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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812.

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Die Schaafzucht.
§. 125.

Wann und wo
Hammelma-
stung vortheil-
haft sey?
Die Hammelschäferei kann unter solchen Lokalitäten noch immer vortheil-
haft seyn, wo man eine sehr nahrhafte, aber nicht ganz gesunde und leicht fäu-
lisch machende Weide hat, wo auf feuchterem, reichem Boden die Stoppel der
Getreidefelder und der Wiesen einen kräftigen Nachwuchs gewährt, und wo man
zugleich viele Gelegenheit hat, das Vieh mager wohlfeil anzukaufen und ge-
mästet gut und sicher wieder abzusetzen. Die Wintermastung der Hammel kann
bei einem starken Brachgewächsbau vortheilhaft seyn, und der Absatz der Win-
terhammel, die im Maimonat vollendet sind, fehlt selten in großen und wohl-
habenden Städten, wo um diese Jahreszeit gutes Hammelfleisch noch am meisten
geschätzt wird.

§. 126.

Wie sie zu be-
treiben.
Bei der Hammelmastung ist eine schnelle Vollendung und ein öfterer Um-
satz das vortheilhafteste. Hammel ein ganzes Jahr über gehalten, werden ihre
Fütterung oder Weide selten bezahlen: hat man also Fettweiden, so muß man
sie ihnen reichlich geben, sie nicht stark besetzen, einen Theil schonen, um die
Hammel darauf zu bringen, wenn die Weide auf dem ersteren abnimmt; da dann
ein Geltehaufen die Nachweide verzehren kann. Reicht die Weide nicht vollkom-
men, so muß man ihnen Stallfutter dabei geben, um sie in acht, höchstens zehn
Wochen zu vollenden. Bei der Wintermast muß man von dem Augenblicke an,
wo die eigentliche Mast beginnen soll, so viel Futter geben, wie sie nur verzehren
wollen, und man wird erstaunen, wie viel ein solcher Hammel in der Mitte der
Mastzeit verzehren kann. Hierbei aber wird sich das Futter besser bezahlt ma-
chen, als wenn man damit spart und die Hammel dann in sechzehn Wochen
nicht zu der Feistigkeit bringt, wozu man sie in acht Wochen hätte bringen
können. Zwölf Landhammel, die ich einmal zum Versuch und zu eigenem Ge-
brauch aufstallte, erhielten täglich einen Scheffel Kartoffeln und dabei 1/4 Centner
Heu, kamen aber in sechs bis acht Wochen zu einem solchen Ansatz und zu einer
solchen Güte des Fleisches, daß alle, welche bei mir dieses Fleisch aßen, nie
angenehmeres und saftigeres Fleisch genossen zu haben versicherten, und nunmehr
begriffen, wie die Engländer einen so hohen Werth auf Schaaffleisch setzen könnten.


Hammel,
Die Schaafzucht.
§. 125.

Wann und wo
Hammelma-
ſtung vortheil-
haft ſey?
Die Hammelſchaͤferei kann unter ſolchen Lokalitaͤten noch immer vortheil-
haft ſeyn, wo man eine ſehr nahrhafte, aber nicht ganz geſunde und leicht faͤu-
liſch machende Weide hat, wo auf feuchterem, reichem Boden die Stoppel der
Getreidefelder und der Wieſen einen kraͤftigen Nachwuchs gewaͤhrt, und wo man
zugleich viele Gelegenheit hat, das Vieh mager wohlfeil anzukaufen und ge-
maͤſtet gut und ſicher wieder abzuſetzen. Die Wintermaſtung der Hammel kann
bei einem ſtarken Brachgewaͤchsbau vortheilhaft ſeyn, und der Abſatz der Win-
terhammel, die im Maimonat vollendet ſind, fehlt ſelten in großen und wohl-
habenden Staͤdten, wo um dieſe Jahreszeit gutes Hammelfleiſch noch am meiſten
geſchaͤtzt wird.

§. 126.

