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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812.

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Die Schaafzucht.
schnittene Hammel oder Schöpslamm, das weibliche Mutter-, Zibben-,
Zickeln-, Kilberlamm
.

Von der ersten bis zur zweiten Einwinterung heißen sie Jährlinge.

Von der zweiten bis zur dritten Einwinterung Erstlinge, weil sie dann
in der Regel das erste Lamm gehabt haben; auch Zeitschaaf.

Von der dritten bis zur vierten Einwinterung: Uebererstlinge.

Von der vierten bis zur fünften Einwinterung ist mir kein anderer Name
als Sechszähner bekannt.

Von der fünften bis zur sechsten Einwinterung: vollsätzige Schaafe.

Dann nennt man sie Ueberständer, alte Schaafe.

Ein jedes Schaaf heißt in der Schäfersprache auch ein Noß oder ein Ding.

Die im Herbste von der Begattung ausgeschossenen und zur Zuzucht un-
tanglich erklärten heißen Braackvieh; die im Frühjahre ausgesetzten heißen
Merzvieh. Wenn diese ausgeschossenen in einen besondern Haufen zusam-
mengebracht werden, so heißt dieser der Stechhaufen, der Schnödchen-
haufen
, und wenn sie fett gemacht werden sollen, der Fetthaufen.

Ein Falsches oder Anbrüchiges heißt ein Thier, was nicht recht ge-
sund scheint, besonders wenn sich Bleichsucht äußert.

§. 111.

Die Fütterung der Schaafe muß so eingerichtet werden, daß sie in ihrer
Nahrungskraft sich durchs ganze Jahr mehrentheils gleich bleibe. Nur wird sie
bei den Müttern in der letzten Periode der Trächtigkeit und während des Säu-
gens so lange, als die Lämmer noch kein besonderes Futter erhalten, etwas
verstärkt. Nichts ist dem Zuchtviehe nachtheiliger, als wenn es zuweilen üppig
und überflüssig genährt wird, und dann wieder Hunger leiden muß. In dem
Falle erzeugt jede zu nahrhafte Fütterung Krankheiten, und weil man dies er-
fahren hat, so warnet man unter allen Umständen gegen gewisse kräftige Füt-
terungsmittel und Weidekräuter, die aber nur den ausgehungerten und sich des-
halb darin überfressenden Schaafen nachtheilig sind. Eine reichliche Fütterung
der Zuchtschaafe wird sich vielleicht immer durch den Ertrag der Heerde, aber doch
bei grobwolligen Schaafen nie so hoch, wie bei feinwolligen, bezahlen.


Die Schaafzucht.
ſchnittene Hammel oder Schoͤpslamm, das weibliche Mutter-, Zibben-,
Zickeln-, Kilberlamm
.

Von der erſten bis zur zweiten Einwinterung heißen ſie Jaͤhrlinge.

Von der zweiten bis zur dritten Einwinterung Erſtlinge, weil ſie dann
in der Regel das erſte Lamm gehabt haben; auch Zeitſchaaf.

Von der dritten bis zur vierten Einwinterung: Uebererſtlinge.

Von der vierten bis zur fuͤnften Einwinterung iſt mir kein anderer Name
als Sechszaͤhner bekannt.

Von der fuͤnften bis zur ſechſten Einwinterung: vollſaͤtzige Schaafe.

Dann nennt man ſie Ueberſtaͤnder, alte Schaafe.

Ein jedes Schaaf heißt in der Schaͤferſprache auch ein Noß oder ein Ding.

Die im Herbſte von der Begattung ausgeſchoſſenen und zur Zuzucht un-
tanglich erklaͤrten heißen Braackvieh; die im Fruͤhjahre ausgeſetzten heißen
Merzvieh. Wenn dieſe ausgeſchoſſenen in einen beſondern Haufen zuſam-
mengebracht werden, ſo heißt dieſer der Stechhaufen, der Schnoͤdchen-
haufen
, und wenn ſie fett gemacht werden ſollen, der Fetthaufen.

Ein Falſches oder Anbruͤchiges heißt ein Thier, was nicht recht ge-
ſund ſcheint, beſonders wenn ſich Bleichſucht aͤußert.

§. 111.

