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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812.

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Ernährung des Rindviehes.
einem kränklich gewesenen Thiere von ungleichem Abstande und Stärke sind.
Bei älteren Thieren werden die Ringe aber undeutlich, und bleiben kaum mehr
zählbar. Die Hörner, welche sonst an der Wurzel am stärksten waren, und
oberwärts immer dünner wurden, werden vom 9ten oder 10ten Jahre an unten
dünner, als sie weiter aufwärts sind. Andere Zeichen eines höheren Alters
sind, die eingefallenen Augengruben, der eingesunkene After, breitere Klauen,
weiße Haare um die Augen; doch können letztere auch eine Eigenthümlichkeit
eines Thieres seyn.

Die Ernährung des Rindviehes.
§. 25.

Sie theilt sich in die Winter- und Sommerfütterung. Wir reden zuvör-Winterfütte-
rung mit Heu
und Stroh.

derst von ersterer.

Sie wird gewöhnlich mit gedörrtem Futter, Heu und Stroh, betrieben.
Das Verhältniß, worin beides gegeben wird, ist sehr verschieden, und richtet sich
nach den Verhältnissen und dem Vermögen der Wirthschaften. Zuweilen wird
das Rindvieh mit bloßem Stroh den Winter über erhalten; aber wenn es nur
reines Stroh bekommt, so versagt es nicht nur alle Nutzung, sondern fällt auch
an Fleisch und Kräften auf das äußerste ab. In den Fällen, wo man dies
vom Strohfutter nicht bemerkt haben will, war entweder unter demselben viel
anderes Kraut, oder noch viele Körner in den Aehren, und es ist bekannt, daß
man in einigen Wirthschaften deshalb absichtlich besonders den Hafer nicht rein
ausdresche. Mehrentheils werden auch Kühen, die an Heu gänzlich Mangel
leiden müssen, allerlei Abfälle außer dem Spreu und Ueberkehr aus den Scheu-
ren, und dann gegen die Kalbezeit, Mehl- oder Schroottrank, Oelkuchentrank
und dergl., gegeben, um ihnen etwas aufzuhelfen.

Nur das Stroh von Blattfrüchten, Erbsen, Wicken, Bohnen, Linsen
und Buchweizen hat mehrere Nahrungstheile in sich, um so mehrere, je grüner
es noch war, wie man es mähete. Auch ist das Hirsestroh und das Maisstroh,
wenn man es gehörig behandelte, reichhaltiger an Nahrung.

Unter dem gewöhnlichen Getreidestroh ist das Weizenstroh ohne Zweifel
das beste zur Fütterung. Dann folgt Hafer- und Gerststroh, welches auch in

Ernaͤhrung des Rindviehes.
einem kraͤnklich geweſenen Thiere von ungleichem Abſtande und Staͤrke ſind.
Bei aͤlteren Thieren werden die Ringe aber undeutlich, und bleiben kaum mehr
zaͤhlbar. Die Hoͤrner, welche ſonſt an der Wurzel am ſtaͤrkſten waren, und
oberwaͤrts immer duͤnner wurden, werden vom 9ten oder 10ten Jahre an unten
duͤnner, als ſie weiter aufwaͤrts ſind. Andere Zeichen eines hoͤheren Alters
ſind, die eingefallenen Augengruben, der eingeſunkene After, breitere Klauen,
weiße Haare um die Augen; doch koͤnnen letztere auch eine Eigenthuͤmlichkeit
eines Thieres ſeyn.

Die Ernaͤhrung des Rindviehes.
§. 25.

Sie theilt ſich in die Winter- und Sommerfuͤtterung. Wir reden zuvoͤr-Winterfuͤtte-
rung mit Heu
und Stroh.

derſt von erſterer.