Wie ſie zu be-
treiben.
Bei der Hammelmaſtung iſt eine ſchnelle Vollendung und ein oͤfterer Um-
ſatz das vortheilhafteſte. Hammel ein ganzes Jahr uͤber gehalten, werden ihre
Fuͤtterung oder Weide ſelten bezahlen: hat man alſo Fettweiden, ſo muß man
ſie ihnen reichlich geben, ſie nicht ſtark beſetzen, einen Theil ſchonen, um die
Hammel darauf zu bringen, wenn die Weide auf dem erſteren abnimmt; da dann
ein Geltehaufen die Nachweide verzehren kann. Reicht die Weide nicht vollkom-
men, ſo muß man ihnen Stallfutter dabei geben, um ſie in acht, hoͤchſtens zehn
Wochen zu vollenden. Bei der Wintermaſt muß man von dem Augenblicke an,
wo die eigentliche Maſt beginnen ſoll, ſo viel Futter geben, wie ſie nur verzehren
wollen, und man wird erſtaunen, wie viel ein ſolcher Hammel in der Mitte der
Maſtzeit verzehren kann. Hierbei aber wird ſich das Futter beſſer bezahlt ma-
chen, als wenn man damit ſpart und die Hammel dann in ſechzehn Wochen
nicht zu der Feiſtigkeit bringt, wozu man ſie in acht Wochen haͤtte bringen
koͤnnen. Zwoͤlf Landhammel, die ich einmal zum Verſuch und zu eigenem Ge-
brauch aufſtallte, erhielten taͤglich einen Scheffel Kartoffeln und dabei ¼ Centner
Heu, kamen aber in ſechs bis acht Wochen zu einem ſolchen Anſatz und zu einer
ſolchen Guͤte des Fleiſches, daß alle, welche bei mir dieſes Fleiſch aßen, nie
angenehmeres und ſaftigeres Fleiſch genoſſen zu haben verſicherten, und nunmehr
begriffen, wie die Englaͤnder einen ſo hohen Werth auf Schaaffleiſch ſetzen koͤnnten.


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[424/0448] Die Schaafzucht. §. 125. Die Hammelſchaͤferei kann unter ſolchen Lokalitaͤten noch immer vortheil- haft ſeyn, wo man eine ſehr nahrhafte, aber nicht ganz geſunde und leicht faͤu- liſch machende Weide hat, wo auf feuchterem, reichem Boden die Stoppel der Getreidefelder und der Wieſen einen kraͤftigen Nachwuchs gewaͤhrt, und wo man zugleich viele Gelegenheit hat, das Vieh mager wohlfeil anzukaufen und ge- maͤſtet gut und ſicher wieder abzuſetzen. Die Wintermaſtung der Hammel kann bei einem ſtarken Brachgewaͤchsbau vortheilhaft ſeyn, und der Abſatz der Win- terhammel, die im Maimonat vollendet ſind, fehlt ſelten in großen und wohl- habenden Staͤdten, wo um dieſe Jahreszeit gutes Hammelfleiſch noch am meiſten geſchaͤtzt wird. Wann und wo Hammelma- ſtung vortheil- haft ſey? §. 126. Bei der Hammelmaſtung iſt eine ſchnelle Vollendung und ein oͤfterer Um- ſatz das vortheilhafteſte. Hammel ein ganzes Jahr uͤber gehalten, werden ihre Fuͤtterung oder Weide ſelten bezahlen: hat man alſo Fettweiden, ſo muß man ſie ihnen reichlich geben, ſie nicht ſtark beſetzen, einen Theil ſchonen, um die Hammel darauf zu bringen, wenn die Weide auf dem erſteren abnimmt; da dann ein Geltehaufen die Nachweide verzehren kann. Reicht die Weide nicht vollkom- men, ſo muß man ihnen Stallfutter dabei geben, um ſie in acht, hoͤchſtens zehn Wochen zu vollenden. Bei der Wintermaſt muß man von dem Augenblicke an, wo die eigentliche Maſt beginnen ſoll, ſo viel Futter geben, wie ſie nur verzehren wollen, und man wird erſtaunen, wie viel ein ſolcher Hammel in der Mitte der Maſtzeit verzehren kann. Hierbei aber wird ſich das Futter beſſer bezahlt ma- chen, als wenn man damit ſpart und die Hammel dann in ſechzehn Wochen nicht zu der Feiſtigkeit bringt, wozu man ſie in acht Wochen haͤtte bringen koͤnnen. Zwoͤlf Landhammel, die ich einmal zum Verſuch und zu eigenem Ge- brauch aufſtallte, erhielten taͤglich einen Scheffel Kartoffeln und dabei ¼ Centner Heu, kamen aber in ſechs bis acht Wochen zu einem ſolchen Anſatz und zu einer ſolchen Guͤte des Fleiſches, daß alle, welche bei mir dieſes Fleiſch aßen, nie angenehmeres und ſaftigeres Fleiſch genoſſen zu haben verſicherten, und nunmehr begriffen, wie die Englaͤnder einen ſo hohen Werth auf Schaaffleiſch ſetzen koͤnnten. Wie ſie zu be- treiben. Hammel,

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812, S. 424. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft04_1812/448>, abgerufen am 23.04.2024.