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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812.

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Die Rindviehzucht.

Das Tyroler Vieh kömmt diesem in der Gestalt einigermaßen nahe,
ist aber wohl im Durchschnitt größer und von rothbrauner Farbe. Man rühmt
seine Milchergiebigkeit sehr und es ist deshalb häufig ins ebene Land versetzt
worden, wo sich selbst die Original-Tyroler bei der Stallfütterung recht gut
halten sollen. Ungeachtet der durch den Transport erhöhten Kostbarkeit hat
man es doch neuerlich selbst bis in diese Gegenden verpflanzt.

Das Steyersche Vieh, wenigstens was ich unter diesem Namen kenne,
kömmt jener Hasli-Race in seiner Gestalt und Farbe ziemlich gleich, ist jedoch
größer. Die Farbe war heller, und dann war der Rückgrad ungewöhnlich stark
eingebogen bei den Kühen und Springochsen, die sonst malerisch schön waren.
Ich bescheide mich, daß andre die Eigenthümlichkeit dieser Racen richtiger bestim-
men werden, wie ich es kann, da ich nur wenige einzelne gesehen habe.

§. 7.

Podolische
und Ungari-
sche Race.
Noch kommt bei uns das Podolische Vieh, über dessen eigentliches Va-
terland und Aufzucht ich noch keine bestimmte Nachricht habe erhalten können,
aber nur als verschnittene Ochsen, häufig vor. Es ist fast sämmtlich von einer
ausgezeichneten greifen Farbe, selten schwarz oder weißgescheckt. Es ist hoch-
beinig, und nicht besonders lang gestreckt, aber von beträchtlicher Breite, beson-
ders hinten im Kreuz. Als Milchvieh soll es gar nicht brauchbar seyn, weil
die Kühe sich nicht ausmelken lassen. Die Ochsen aber sind zur Mastung vor-
züglich geschickt. Es muß, wenn es uns gegen den Herbst zugeführt wird, auf
den fetten Weiden der Ukraine schon sehr stark aufgesetzt haben, da der weiten
Reise ungeachtet ein Theil gleich schlachtbar ist. Ein andrer Theil ist abge-
magert, setzt dann aber, wenn er im Stalle angebunden wird, bei Kartoffeln
und Heu sehr schnell auf, und kann dann in zehn oder zwölf Wochen zu preis-
würdigem Schlachtvieh vollendet, und zu einer Schwere von 800 Pfund ge-
bracht werden.

Das Ungarische Vieh soll diesem in der Farbe gleich, aber länger gestreckt
und kurzbeiniger seyn. Das Podolische Vieh kann zur Arbeit gebraucht werden,
und ist zum Theil sehr sanftmüthig. Doch giebt es einige Ochsen darunter, die
sehr bös und unbändig sind. Man hat sie aber nicht sehr ausdauernd gefunden.
Das Ungarische Vieh soll zur Arbeit besser und kräftiger seyn.


§. 8.
Die Rindviehzucht.

Das Tyroler Vieh koͤmmt dieſem in der Geſtalt einigermaßen nahe,
iſt aber wohl im Durchſchnitt groͤßer und von rothbrauner Farbe. Man ruͤhmt
ſeine Milchergiebigkeit ſehr und es iſt deshalb haͤufig ins ebene Land verſetzt
worden, wo ſich ſelbſt die Original-Tyroler bei der Stallfuͤtterung recht gut
halten ſollen. Ungeachtet der durch den Transport erhoͤhten Koſtbarkeit hat
man es doch neuerlich ſelbſt bis in dieſe Gegenden verpflanzt.

Das Steyerſche Vieh, wenigſtens was ich unter dieſem Namen kenne,
koͤmmt jener Hasli-Raçe in ſeiner Geſtalt und Farbe ziemlich gleich, iſt jedoch
groͤßer. Die Farbe war heller, und dann war der Ruͤckgrad ungewoͤhnlich ſtark
eingebogen bei den Kuͤhen und Springochſen, die ſonſt maleriſch ſchoͤn waren.
Ich beſcheide mich, daß andre die Eigenthuͤmlichkeit dieſer Raçen richtiger beſtim-
men werden, wie ich es kann, da ich nur wenige einzelne geſehen habe.

§. 7.