Sie wird gewoͤhnlich mit gedoͤrrtem Futter, Heu und Stroh, betrieben.
Das Verhaͤltniß, worin beides gegeben wird, iſt ſehr verſchieden, und richtet ſich
nach den Verhaͤltniſſen und dem Vermoͤgen der Wirthſchaften. Zuweilen wird
das Rindvieh mit bloßem Stroh den Winter uͤber erhalten; aber wenn es nur
reines Stroh bekommt, ſo verſagt es nicht nur alle Nutzung, ſondern faͤllt auch
an Fleiſch und Kraͤften auf das aͤußerſte ab. In den Faͤllen, wo man dies
vom Strohfutter nicht bemerkt haben will, war entweder unter demſelben viel
anderes Kraut, oder noch viele Koͤrner in den Aehren, und es iſt bekannt, daß
man in einigen Wirthſchaften deshalb abſichtlich beſonders den Hafer nicht rein
ausdreſche. Mehrentheils werden auch Kuͤhen, die an Heu gaͤnzlich Mangel
leiden muͤſſen, allerlei Abfaͤlle außer dem Spreu und Ueberkehr aus den Scheu-
ren, und dann gegen die Kalbezeit, Mehl- oder Schroottrank, Oelkuchentrank
und dergl., gegeben, um ihnen etwas aufzuhelfen.

Nur das Stroh von Blattfruͤchten, Erbſen, Wicken, Bohnen, Linſen
und Buchweizen hat mehrere Nahrungstheile in ſich, um ſo mehrere, je gruͤner
es noch war, wie man es maͤhete. Auch iſt das Hirſeſtroh und das Maisſtroh,
wenn man es gehoͤrig behandelte, reichhaltiger an Nahrung.

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[319/0343] Ernaͤhrung des Rindviehes. einem kraͤnklich geweſenen Thiere von ungleichem Abſtande und Staͤrke ſind. Bei aͤlteren Thieren werden die Ringe aber undeutlich, und bleiben kaum mehr zaͤhlbar. Die Hoͤrner, welche ſonſt an der Wurzel am ſtaͤrkſten waren, und oberwaͤrts immer duͤnner wurden, werden vom 9ten oder 10ten Jahre an unten duͤnner, als ſie weiter aufwaͤrts ſind. Andere Zeichen eines hoͤheren Alters ſind, die eingefallenen Augengruben, der eingeſunkene After, breitere Klauen, weiße Haare um die Augen; doch koͤnnen letztere auch eine Eigenthuͤmlichkeit eines Thieres ſeyn. Die Ernaͤhrung des Rindviehes. §. 25. Sie theilt ſich in die Winter- und Sommerfuͤtterung. Wir reden zuvoͤr- derſt von erſterer. Winterfuͤtte- rung mit Heu und Stroh. Sie wird gewoͤhnlich mit gedoͤrrtem Futter, Heu und Stroh, betrieben. Das Verhaͤltniß, worin beides gegeben wird, iſt ſehr verſchieden, und richtet ſich nach den Verhaͤltniſſen und dem Vermoͤgen der Wirthſchaften. Zuweilen wird das Rindvieh mit bloßem Stroh den Winter uͤber erhalten; aber wenn es nur reines Stroh bekommt, ſo verſagt es nicht nur alle Nutzung, ſondern faͤllt auch an Fleiſch und Kraͤften auf das aͤußerſte ab. In den Faͤllen, wo man dies vom Strohfutter nicht bemerkt haben will, war entweder unter demſelben viel anderes Kraut, oder noch viele Koͤrner in den Aehren, und es iſt bekannt, daß man in einigen Wirthſchaften deshalb abſichtlich beſonders den Hafer nicht rein ausdreſche. Mehrentheils werden auch Kuͤhen, die an Heu gaͤnzlich Mangel leiden muͤſſen, allerlei Abfaͤlle außer dem Spreu und Ueberkehr aus den Scheu- ren, und dann gegen die Kalbezeit, Mehl- oder Schroottrank, Oelkuchentrank und dergl., gegeben, um ihnen etwas aufzuhelfen. Nur das Stroh von Blattfruͤchten, Erbſen, Wicken, Bohnen, Linſen und Buchweizen hat mehrere Nahrungstheile in ſich, um ſo mehrere, je gruͤner es noch war, wie man es maͤhete. Auch iſt das Hirſeſtroh und das Maisſtroh, wenn man es gehoͤrig behandelte, reichhaltiger an Nahrung. Unter dem gewoͤhnlichen Getreideſtroh iſt das Weizenſtroh ohne Zweifel das beſte zur Fuͤtterung. Dann folgt Hafer- und Gerſtſtroh, welches auch in

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812, S. 319. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft04_1812/343>, abgerufen am 25.04.2024.