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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812.

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Die Molkerei.
Das Melken muß wechselsweise aus allen vier Strängen geschehen, wenn auch
ein Strang keine Milch mehr geben sollte.

Ist der Euter unrein geworden, so muß er vor dem jedesmaligen Melken ab-
gewaschen werden, weil die geringste in die Milch kommende Unreinigkeit einen
Beischmack giebt und die Molkerei außer Credit setzen kann. Besonders ist dieß
bei der grünen Stallfütterung zu beachten. Man hat Küben mit einem Deckel ver-
sehen, worin sich Wasser und ein Schwamm oder Lappen befindet, und welche die
Mägde statt des Schemels gebrauchen und mit sich forttragen, damit es ihnen,
wo nöthig, nie an Wasser zum Abwaschen fehle.

Wenn die Mägde klagen, daß eine Kuh nicht mehr so viele Milch gebe, daß
es sich des Melkens verlohne, so untersuche man, ob diese Milch bei mäßiger Er-
wärmung schon gerinne. Thut sie das nicht, so muß man sie zu melken fortfah-
ren, damit sie sich nicht an zu langes Trockenstehen gewöhne. Vier Wochen vor
dem Kalben ist es jedoch jederzeit rathsam, mit dem Melken aufzuhören, wenn die
Kuh auch noch ein Quart Milch gäbe; sie wird sonst zu sehr angegriffen.

Einige haben behauptet, man würde um so viel mehr Milch erhalten, je öf-
terer man melkte. Aber genau angestellte Versuche haben das nicht bestätigt, in-
dem sich bei den meisten ergeben hat, daß man eben so viele Milch erhalte, wenn
man täglich zwei Mal, als wenn man drei oder vier Mal melkt. Andere haben
zwar etwas mehr Milch erhalten, aber aus dieser Milch nicht mehrere Butter.
Nur in der Zeit, wo die Milchabsonderung am stärksten ist und so, daß sie der Eu-
ter nicht scheint fassen zu können, sie vielleicht von selbst ausspritzet, muß drei
Mal gemolken werden.

Die jedesmal zuerst kommende Milch ist minder fett als die zuletzt kommende.
Daß dieses aber so sehr verschieden sey, wie es einige angeben, davon habe ich
mich nicht überzeugen können. Wo zum Theil Milch verkauft, zum Theil Butter
gemacht wird, sondert man zuweilen beide Theile und buttert nur aus letzterem.

§. 53.

Frischer
Milchverkauf.
Wenn Milch frisch verkauft werden soll, so kommt es darauf an, sie in der
niedrigsten Temperatur über den Gefrierpunkt zu erhalten. Wird frische Milch in
einer Entfernung von eine bis zwei Meilen zur Stadt gebracht, so ist es gewöhn-
lich die Abend-Milch, die man gleich nach dem Melken in kaltes Wasser, manch-

Die Molkerei.
Das Melken muß wechſelsweiſe aus allen vier Straͤngen geſchehen, wenn auch
ein Strang keine Milch mehr geben ſollte.

Iſt der Euter unrein geworden, ſo muß er vor dem jedesmaligen Melken ab-
gewaſchen werden, weil die geringſte in die Milch kommende Unreinigkeit einen
Beiſchmack giebt und die Molkerei außer Credit ſetzen kann. Beſonders iſt dieß
bei der gruͤnen Stallfuͤtterung zu beachten. Man hat Kuͤben mit einem Deckel ver-
ſehen, worin ſich Waſſer und ein Schwamm oder Lappen befindet, und welche die
Maͤgde ſtatt des Schemels gebrauchen und mit ſich forttragen, damit es ihnen,
wo noͤthig, nie an Waſſer zum Abwaſchen fehle.

Wenn die Maͤgde klagen, daß eine Kuh nicht mehr ſo viele Milch gebe, daß
es ſich des Melkens verlohne, ſo unterſuche man, ob dieſe Milch bei maͤßiger Er-
waͤrmung ſchon gerinne. Thut ſie das nicht, ſo muß man ſie zu melken fortfah-
ren, damit ſie ſich nicht an zu langes Trockenſtehen gewoͤhne. Vier Wochen vor
dem Kalben iſt es jedoch jederzeit rathſam, mit dem Melken aufzuhoͤren, wenn die
Kuh auch noch ein Quart Milch gaͤbe; ſie wird ſonſt zu ſehr angegriffen.

