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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812.

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Futtergewächse.
keinen Nachtheil, wenn sie sitzen bleiben, da sie aber überflüssig sind, so benutzt
man sie gern als eine höchst kräftige Viehfütterung.

Sobald er in Blüte getreten ist, läßt man ihn ungestört, weil sonst die
Befruchtung der weiblichen Kolben, die nun ihre langen, haarbüschelförmigen
Griffel austreiben, leicht gestört werden kann.

Ist diese Befruchtung geschehen, welches man aus dem Verwelken dieser
Büschel erkennt (worin aber freilich einige Spätlinge immer zurückbleiben, und
man sich also nach dem größten Theile richten muß), so schneidet man die
männlichen Blütwimpfel so ab, daß noch ein Blatt über der weiblichen Kolbe
am Stengel sitzen bleibe, und bricht zugleich die kleineren, unvollkommenen
Kolben aus, so daß eine Pflanze, deren höchstens drei behalte, weil die übrigen
doch zu keiner Vollkommenheit gelangen, und jenen nur die nöthige Nahrung
entziehen würden. Hierdurch gewinnt man eine große Masse eines so kräftigen
Viehfutters, wie vielleicht kein anderes grünes Gewächs sie giebt, und bedient
sich desselben neben andrem Futter nur mit Sparsamkeit. Es würde unwirth-
schaftlich seyn, dieses Ausbrechen auf einmal zu thun, und das Vieh mit diesem
Futter zu überhäufen; es sey denn daß man sich dieses Abfalls, der sehr vielen
Zuckerstoff enthält, zur Zucker- oder Syrupbereitung bedienen wolle.

§. 334.

Ernte.Man läßt sodann den Mais unbekümmert reifen, bis seine Körner hart
werden. Man hat nicht zu besorgen, daß sie auf dem Halme überreif werden und
ausfallen, allein sie sind nun den Anfällen der Krähen ungemein ausgesetzt, die
sich leicht aus der ganzen Gegend um ein Maisfeld versammeln. Deshalb muß
man mit dem Ausbrechen der Kolben, wenn dieser Zeitpunkt da ist, oft eilen.

Die Kolben werden nach dem Hofe gebracht, und ihnen bald möglichst die
Blätter abgestreift. Die Aufbewahrung dieser Kolben bis zu ihrer völligen Ab-
trocknung ist nun das schwierigste bei dem Maisbau. Das gewöhnlichste Ver-
fahren ist, zwei der stärksten abgestreiften Blätter den Kolben zu lassen, sie
zusammen zu knüpfen, und so auf Bindfaden zu ziehen, woran man sie auf
allen Bodenräumen aufhängt. Andre haben mit Horden versehene Darrstuben,
denen eine sehr starke Hitze gegeben wird, dazu eingerichtet. Die beste und
beim Anbau im Großen anwendbarste Aufbewahrung geschiehet aber in den so-

Futtergewaͤchſe.
keinen Nachtheil, wenn ſie ſitzen bleiben, da ſie aber uͤberfluͤſſig ſind, ſo benutzt
man ſie gern als eine hoͤchſt kraͤftige Viehfuͤtterung.

Sobald er in Bluͤte getreten iſt, laͤßt man ihn ungeſtoͤrt, weil ſonſt die
Befruchtung der weiblichen Kolben, die nun ihre langen, haarbuͤſchelfoͤrmigen
Griffel austreiben, leicht geſtoͤrt werden kann.

Iſt dieſe Befruchtung geſchehen, welches man aus dem Verwelken dieſer
Buͤſchel erkennt (worin aber freilich einige Spaͤtlinge immer zuruͤckbleiben, und
man ſich alſo nach dem groͤßten Theile richten muß), ſo ſchneidet man die
maͤnnlichen Bluͤtwimpfel ſo ab, daß noch ein Blatt uͤber der weiblichen Kolbe
am Stengel ſitzen bleibe, und bricht zugleich die kleineren, unvollkommenen
Kolben aus, ſo daß eine Pflanze, deren hoͤchſtens drei behalte, weil die uͤbrigen
doch zu keiner Vollkommenheit gelangen, und jenen nur die noͤthige Nahrung
entziehen wuͤrden. Hierdurch gewinnt man eine große Maſſe eines ſo kraͤftigen
Viehfutters, wie vielleicht kein anderes gruͤnes Gewaͤchs ſie giebt, und bedient
ſich deſſelben neben andrem Futter nur mit Sparſamkeit. Es wuͤrde unwirth-
ſchaftlich ſeyn, dieſes Ausbrechen auf einmal zu thun, und das Vieh mit dieſem
Futter zu uͤberhaͤufen; es ſey denn daß man ſich dieſes Abfalls, der ſehr vielen
Zuckerſtoff enthaͤlt, zur Zucker- oder Syrupbereitung bedienen wolle.

§. 334.