Die Fuͤtterung der Schaafe muß ſo eingerichtet werden, daß ſie in ihrer
Nahrungskraft ſich durchs ganze Jahr mehrentheils gleich bleibe. Nur wird ſie
bei den Muͤttern in der letzten Periode der Traͤchtigkeit und waͤhrend des Saͤu-
gens ſo lange, als die Laͤmmer noch kein beſonderes Futter erhalten, etwas
verſtaͤrkt. Nichts iſt dem Zuchtviehe nachtheiliger, als wenn es zuweilen uͤppig
und uͤberfluͤſſig genaͤhrt wird, und dann wieder Hunger leiden muß. In dem
Falle erzeugt jede zu nahrhafte Fuͤtterung Krankheiten, und weil man dies er-
fahren hat, ſo warnet man unter allen Umſtaͤnden gegen gewiſſe kraͤftige Fuͤt-
terungsmittel und Weidekraͤuter, die aber nur den ausgehungerten und ſich des-
halb darin uͤberfreſſenden Schaafen nachtheilig ſind. Eine reichliche Fuͤtterung
der Zuchtſchaafe wird ſich vielleicht immer durch den Ertrag der Heerde, aber doch
bei grobwolligen Schaafen nie ſo hoch, wie bei feinwolligen, bezahlen.


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[406/0430] Die Schaafzucht. ſchnittene Hammel oder Schoͤpslamm, das weibliche Mutter-, Zibben-, Zickeln-, Kilberlamm. Von der erſten bis zur zweiten Einwinterung heißen ſie Jaͤhrlinge. Von der zweiten bis zur dritten Einwinterung Erſtlinge, weil ſie dann in der Regel das erſte Lamm gehabt haben; auch Zeitſchaaf. Von der dritten bis zur vierten Einwinterung: Uebererſtlinge. Von der vierten bis zur fuͤnften Einwinterung iſt mir kein anderer Name als Sechszaͤhner bekannt. Von der fuͤnften bis zur ſechſten Einwinterung: vollſaͤtzige Schaafe. Dann nennt man ſie Ueberſtaͤnder, alte Schaafe. Ein jedes Schaaf heißt in der Schaͤferſprache auch ein Noß oder ein Ding. Die im Herbſte von der Begattung ausgeſchoſſenen und zur Zuzucht un- tanglich erklaͤrten heißen Braackvieh; die im Fruͤhjahre ausgeſetzten heißen Merzvieh. Wenn dieſe ausgeſchoſſenen in einen beſondern Haufen zuſam- mengebracht werden, ſo heißt dieſer der Stechhaufen, der Schnoͤdchen- haufen, und wenn ſie fett gemacht werden ſollen, der Fetthaufen. Ein Falſches oder Anbruͤchiges heißt ein Thier, was nicht recht ge- ſund ſcheint, beſonders wenn ſich Bleichſucht aͤußert. §. 111. Die Fuͤtterung der Schaafe muß ſo eingerichtet werden, daß ſie in ihrer Nahrungskraft ſich durchs ganze Jahr mehrentheils gleich bleibe. Nur wird ſie bei den Muͤttern in der letzten Periode der Traͤchtigkeit und waͤhrend des Saͤu- gens ſo lange, als die Laͤmmer noch kein beſonderes Futter erhalten, etwas verſtaͤrkt. Nichts iſt dem Zuchtviehe nachtheiliger, als wenn es zuweilen uͤppig und uͤberfluͤſſig genaͤhrt wird, und dann wieder Hunger leiden muß. In dem Falle erzeugt jede zu nahrhafte Fuͤtterung Krankheiten, und weil man dies er- fahren hat, ſo warnet man unter allen Umſtaͤnden gegen gewiſſe kraͤftige Fuͤt- terungsmittel und Weidekraͤuter, die aber nur den ausgehungerten und ſich des- halb darin uͤberfreſſenden Schaafen nachtheilig ſind. Eine reichliche Fuͤtterung der Zuchtſchaafe wird ſich vielleicht immer durch den Ertrag der Heerde, aber doch bei grobwolligen Schaafen nie ſo hoch, wie bei feinwolligen, bezahlen.

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812, S. 406. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft04_1812/430>, abgerufen am 24.04.2024.