Einige haben behauptet, man wuͤrde um ſo viel mehr Milch erhalten, je oͤf-
terer man melkte. Aber genau angeſtellte Verſuche haben das nicht beſtaͤtigt, in-
dem ſich bei den meiſten ergeben hat, daß man eben ſo viele Milch erhalte, wenn
man taͤglich zwei Mal, als wenn man drei oder vier Mal melkt. Andere haben
zwar etwas mehr Milch erhalten, aber aus dieſer Milch nicht mehrere Butter.
Nur in der Zeit, wo die Milchabſonderung am ſtaͤrkſten iſt und ſo, daß ſie der Eu-
ter nicht ſcheint faſſen zu koͤnnen, ſie vielleicht von ſelbſt ausſpritzet, muß drei
Mal gemolken werden.

Die jedesmal zuerſt kommende Milch iſt minder fett als die zuletzt kommende.
Daß dieſes aber ſo ſehr verſchieden ſey, wie es einige angeben, davon habe ich
mich nicht uͤberzeugen koͤnnen. Wo zum Theil Milch verkauft, zum Theil Butter
gemacht wird, ſondert man zuweilen beide Theile und buttert nur aus letzterem.

§. 53.

Friſcher
Milchverkauf.
Wenn Milch friſch verkauft werden ſoll, ſo kommt es darauf an, ſie in der
niedrigſten Temperatur uͤber den Gefrierpunkt zu erhalten. Wird friſche Milch in
einer Entfernung von eine bis zwei Meilen zur Stadt gebracht, ſo iſt es gewoͤhn-
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[348/0372] Die Molkerei. Das Melken muß wechſelsweiſe aus allen vier Straͤngen geſchehen, wenn auch ein Strang keine Milch mehr geben ſollte. Iſt der Euter unrein geworden, ſo muß er vor dem jedesmaligen Melken ab- gewaſchen werden, weil die geringſte in die Milch kommende Unreinigkeit einen Beiſchmack giebt und die Molkerei außer Credit ſetzen kann. Beſonders iſt dieß bei der gruͤnen Stallfuͤtterung zu beachten. Man hat Kuͤben mit einem Deckel ver- ſehen, worin ſich Waſſer und ein Schwamm oder Lappen befindet, und welche die Maͤgde ſtatt des Schemels gebrauchen und mit ſich forttragen, damit es ihnen, wo noͤthig, nie an Waſſer zum Abwaſchen fehle. Wenn die Maͤgde klagen, daß eine Kuh nicht mehr ſo viele Milch gebe, daß es ſich des Melkens verlohne, ſo unterſuche man, ob dieſe Milch bei maͤßiger Er- waͤrmung ſchon gerinne. Thut ſie das nicht, ſo muß man ſie zu melken fortfah- ren, damit ſie ſich nicht an zu langes Trockenſtehen gewoͤhne. Vier Wochen vor dem Kalben iſt es jedoch jederzeit rathſam, mit dem Melken aufzuhoͤren, wenn die Kuh auch noch ein Quart Milch gaͤbe; ſie wird ſonſt zu ſehr angegriffen. Einige haben behauptet, man wuͤrde um ſo viel mehr Milch erhalten, je oͤf- terer man melkte. Aber genau angeſtellte Verſuche haben das nicht beſtaͤtigt, in- dem ſich bei den meiſten ergeben hat, daß man eben ſo viele Milch erhalte, wenn man taͤglich zwei Mal, als wenn man drei oder vier Mal melkt. Andere haben zwar etwas mehr Milch erhalten, aber aus dieſer Milch nicht mehrere Butter. Nur in der Zeit, wo die Milchabſonderung am ſtaͤrkſten iſt und ſo, daß ſie der Eu- ter nicht ſcheint faſſen zu koͤnnen, ſie vielleicht von ſelbſt ausſpritzet, muß drei Mal gemolken werden. Die jedesmal zuerſt kommende Milch iſt minder fett als die zuletzt kommende. Daß dieſes aber ſo ſehr verſchieden ſey, wie es einige angeben, davon habe ich mich nicht uͤberzeugen koͤnnen. Wo zum Theil Milch verkauft, zum Theil Butter gemacht wird, ſondert man zuweilen beide Theile und buttert nur aus letzterem. §. 53. Wenn Milch friſch verkauft werden ſoll, ſo kommt es darauf an, ſie in der niedrigſten Temperatur uͤber den Gefrierpunkt zu erhalten. Wird friſche Milch in einer Entfernung von eine bis zwei Meilen zur Stadt gebracht, ſo iſt es gewoͤhn- lich die Abend-Milch, die man gleich nach dem Melken in kaltes Waſſer, manch- Friſcher Milchverkauf.

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812, S. 348. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft04_1812/372>, abgerufen am 19.04.2024.