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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812.

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Die Molkerei.
geschahe gewöhnlich nach Köpfen, und deshalb suchte man nur die Zahl zu ver-
mehren, wenn auch die Weide und Fütterung desto kärglicher wurde, und
dies ist vielleicht ein Hauptgrund des schlechten Viehstandes, den man hier
antrifft. Es verlohr sich das Interesse für das Milchvieh beim Landwirthe,
und nur das Auge des Herrn macht das Vieh fett. Es entstand ein doppel-
tes aber getheiltes Interesse auf dem Wirthschaftshofe selbst unter zwei Wirth-
schaftszweigen, dem Fruchtbau und der Viehzucht, die nur Hand in Hand ge-
hend fortschreiten können. War der Viehstapel nicht sehr groß, von hundert
und mehreren Stücken, so nahmen die Emolumente, die man dem Viehpäch-
ter anderweitig bewilligen mußte, einen großen Theil der Kuhpacht weg, wenn
man sie genau berechnete.

Um der Aufsicht nicht über den Kuhstall selbst, sondern nur über die
Behandlung des Molkenwesens, welches nur von sorgsamen weiblichen Händen
betrieben werden kann, überhoben zu seyn, ist es weit rathsamer, die Milch,
so wie sie von der Kuh kommt, einem Molkenabnehmer zumessen und zu ei-
nem billigen festgesetzten Preise verkaufen zu lassen. Hierbei sind beide Theile
gesichert, und beide behalten ein gemeinschaftliches Interesse an Milchvieh und
dessem Ertrage. Unendliche Streitigkeiten fallen weg, und einer sucht den an-
dern nicht zu vervortheilen, wenn es bei der Verpachtung nach Köpfen fast
immer der Fall in Ansehung des Futters zu seyn pflegt.

Auf keinem Fall glaube ich, daß eine andere, als die letzte Verpachtungs-
art, mit einer wohlgeordneten Wirthschaft bestehen kann.

§. 52.

Das reine und verständige Ausmelken der Kühe muß genau beachtet werden,Das Melken.
weil von der Vernachlässigung desselben der schlechte Ertrag der Molkereien häu-
fig abhängt. Es ist dabei eine strenge weibliche Aufsicht und Belehrung der
Milchmägde in den Handgriffen nöthig. Die Aufseherinn muß, sobald sie an dem
reinen Ausmelken Zweifel hat, selbst nachmelken. Es ist nicht die im Euter für
das Mal zurückgebliebene Milch, welche diese Mühe erfordert, sondern der Nach-
theil der verminderten Milchabsonderung, welche dadurch entstehet, und das
Ueberhandnehmen der Nachlässigkeit, wenn es nicht auf der Stelle geahndet wird.

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Die Molkerei.
geſchahe gewoͤhnlich nach Koͤpfen, und deshalb ſuchte man nur die Zahl zu ver-
mehren, wenn auch die Weide und Fuͤtterung deſto kaͤrglicher wurde, und
dies iſt vielleicht ein Hauptgrund des ſchlechten Viehſtandes, den man hier
antrifft. Es verlohr ſich das Intereſſe fuͤr das Milchvieh beim Landwirthe,
und nur das Auge des Herrn macht das Vieh fett. Es entſtand ein doppel-
tes aber getheiltes Intereſſe auf dem Wirthſchaftshofe ſelbſt unter zwei Wirth-
ſchaftszweigen, dem Fruchtbau und der Viehzucht, die nur Hand in Hand ge-
hend fortſchreiten koͤnnen. War der Viehſtapel nicht ſehr groß, von hundert
und mehreren Stuͤcken, ſo nahmen die Emolumente, die man dem Viehpaͤch-
ter anderweitig bewilligen mußte, einen großen Theil der Kuhpacht weg, wenn
man ſie genau berechnete.

Um der Aufſicht nicht uͤber den Kuhſtall ſelbſt, ſondern nur uͤber die
Behandlung des Molkenweſens, welches nur von ſorgſamen weiblichen Haͤnden
betrieben werden kann, uͤberhoben zu ſeyn, iſt es weit rathſamer, die Milch,
ſo wie ſie von der Kuh kommt, einem Molkenabnehmer zumeſſen und zu ei-
nem billigen feſtgeſetzten Preiſe verkaufen zu laſſen. Hierbei ſind beide Theile
geſichert, und beide behalten ein gemeinſchaftliches Intereſſe an Milchvieh und
deſſem Ertrage. Unendliche Streitigkeiten fallen weg, und einer ſucht den an-
dern nicht zu vervortheilen, wenn es bei der Verpachtung nach Koͤpfen faſt
immer der Fall in Anſehung des Futters zu ſeyn pflegt.

