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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812.

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Die Schaafzucht.
Schur nicht völlig wieder hergestellt werden kann. Der Gebrauch ist aber ein-
mal in Deutschland so eingeführt und beim Wollhandel so bestimmt angenom-
men, daß er für den Einzelnen schwer abzuändern seyn dürfte. Ungewaschen
kauft man unsre Wolle nicht, und zur reinen Wollwäsche haben wir nicht die An-
stalten. Auch pflegen die Käufer wenn man es versucht, nicht so viel mehr zu
geben, als der stärkere Gewichtsverlust dabei beträgt, indem sie sich die reine Wäsche
mit der Aussortirung der Wolle lieber selbst vorbehalten wollen. In Zeiten, wo
die Wolle sehr gesucht wird, müßten sich besonders die Besitzer vorzüglicher Schä-
fereien vereinigen, ihre Wolle entweder ganz ungewaschen oder nach der Schur rein
gewaschen, wozu die jetzt genugsam bekannten Anstalten in jeder schaafreichen Ge-
gend gemeinschaftlich eingerichtet werden könnten, zu verkaufen. Bei einer voll-
kommnern Wäsche der geschornen Wolle hat man gefunden, daß sie 54 Prozent
verliere, wenn vorher nicht auf dem Pelze gewaschen worden. Bei der Pelzwäsche
verliert die Wolle wahrscheinlich 25 Prozent gegen die ganz ungewaschene.

Der Erfolg der Pelzwäsche hängt theils von der Methode, die verschieden ist,
und der Sorgfalt beim Waschen, theils von der Beschaffenheit des Wassers ab.
Hartes Wasser wird dem fettigen Schmutze nichts anhaben, ein weiches, und noch
mehr ein seifenartiges wird die Wolle ungleich reiner und weißer machen, so wie
es vorzüglich der öfterer von mir erwähnte Pfuhl zu Mögelin bewirkt. Annalen
des Ackerbaues Bd. X. S. 390.

Um die Nachtheile der Pelzwäsche in Rücksicht der unterdrückten Ausdünstung
zu vermindern, ist es von großer Wichtigkeit für die Gesundheit der Schaafe so-
wohl als für die Güte der Wolle, daß man die Ausdünstung durch wärmeres Hal-
ten und nahrhaftes Futter vor der Schur wieder herzustellen suche, und wo mög-
lich eine Zwischenzeit wenigstens von 8 Tagen halte, wobei man denn freilich eine
neue Beschmutzung sorgfältig verhüten muß.

§. 129.

Die Schur.Ueber die Vortheile der zweimaligen oder einmaligen Schur sind die Mei-
nungen sehr verschieden. Bei Merinoschäfereien und selbst bei veredelten hat
man die zweimalige Schur wohl allgemein aufgegeben; indessen haben doch neuer-
lich einige, die ihren Schäfereien vorzügliches und sehr reiches Futter gaben, sich
wieder dazu entschlossen, weil nämlich die Wolle zu lang ward, und die Schaafe

Die Schaafzucht.
Schur nicht voͤllig wieder hergeſtellt werden kann. Der Gebrauch iſt aber ein-
mal in Deutſchland ſo eingefuͤhrt und beim Wollhandel ſo beſtimmt angenom-
men, daß er fuͤr den Einzelnen ſchwer abzuaͤndern ſeyn duͤrfte. Ungewaſchen
kauft man unſre Wolle nicht, und zur reinen Wollwaͤſche haben wir nicht die An-
ſtalten. Auch pflegen die Kaͤufer wenn man es verſucht, nicht ſo viel mehr zu
geben, als der ſtaͤrkere Gewichtsverluſt dabei betraͤgt, indem ſie ſich die reine Waͤſche
mit der Ausſortirung der Wolle lieber ſelbſt vorbehalten wollen. In Zeiten, wo
die Wolle ſehr geſucht wird, muͤßten ſich beſonders die Beſitzer vorzuͤglicher Schaͤ-
fereien vereinigen, ihre Wolle entweder ganz ungewaſchen oder nach der Schur rein
gewaſchen, wozu die jetzt genugſam bekannten Anſtalten in jeder ſchaafreichen Ge-
gend gemeinſchaftlich eingerichtet werden koͤnnten, zu verkaufen. Bei einer voll-
kommnern Waͤſche der geſchornen Wolle hat man gefunden, daß ſie 54 Prozent
verliere, wenn vorher nicht auf dem Pelze gewaſchen worden. Bei der Pelzwaͤſche
verliert die Wolle wahrſcheinlich 25 Prozent gegen die ganz ungewaſchene.

