-
ßen Rüben zu sehen, wenn man solche bauen will.

§. 296.

Brachrüben.Man hat schon lange bei uns in der Brache und in der Stoppel gebauete
Rüben unterschieden, und wußte, daß jene ungleich größer wurden. Man hat
aber nicht die Sorgfalt wie in England auf die Brachrüben verwandt, wo sie
noch immer eins der Hauptfütterungsmittel ausmachen, und den Angel, worauf
sich die ganze Wirthschaft drehet. Es ist dort noch immer die gewöhnlichste Hack-
frucht statt der Brache, und dasjenige Feldsystem, welches man jetzt Wechsel-
wirthschaft nennt, heißt daselbst Rüben- (Turnips-) Wirthschaft, auch die
Norfolksche und Suffolksche Wirthschaft. Was diesen sorgfältigen Anbau anbe-
trifft, so verweise ich auf den 1sten und 3ten Band meiner englischen Landwirth-
schaft, indem ich voraussetzen kann, daß jeder, der ihn betreiben will, das Werk
besitzt, und ich nichts weiter hinzufügen kann, als daß der Erdfloh und die Rau-
pen mir diesen Bau sehr verleidet haben.

In Deutschland werden die Rüben zu Ende des Juni oder Anfangs Juli
in die Brache gesäet, nachdem schon dreimal dazu gepflügt und gedüngt worden.

Sie werden von solchen, die es einigermaßen zwingen können, gejätet aber
selten behackt und vereinzelt. Wenn sie gerathen, geben sie einen beträchtlichen
Ertrag, wenn gleich nicht solchen, wie die behackten Rüben der Engländer; und
wenn sie nicht gerathen, so achtet man den Verlust des Saamens nicht. Da

man

Futtergewaͤchſe.
der zuſammengedruͤckte, zwiebelfoͤrmige Bolle, die unten eine duͤnne Pfahlwurzel
hat — die einige auch Tellerruͤben nennen — andre eine ſpindelfoͤrmige, die
unten ſpitz zulaͤuft, und in die Pfahlwurzel allmaͤhlig uͤbergeht, welche Guckel-
Abarten.ruͤben genannt werden. Beide ſind bald gelber, bald weißer, zuweilen auch oben
roͤthlich oder gruͤnlich. Sie wachſen zuweilen mehr aus der Erde heraus, zuwei-
len vergroͤßern ſie ſich unter der Oberflaͤche. Ihre Groͤße iſt ſehr verſchieden,
und ſcheint hauptſaͤchlich von der Kultur abzuhaͤngen. Aber die Dispoſition groß
zu werden, erbt ſich einige Generationen hindurch im Saamen fort. Die Ruͤ-
ben, von welchen einige in England die Schwere von 60 bis 70 Pfd. erhalten,
ſcheinen ganz dieſelben zu ſeyn, die gemeiniglich bei uns nur ½ Pfd. wiegen.
Und ich habe dieſe letztere auch ſchon zu 14 Pfd. gebracht. Wenn die großen
Ruͤben gleich keine beſondere Abart ſind, ſo hat man doch auf Saamen von gro-
ßen Ruͤben zu ſehen, wenn man ſolche bauen will.

§. 296.

Brachruͤben.Man hat ſchon lange bei uns in der Brache und in der Stoppel gebauete
Ruͤben unterſchieden, und wußte, daß jene ungleich groͤßer wurden. Man hat
aber nicht die Sorgfalt wie in England auf die Brachruͤben verwandt, wo ſie
noch immer eins der Hauptfuͤtterungsmittel ausmachen, und den Angel, worauf
ſich die ganze Wirthſchaft drehet. Es iſt dort noch immer die gewoͤhnlichſte Hack-
frucht ſtatt der Brache, und dasjenige Feldſyſtem, welches man jetzt Wechſel-
wirthſchaft nennt, heißt daſelbſt Ruͤben- (Turnips-) Wirthſchaft, auch die
Norfolkſche und Suffolkſche Wirthſchaft. Was dieſen ſorgfaͤltigen Anbau anbe-
trifft, ſo verweiſe ich auf den 1ſten und 3ten Band meiner engliſchen Landwirth-
ſchaft, indem ich vorausſetzen kann, daß jeder, der ihn betreiben will, das Werk
beſitzt, und ich nichts weiter hinzufuͤgen kann, als daß der Erdfloh und die Rau-
pen mir dieſen Bau ſehr verleidet haben.

In Deutſchland werden die Ruͤben zu Ende des Juni oder Anfangs Juli
in die Brache geſaͤet, nachdem ſchon dreimal dazu gepfluͤgt und geduͤngt worden.

