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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812.

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Die Pferde.

Der Zeitpunkt, wo die Rossigkeit auf den höchsten Grad gestiegen ist, muß
auf eben die Weise, wie es bei den Kühen gesagt worden, genau beobachtet wer-
den, was freilich nicht anders geschehen kann, als wenn man den Hengst zur
Stelle hat. Jedoch dauert der Empfänglichkeitszustand länger wie bei den Kü-
hen. Die Brunst äußert sich mehrentheils wieder schon am 11ten Tage nach
dem Füllen, und sie ist diesmal zum Empfange besonders günstig, weswegen eine
Stute, obgleich sie beinahe ein Jahr trächtig geht, doch jährlich um dieselbe Zeit
ihr Füllen bringen kann.

Es ist eine sehr falsche Maaßregel eine Stute an demselben Tage zweimal
bespringen zu lassen, und überhaupt in derselben Rossigkeitsperiode, wenn anders
der Sprung gehörig vollführt ist.

Das Hauptkennzeichen, daß eine Stute empfangen habe, ist das Ausschla-
gen des Hengstes, wenn sich auch einige Zeichen der Rossigkeit äußern. Man
bemerkt mehrentheils bei einer trächtig gewordenen Stute eine gewisse Trägheit,
öfteres Stallen oder einen Reiz dazu. Nach einem halben Monat bemerkt man
gewöhnlich ein Anschwellen des Euters und der Adern, welche an den Zitzen lie-
gen. Dies dauert aber nur acht Tage, und verzieht sich dann wieder. Nach sechs
Monaten nimmt der Hinterleib etwas zu, so daß er zunächst an den Hinterbei-
nen einen eben so großen Umfang bekommt, als unmittelbar hinter den Vorder-
beinen; doch zeigt sich dies nicht immer. Im achten Monat kann man zuwei-
len bei dem Tränken ein Schlagen des Füllens verspüren, wenn man die Hand
an die Flanke legt.

Eine trächtige Stute kann zu jeder gewöhnlichen Arbeit gebraucht werden,
nur muß man sie für starke Erhitzung hüten, und ihr kein schlechtes Futter ge-
ben. Vom zehnten Monat an wird es indessen rathsam sie mehr zu schonen,
besondes Stöße vermeiden, und heftiges Anspringen und Anziehen. Auch gebe
man ihr mehr konzentrirt nahrhaftes und weniger aufblähendes Futter, und fange
zu Ende dieses Monats an, ihr Schrottrank zur Beförderung der Milch zu reichen.

§. 133.

Wenn sich dann Milch im Euter zeigt, und zu beiden Seiten des Schwei-Geburt des
Füllens.

fes Vertiefungen entstehen, so ist dies ein Zeichen, daß die Geburt sich nähere;
und die Geburtsstunde selbst zeigt sich durch die Unruhe der Stute. Man bringt

Vierter Theil. J i i
Die Pferde.

Der Zeitpunkt, wo die Roſſigkeit auf den hoͤchſten Grad geſtiegen iſt, muß
auf eben die Weiſe, wie es bei den Kuͤhen geſagt worden, genau beobachtet wer-
den, was freilich nicht anders geſchehen kann, als wenn man den Hengſt zur
Stelle hat. Jedoch dauert der Empfaͤnglichkeitszuſtand laͤnger wie bei den Kuͤ-
hen. Die Brunſt aͤußert ſich mehrentheils wieder ſchon am 11ten Tage nach
dem Fuͤllen, und ſie iſt diesmal zum Empfange beſonders guͤnſtig, weswegen eine
Stute, obgleich ſie beinahe ein Jahr traͤchtig geht, doch jaͤhrlich um dieſelbe Zeit
ihr Fuͤllen bringen kann.

Es iſt eine ſehr falſche Maaßregel eine Stute an demſelben Tage zweimal
beſpringen zu laſſen, und uͤberhaupt in derſelben Roſſigkeitsperiode, wenn anders
der Sprung gehoͤrig vollfuͤhrt iſt.

Das Hauptkennzeichen, daß eine Stute empfangen habe, iſt das Ausſchla-
gen des Hengſtes, wenn ſich auch einige Zeichen der Roſſigkeit aͤußern. Man
bemerkt mehrentheils bei einer traͤchtig gewordenen Stute eine gewiſſe Traͤgheit,
oͤfteres Stallen oder einen Reiz dazu. Nach einem halben Monat bemerkt man
gewoͤhnlich ein Anſchwellen des Euters und der Adern, welche an den Zitzen lie-
gen. Dies dauert aber nur acht Tage, und verzieht ſich dann wieder. Nach ſechs
Monaten nimmt der Hinterleib etwas zu, ſo daß er zunaͤchſt an den Hinterbei-
nen einen eben ſo großen Umfang bekommt, als unmittelbar hinter den Vorder-
beinen; doch zeigt ſich dies nicht immer. Im achten Monat kann man zuwei-
len bei dem Traͤnken ein Schlagen des Fuͤllens verſpuͤren, wenn man die Hand
an die Flanke legt.