Der Erfolg der Pelzwaͤſche haͤngt theils von der Methode, die verſchieden iſt,
und der Sorgfalt beim Waſchen, theils von der Beſchaffenheit des Waſſers ab.
Hartes Waſſer wird dem fettigen Schmutze nichts anhaben, ein weiches, und noch
mehr ein ſeifenartiges wird die Wolle ungleich reiner und weißer machen, ſo wie
es vorzuͤglich der oͤfterer von mir erwaͤhnte Pfuhl zu Moͤgelin bewirkt. Annalen
des Ackerbaues Bd. X. S. 390.

Um die Nachtheile der Pelzwaͤſche in Ruͤckſicht der unterdruͤckten Ausduͤnſtung
zu vermindern, iſt es von großer Wichtigkeit fuͤr die Geſundheit der Schaafe ſo-
wohl als fuͤr die Guͤte der Wolle, daß man die Ausduͤnſtung durch waͤrmeres Hal-
ten und nahrhaftes Futter vor der Schur wieder herzuſtellen ſuche, und wo moͤg-
lich eine Zwiſchenzeit wenigſtens von 8 Tagen halte, wobei man denn freilich eine
neue Beſchmutzung ſorgfaͤltig verhuͤten muß.

§. 129.

Die Schur.Ueber die Vortheile der zweimaligen oder einmaligen Schur ſind die Mei-
nungen ſehr verſchieden. Bei Merinoſchaͤfereien und ſelbſt bei veredelten hat
man die zweimalige Schur wohl allgemein aufgegeben; indeſſen haben doch neuer-
lich einige, die ihren Schaͤfereien vorzuͤgliches und ſehr reiches Futter gaben, ſich
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[428/0452] Die Schaafzucht. Schur nicht voͤllig wieder hergeſtellt werden kann. Der Gebrauch iſt aber ein- mal in Deutſchland ſo eingefuͤhrt und beim Wollhandel ſo beſtimmt angenom- men, daß er fuͤr den Einzelnen ſchwer abzuaͤndern ſeyn duͤrfte. Ungewaſchen kauft man unſre Wolle nicht, und zur reinen Wollwaͤſche haben wir nicht die An- ſtalten. Auch pflegen die Kaͤufer wenn man es verſucht, nicht ſo viel mehr zu geben, als der ſtaͤrkere Gewichtsverluſt dabei betraͤgt, indem ſie ſich die reine Waͤſche mit der Ausſortirung der Wolle lieber ſelbſt vorbehalten wollen. In Zeiten, wo die Wolle ſehr geſucht wird, muͤßten ſich beſonders die Beſitzer vorzuͤglicher Schaͤ- fereien vereinigen, ihre Wolle entweder ganz ungewaſchen oder nach der Schur rein gewaſchen, wozu die jetzt genugſam bekannten Anſtalten in jeder ſchaafreichen Ge- gend gemeinſchaftlich eingerichtet werden koͤnnten, zu verkaufen. Bei einer voll- kommnern Waͤſche der geſchornen Wolle hat man gefunden, daß ſie 54 Prozent verliere, wenn vorher nicht auf dem Pelze gewaſchen worden. Bei der Pelzwaͤſche verliert die Wolle wahrſcheinlich 25 Prozent gegen die ganz ungewaſchene. Der Erfolg der Pelzwaͤſche haͤngt theils von der Methode, die verſchieden iſt, und der Sorgfalt beim Waſchen, theils von der Beſchaffenheit des Waſſers ab. Hartes Waſſer wird dem fettigen Schmutze nichts anhaben, ein weiches, und noch mehr ein ſeifenartiges wird die Wolle ungleich reiner und weißer machen, ſo wie es vorzuͤglich der oͤfterer von mir erwaͤhnte Pfuhl zu Moͤgelin bewirkt. Annalen des Ackerbaues Bd. X. S. 390. Um die Nachtheile der Pelzwaͤſche in Ruͤckſicht der unterdruͤckten Ausduͤnſtung zu vermindern, iſt es von großer Wichtigkeit fuͤr die Geſundheit der Schaafe ſo- wohl als fuͤr die Guͤte der Wolle, daß man die Ausduͤnſtung durch waͤrmeres Hal- ten und nahrhaftes Futter vor der Schur wieder herzuſtellen ſuche, und wo moͤg- lich eine Zwiſchenzeit wenigſtens von 8 Tagen halte, wobei man denn freilich eine neue Beſchmutzung ſorgfaͤltig verhuͤten muß. §. 129. Ueber die Vortheile der zweimaligen oder einmaligen Schur ſind die Mei- nungen ſehr verſchieden. Bei Merinoſchaͤfereien und ſelbſt bei veredelten hat man die zweimalige Schur wohl allgemein aufgegeben; indeſſen haben doch neuer- lich einige, die ihren Schaͤfereien vorzuͤgliches und ſehr reiches Futter gaben, ſich wieder dazu entſchloſſen, weil naͤmlich die Wolle zu lang ward, und die Schaafe Die Schur.

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812, S. 428. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft04_1812/452>, abgerufen am 28.03.2024.