Auf keinem Fall glaube ich, daß eine andere, als die letzte Verpachtungs-
art, mit einer wohlgeordneten Wirthſchaft beſtehen kann.

§. 52.

Das reine und verſtaͤndige Ausmelken der Kuͤhe muß genau beachtet werden,Das Melken.
weil von der Vernachlaͤſſigung deſſelben der ſchlechte Ertrag der Molkereien haͤu-
fig abhaͤngt. Es iſt dabei eine ſtrenge weibliche Aufſicht und Belehrung der
Milchmaͤgde in den Handgriffen noͤthig. Die Aufſeherinn muß, ſobald ſie an dem
reinen Ausmelken Zweifel hat, ſelbſt nachmelken. Es iſt nicht die im Euter fuͤr
das Mal zuruͤckgebliebene Milch, welche dieſe Muͤhe erfordert, ſondern der Nach-
theil der verminderten Milchabſonderung, welche dadurch entſtehet, und das
Ueberhandnehmen der Nachlaͤſſigkeit, wenn es nicht auf der Stelle geahndet wird.

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[347/0371] Die Molkerei. geſchahe gewoͤhnlich nach Koͤpfen, und deshalb ſuchte man nur die Zahl zu ver- mehren, wenn auch die Weide und Fuͤtterung deſto kaͤrglicher wurde, und dies iſt vielleicht ein Hauptgrund des ſchlechten Viehſtandes, den man hier antrifft. Es verlohr ſich das Intereſſe fuͤr das Milchvieh beim Landwirthe, und nur das Auge des Herrn macht das Vieh fett. Es entſtand ein doppel- tes aber getheiltes Intereſſe auf dem Wirthſchaftshofe ſelbſt unter zwei Wirth- ſchaftszweigen, dem Fruchtbau und der Viehzucht, die nur Hand in Hand ge- hend fortſchreiten koͤnnen. War der Viehſtapel nicht ſehr groß, von hundert und mehreren Stuͤcken, ſo nahmen die Emolumente, die man dem Viehpaͤch- ter anderweitig bewilligen mußte, einen großen Theil der Kuhpacht weg, wenn man ſie genau berechnete. Um der Aufſicht nicht uͤber den Kuhſtall ſelbſt, ſondern nur uͤber die Behandlung des Molkenweſens, welches nur von ſorgſamen weiblichen Haͤnden betrieben werden kann, uͤberhoben zu ſeyn, iſt es weit rathſamer, die Milch, ſo wie ſie von der Kuh kommt, einem Molkenabnehmer zumeſſen und zu ei- nem billigen feſtgeſetzten Preiſe verkaufen zu laſſen. Hierbei ſind beide Theile geſichert, und beide behalten ein gemeinſchaftliches Intereſſe an Milchvieh und deſſem Ertrage. Unendliche Streitigkeiten fallen weg, und einer ſucht den an- dern nicht zu vervortheilen, wenn es bei der Verpachtung nach Koͤpfen faſt immer der Fall in Anſehung des Futters zu ſeyn pflegt. Auf keinem Fall glaube ich, daß eine andere, als die letzte Verpachtungs- art, mit einer wohlgeordneten Wirthſchaft beſtehen kann. §. 52. Das reine und verſtaͤndige Ausmelken der Kuͤhe muß genau beachtet werden, weil von der Vernachlaͤſſigung deſſelben der ſchlechte Ertrag der Molkereien haͤu- fig abhaͤngt. Es iſt dabei eine ſtrenge weibliche Aufſicht und Belehrung der Milchmaͤgde in den Handgriffen noͤthig. Die Aufſeherinn muß, ſobald ſie an dem reinen Ausmelken Zweifel hat, ſelbſt nachmelken. Es iſt nicht die im Euter fuͤr das Mal zuruͤckgebliebene Milch, welche dieſe Muͤhe erfordert, ſondern der Nach- theil der verminderten Milchabſonderung, welche dadurch entſtehet, und das Ueberhandnehmen der Nachlaͤſſigkeit, wenn es nicht auf der Stelle geahndet wird. Das Melken. X x 2

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812, S. 347. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft04_1812/371>, abgerufen am 25.04.2024.