Sie werden von ſolchen, die es einigermaßen zwingen koͤnnen, gejaͤtet aber
ſelten behackt und vereinzelt. Wenn ſie gerathen, geben ſie einen betraͤchtlichen
Ertrag, wenn gleich nicht ſolchen, wie die behackten Ruͤben der Englaͤnder; und
wenn ſie nicht gerathen, ſo achtet man den Verluſt des Saamens nicht. Da

man
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0256" n="232"/><fw place="top" type="header">Futtergewa&#x0364;ch&#x017F;e.</fw><lb/>
der zu&#x017F;ammengedru&#x0364;ckte, zwiebelfo&#x0364;rmige Bolle, die unten eine du&#x0364;nne Pfahlwurzel<lb/>
hat &#x2014; die einige auch <hi rendition="#g">Tellerru&#x0364;ben</hi> nennen &#x2014; andre eine &#x017F;pindelfo&#x0364;rmige, die<lb/>
unten &#x017F;pitz zula&#x0364;uft, und in die Pfahlwurzel allma&#x0364;hlig u&#x0364;bergeht, welche <hi rendition="#g">Guckel-</hi><lb/><note place="left">Abarten.</note><hi rendition="#g">ru&#x0364;ben</hi> genannt werden. Beide &#x017F;ind bald gelber, bald weißer, zuweilen auch oben<lb/>
ro&#x0364;thlich oder gru&#x0364;nlich. Sie wach&#x017F;en zuweilen mehr aus der Erde heraus, zuwei-<lb/>
len vergro&#x0364;ßern &#x017F;ie &#x017F;ich unter der Oberfla&#x0364;che. Ihre Gro&#x0364;ße i&#x017F;t &#x017F;ehr ver&#x017F;chieden,<lb/>
und &#x017F;cheint haupt&#x017F;a&#x0364;chlich von der Kultur abzuha&#x0364;ngen. Aber die Dispo&#x017F;ition groß<lb/>
zu werden, erbt &#x017F;ich einige Generationen hindurch im Saamen fort. Die Ru&#x0364;-<lb/>
ben, von welchen einige in England die Schwere von 60 bis 70 Pfd. erhalten,<lb/>
&#x017F;cheinen ganz die&#x017F;elben zu &#x017F;eyn, die gemeiniglich bei uns nur ½ Pfd. wiegen.<lb/>
Und ich habe die&#x017F;e letztere auch &#x017F;chon zu 14 Pfd. gebracht. Wenn die großen<lb/>
Ru&#x0364;ben gleich keine be&#x017F;ondere Abart &#x017F;ind, &#x017F;o hat man doch auf Saamen von gro-<lb/>
ßen Ru&#x0364;ben zu &#x017F;ehen, wenn man &#x017F;olche bauen will.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 296.</head><lb/>
              <p><note place="left">Brachru&#x0364;ben.</note>Man hat &#x017F;chon lange bei uns in der Brache und in der Stoppel gebauete<lb/>
Ru&#x0364;ben unter&#x017F;chieden, und wußte, daß jene ungleich gro&#x0364;ßer wurden. Man hat<lb/>
aber nicht die Sorgfalt wie in England auf die Brachru&#x0364;ben verwandt, wo &#x017F;ie<lb/>
noch immer eins der Hauptfu&#x0364;tterungsmittel ausmachen, und den Angel, worauf<lb/>
&#x017F;ich die ganze Wirth&#x017F;chaft drehet. Es i&#x017F;t dort noch immer die gewo&#x0364;hnlich&#x017F;te Hack-<lb/>
frucht &#x017F;tatt der Brache, und dasjenige Feld&#x017F;y&#x017F;tem, welches man jetzt Wech&#x017F;el-<lb/>
wirth&#x017F;chaft nennt, heißt da&#x017F;elb&#x017F;t <hi rendition="#g">Ru&#x0364;ben</hi>- (Turnips-) <hi rendition="#g">Wirth&#x017F;chaft</hi>, auch die<lb/>
Norfolk&#x017F;che und Suffolk&#x017F;che Wirth&#x017F;chaft. Was die&#x017F;en &#x017F;orgfa&#x0364;ltigen Anbau anbe-<lb/>
trifft, &#x017F;o verwei&#x017F;e ich auf den 1&#x017F;ten und 3ten Band meiner engli&#x017F;chen Landwirth-<lb/>
&#x017F;chaft, indem ich voraus&#x017F;etzen kann, daß jeder, der ihn betreiben will, das Werk<lb/>
be&#x017F;itzt, und ich nichts weiter hinzufu&#x0364;gen kann, als daß der Erdfloh und die Rau-<lb/>
pen mir die&#x017F;en Bau &#x017F;ehr verleidet haben.</p><lb/>
              <p>In Deut&#x017F;chland werden die Ru&#x0364;ben zu Ende des Juni oder Anfangs Juli<lb/>