Podoliſche
und Ungari-
ſche Raçe.
Noch kommt bei uns das Podoliſche Vieh, uͤber deſſen eigentliches Va-
terland und Aufzucht ich noch keine beſtimmte Nachricht habe erhalten koͤnnen,
aber nur als verſchnittene Ochſen, haͤufig vor. Es iſt faſt ſaͤmmtlich von einer
ausgezeichneten greifen Farbe, ſelten ſchwarz oder weißgeſcheckt. Es iſt hoch-
beinig, und nicht beſonders lang geſtreckt, aber von betraͤchtlicher Breite, beſon-
ders hinten im Kreuz. Als Milchvieh ſoll es gar nicht brauchbar ſeyn, weil
die Kuͤhe ſich nicht ausmelken laſſen. Die Ochſen aber ſind zur Maſtung vor-
zuͤglich geſchickt. Es muß, wenn es uns gegen den Herbſt zugefuͤhrt wird, auf
den fetten Weiden der Ukraine ſchon ſehr ſtark aufgeſetzt haben, da der weiten
Reiſe ungeachtet ein Theil gleich ſchlachtbar iſt. Ein andrer Theil iſt abge-
magert, ſetzt dann aber, wenn er im Stalle angebunden wird, bei Kartoffeln
und Heu ſehr ſchnell auf, und kann dann in zehn oder zwoͤlf Wochen zu preis-
wuͤrdigem Schlachtvieh vollendet, und zu einer Schwere von 800 Pfund ge-
bracht werden.

Das Ungariſche Vieh ſoll dieſem in der Farbe gleich, aber laͤnger geſtreckt
und kurzbeiniger ſeyn. Das Podoliſche Vieh kann zur Arbeit gebraucht werden,
und iſt zum Theil ſehr ſanftmuͤthig. Doch giebt es einige Ochſen darunter, die
ſehr boͤs und unbaͤndig ſind. Man hat ſie aber nicht ſehr ausdauernd gefunden.
Das Ungariſche Vieh ſoll zur Arbeit beſſer und kraͤftiger ſeyn.


§. 8.
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[304/0328] Die Rindviehzucht. Das Tyroler Vieh koͤmmt dieſem in der Geſtalt einigermaßen nahe, iſt aber wohl im Durchſchnitt groͤßer und von rothbrauner Farbe. Man ruͤhmt ſeine Milchergiebigkeit ſehr und es iſt deshalb haͤufig ins ebene Land verſetzt worden, wo ſich ſelbſt die Original-Tyroler bei der Stallfuͤtterung recht gut halten ſollen. Ungeachtet der durch den Transport erhoͤhten Koſtbarkeit hat man es doch neuerlich ſelbſt bis in dieſe Gegenden verpflanzt. Das Steyerſche Vieh, wenigſtens was ich unter dieſem Namen kenne, koͤmmt jener Hasli-Raçe in ſeiner Geſtalt und Farbe ziemlich gleich, iſt jedoch groͤßer. Die Farbe war heller, und dann war der Ruͤckgrad ungewoͤhnlich ſtark eingebogen bei den Kuͤhen und Springochſen, die ſonſt maleriſch ſchoͤn waren. Ich beſcheide mich, daß andre die Eigenthuͤmlichkeit dieſer Raçen richtiger beſtim- men werden, wie ich es kann, da ich nur wenige einzelne geſehen habe. §. 7. Noch kommt bei uns das Podoliſche Vieh, uͤber deſſen eigentliches Va- terland und Aufzucht ich noch keine beſtimmte Nachricht habe erhalten koͤnnen, aber nur als verſchnittene Ochſen, haͤufig vor. Es iſt faſt ſaͤmmtlich von einer ausgezeichneten greifen Farbe, ſelten ſchwarz oder weißgeſcheckt. Es iſt hoch- beinig, und nicht beſonders lang geſtreckt, aber von betraͤchtlicher Breite, beſon- ders hinten im Kreuz. Als Milchvieh ſoll es gar nicht brauchbar ſeyn, weil die Kuͤhe ſich nicht ausmelken laſſen. Die Ochſen aber ſind zur Maſtung vor- zuͤglich geſchickt. Es muß, wenn es uns gegen den Herbſt zugefuͤhrt wird, auf den fetten Weiden der Ukraine ſchon ſehr ſtark aufgeſetzt haben, da der weiten Reiſe ungeachtet ein Theil gleich ſchlachtbar iſt. Ein andrer Theil iſt abge- magert, ſetzt dann aber, wenn er im Stalle angebunden wird, bei Kartoffeln und Heu ſehr ſchnell auf, und kann dann in zehn oder zwoͤlf Wochen zu preis- wuͤrdigem Schlachtvieh vollendet, und zu einer Schwere von 800 Pfund ge- bracht werden. Podoliſche und Ungari- ſche Raçe. Das Ungariſche Vieh ſoll dieſem in der Farbe gleich, aber laͤnger geſtreckt und kurzbeiniger ſeyn. Das Podoliſche Vieh kann zur Arbeit gebraucht werden, und iſt zum Theil ſehr ſanftmuͤthig. Doch giebt es einige Ochſen darunter, die ſehr boͤs und unbaͤndig ſind. Man hat ſie aber nicht ſehr ausdauernd gefunden. Das Ungariſche Vieh ſoll zur Arbeit beſſer und kraͤftiger ſeyn. §. 8.

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812, S. 304. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft04_1812/328>, abgerufen am 28.03.2024.