Eine traͤchtige Stute kann zu jeder gewoͤhnlichen Arbeit gebraucht werden,
nur muß man ſie fuͤr ſtarke Erhitzung huͤten, und ihr kein ſchlechtes Futter ge-
ben. Vom zehnten Monat an wird es indeſſen rathſam ſie mehr zu ſchonen,
beſondes Stoͤße vermeiden, und heftiges Anſpringen und Anziehen. Auch gebe
man ihr mehr konzentrirt nahrhaftes und weniger aufblaͤhendes Futter, und fange
zu Ende dieſes Monats an, ihr Schrottrank zur Befoͤrderung der Milch zu reichen.

§. 133.

Wenn ſich dann Milch im Euter zeigt, und zu beiden Seiten des Schwei-Geburt des
Fuͤllens.

fes Vertiefungen entſtehen, ſo iſt dies ein Zeichen, daß die Geburt ſich naͤhere;
und die Geburtsſtunde ſelbſt zeigt ſich durch die Unruhe der Stute. Man bringt

Vierter Theil. J i i
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[433/0457] Die Pferde. Der Zeitpunkt, wo die Roſſigkeit auf den hoͤchſten Grad geſtiegen iſt, muß auf eben die Weiſe, wie es bei den Kuͤhen geſagt worden, genau beobachtet wer- den, was freilich nicht anders geſchehen kann, als wenn man den Hengſt zur Stelle hat. Jedoch dauert der Empfaͤnglichkeitszuſtand laͤnger wie bei den Kuͤ- hen. Die Brunſt aͤußert ſich mehrentheils wieder ſchon am 11ten Tage nach dem Fuͤllen, und ſie iſt diesmal zum Empfange beſonders guͤnſtig, weswegen eine Stute, obgleich ſie beinahe ein Jahr traͤchtig geht, doch jaͤhrlich um dieſelbe Zeit ihr Fuͤllen bringen kann. Es iſt eine ſehr falſche Maaßregel eine Stute an demſelben Tage zweimal beſpringen zu laſſen, und uͤberhaupt in derſelben Roſſigkeitsperiode, wenn anders der Sprung gehoͤrig vollfuͤhrt iſt. Das Hauptkennzeichen, daß eine Stute empfangen habe, iſt das Ausſchla- gen des Hengſtes, wenn ſich auch einige Zeichen der Roſſigkeit aͤußern. Man bemerkt mehrentheils bei einer traͤchtig gewordenen Stute eine gewiſſe Traͤgheit, oͤfteres Stallen oder einen Reiz dazu. Nach einem halben Monat bemerkt man gewoͤhnlich ein Anſchwellen des Euters und der Adern, welche an den Zitzen lie- gen. Dies dauert aber nur acht Tage, und verzieht ſich dann wieder. Nach ſechs Monaten nimmt der Hinterleib etwas zu, ſo daß er zunaͤchſt an den Hinterbei- nen einen eben ſo großen Umfang bekommt, als unmittelbar hinter den Vorder- beinen; doch zeigt ſich dies nicht immer. Im achten Monat kann man zuwei- len bei dem Traͤnken ein Schlagen des Fuͤllens verſpuͤren, wenn man die Hand an die Flanke legt. Eine traͤchtige Stute kann zu jeder gewoͤhnlichen Arbeit gebraucht werden, nur muß man ſie fuͤr ſtarke Erhitzung huͤten, und ihr kein ſchlechtes Futter ge- ben. Vom zehnten Monat an wird es indeſſen rathſam ſie mehr zu ſchonen, beſondes Stoͤße vermeiden, und heftiges Anſpringen und Anziehen. Auch gebe man ihr mehr konzentrirt nahrhaftes und weniger aufblaͤhendes Futter, und fange zu Ende dieſes Monats an, ihr Schrottrank zur Befoͤrderung der Milch zu reichen. §. 133. Wenn ſich dann Milch im Euter zeigt, und zu beiden Seiten des Schwei- fes Vertiefungen entſtehen, ſo iſt dies ein Zeichen, daß die Geburt ſich naͤhere; und die Geburtsſtunde ſelbſt zeigt ſich durch die Unruhe der Stute. Man bringt Geburt des Fuͤllens. Vierter Theil. J i i

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812, S. 433. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft04_1812/457>, abgerufen am 29.03.2024.