in die Brache ge&#x017F;a&#x0364;et, nachdem &#x017F;chon dreimal dazu gepflu&#x0364;gt und gedu&#x0364;ngt worden.</p><lb/>
              <p>Sie werden von &#x017F;olchen, die es einigermaßen zwingen ko&#x0364;nnen, geja&#x0364;tet aber<lb/>
&#x017F;elten behackt und vereinzelt. Wenn &#x017F;ie gerathen, geben &#x017F;ie einen betra&#x0364;chtlichen<lb/>
Ertrag, wenn gleich nicht &#x017F;olchen, wie die behackten Ru&#x0364;ben der Engla&#x0364;nder; und<lb/>
wenn &#x017F;ie nicht gerathen, &#x017F;o achtet man den Verlu&#x017F;t des Saamens nicht. Da<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">man</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[232/0256] Futtergewaͤchſe. der zuſammengedruͤckte, zwiebelfoͤrmige Bolle, die unten eine duͤnne Pfahlwurzel hat — die einige auch Tellerruͤben nennen — andre eine ſpindelfoͤrmige, die unten ſpitz zulaͤuft, und in die Pfahlwurzel allmaͤhlig uͤbergeht, welche Guckel- ruͤben genannt werden. Beide ſind bald gelber, bald weißer, zuweilen auch oben roͤthlich oder gruͤnlich. Sie wachſen zuweilen mehr aus der Erde heraus, zuwei- len vergroͤßern ſie ſich unter der Oberflaͤche. Ihre Groͤße iſt ſehr verſchieden, und ſcheint hauptſaͤchlich von der Kultur abzuhaͤngen. Aber die Dispoſition groß zu werden, erbt ſich einige Generationen hindurch im Saamen fort. Die Ruͤ- ben, von welchen einige in England die Schwere von 60 bis 70 Pfd. erhalten, ſcheinen ganz dieſelben zu ſeyn, die gemeiniglich bei uns nur ½ Pfd. wiegen. Und ich habe dieſe letztere auch ſchon zu 14 Pfd. gebracht. Wenn die großen Ruͤben gleich keine beſondere Abart ſind, ſo hat man doch auf Saamen von gro- ßen Ruͤben zu ſehen, wenn man ſolche bauen will. Abarten. §. 296. Man hat ſchon lange bei uns in der Brache und in der Stoppel gebauete Ruͤben unterſchieden, und wußte, daß jene ungleich groͤßer wurden. Man hat aber nicht die Sorgfalt wie in England auf die Brachruͤben verwandt, wo ſie noch immer eins der Hauptfuͤtterungsmittel ausmachen, und den Angel, worauf ſich die ganze Wirthſchaft drehet. Es iſt dort noch immer die gewoͤhnlichſte Hack- frucht ſtatt der Brache, und dasjenige Feldſyſtem, welches man jetzt Wechſel- wirthſchaft nennt, heißt daſelbſt Ruͤben- (Turnips-) Wirthſchaft, auch die Norfolkſche und Suffolkſche Wirthſchaft. Was dieſen ſorgfaͤltigen Anbau anbe- trifft, ſo verweiſe ich auf den 1ſten und 3ten Band meiner engliſchen Landwirth- ſchaft, indem ich vorausſetzen kann, daß jeder, der ihn betreiben will, das Werk beſitzt, und ich nichts weiter hinzufuͤgen kann, als daß der Erdfloh und die Rau- pen mir dieſen Bau ſehr verleidet haben. Brachruͤben. In Deutſchland werden die Ruͤben zu Ende des Juni oder Anfangs Juli in die Brache geſaͤet, nachdem ſchon dreimal dazu gepfluͤgt und geduͤngt worden. Sie werden von ſolchen, die es einigermaßen zwingen koͤnnen, gejaͤtet aber ſelten behackt und vereinzelt. Wenn ſie gerathen, geben ſie einen betraͤchtlichen Ertrag, wenn gleich nicht ſolchen, wie die behackten Ruͤben der Englaͤnder; und wenn ſie nicht gerathen, ſo achtet man den Verluſt des Saamens nicht. Da man

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft04_1812
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft04_1812/256
Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812, S. 232. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft04_1812/256>, abgerufen am 18.04.2024.