Ernte.Man laͤßt ſodann den Mais unbekuͤmmert reifen, bis ſeine Koͤrner hart
werden. Man hat nicht zu beſorgen, daß ſie auf dem Halme uͤberreif werden und
ausfallen, allein ſie ſind nun den Anfaͤllen der Kraͤhen ungemein ausgeſetzt, die
ſich leicht aus der ganzen Gegend um ein Maisfeld verſammeln. Deshalb muß
man mit dem Ausbrechen der Kolben, wenn dieſer Zeitpunkt da iſt, oft eilen.

Die Kolben werden nach dem Hofe gebracht, und ihnen bald moͤglichſt die
Blaͤtter abgeſtreift. Die Aufbewahrung dieſer Kolben bis zu ihrer voͤlligen Ab-
trocknung iſt nun das ſchwierigſte bei dem Maisbau. Das gewoͤhnlichſte Ver-
fahren iſt, zwei der ſtaͤrkſten abgeſtreiften Blaͤtter den Kolben zu laſſen, ſie
zuſammen zu knuͤpfen, und ſo auf Bindfaden zu ziehen, woran man ſie auf
allen Bodenraͤumen aufhaͤngt. Andre haben mit Horden verſehene Darrſtuben,
denen eine ſehr ſtarke Hitze gegeben wird, dazu eingerichtet. Die beſte und
beim Anbau im Großen anwendbarſte Aufbewahrung geſchiehet aber in den ſo-

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[250/0274] Futtergewaͤchſe. keinen Nachtheil, wenn ſie ſitzen bleiben, da ſie aber uͤberfluͤſſig ſind, ſo benutzt man ſie gern als eine hoͤchſt kraͤftige Viehfuͤtterung. Sobald er in Bluͤte getreten iſt, laͤßt man ihn ungeſtoͤrt, weil ſonſt die Befruchtung der weiblichen Kolben, die nun ihre langen, haarbuͤſchelfoͤrmigen Griffel austreiben, leicht geſtoͤrt werden kann. Iſt dieſe Befruchtung geſchehen, welches man aus dem Verwelken dieſer Buͤſchel erkennt (worin aber freilich einige Spaͤtlinge immer zuruͤckbleiben, und man ſich alſo nach dem groͤßten Theile richten muß), ſo ſchneidet man die maͤnnlichen Bluͤtwimpfel ſo ab, daß noch ein Blatt uͤber der weiblichen Kolbe am Stengel ſitzen bleibe, und bricht zugleich die kleineren, unvollkommenen Kolben aus, ſo daß eine Pflanze, deren hoͤchſtens drei behalte, weil die uͤbrigen doch zu keiner Vollkommenheit gelangen, und jenen nur die noͤthige Nahrung entziehen wuͤrden. Hierdurch gewinnt man eine große Maſſe eines ſo kraͤftigen Viehfutters, wie vielleicht kein anderes gruͤnes Gewaͤchs ſie giebt, und bedient ſich deſſelben neben andrem Futter nur mit Sparſamkeit. Es wuͤrde unwirth- ſchaftlich ſeyn, dieſes Ausbrechen auf einmal zu thun, und das Vieh mit dieſem Futter zu uͤberhaͤufen; es ſey denn daß man ſich dieſes Abfalls, der ſehr vielen Zuckerſtoff enthaͤlt, zur Zucker- oder Syrupbereitung bedienen wolle. §. 334. Man laͤßt ſodann den Mais unbekuͤmmert reifen, bis ſeine Koͤrner hart werden. Man hat nicht zu beſorgen, daß ſie auf dem Halme uͤberreif werden und ausfallen, allein ſie ſind nun den Anfaͤllen der Kraͤhen ungemein ausgeſetzt, die ſich leicht aus der ganzen Gegend um ein Maisfeld verſammeln. Deshalb muß man mit dem Ausbrechen der Kolben, wenn dieſer Zeitpunkt da iſt, oft eilen. Ernte. Die Kolben werden nach dem Hofe gebracht, und ihnen bald moͤglichſt die Blaͤtter abgeſtreift. Die Aufbewahrung dieſer Kolben bis zu ihrer voͤlligen Ab- trocknung iſt nun das ſchwierigſte bei dem Maisbau. Das gewoͤhnlichſte Ver- fahren iſt, zwei der ſtaͤrkſten abgeſtreiften Blaͤtter den Kolben zu laſſen, ſie zuſammen zu knuͤpfen, und ſo auf Bindfaden zu ziehen, woran man ſie auf allen Bodenraͤumen aufhaͤngt. Andre haben mit Horden verſehene Darrſtuben, denen eine ſehr ſtarke Hitze gegeben wird, dazu eingerichtet. Die beſte und beim Anbau im Großen anwendbarſte Aufbewahrung geſchiehet aber in den ſo-

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812, S. 250. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft04_1812/274>, abgerufen am 19.04.2024.