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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812.

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Die Pferde.
§. 136.

Die gewöhnlichste und Hauptfütterung besteht in Körnern, und man hältDie Körner-
fütterung.

gewöhnlich den Hafer für das angemessenste. Wenn indessen anderes Getreide
in Verhältniß seiner Nahrhaftigkeit mit mehrerem und feinem Häcksel, wel-
cher die Stelle der Hülsen beim Hafer vertritt, gefüttert wird, so haben auf-
merksame Beobachter nicht den geringsten Unterschied dabei bemerkt. Am häu-
figsten braucht man den Rocken als Surrogat des Hafers. Die ungeschrotene
Gerste wird von einigen getadelt, weil sie größtentheils unverdauet wieder ab-
gehen soll, wird jedoch von andern sehr gerühmt. Weizen kommt als Pferde-
futter nur selten vor, und einige haben ihn, wo er im Nothfalle gefüttert wurde,
höchst schädlich befunden, was mir aber bei genauerer Nachfrage nur daher zu
rühren schien, daß er nicht gehörig mit Häcksel angemengt war, ohne welchen
er freilich den Magen sehr leicht wird verkleistern können. Ich habe ihn ein-
mal, wie er gegen andres Getreide im geringen Preise stand, mit dem besten
Erfolge, aber mit vielem Häcksel gemengt, gefüttert.

Die Rationen eines Pferdes werden gewöhnlich nach Hafer, als dem ge-
wöhnlichsten Futter bestimmt. Aber kein Getreide ist so ungleich in seinen Nah-
rungstheilen, wie der Hafer in einem gewissen Maaße. Es haben daher
mehrere sehr richtig den Grundsatz angenommen, nach dem Gewichte und nicht
nach dem Maaße zu füttern, oder dieses doch nach jenem zu modificiren. Es
kommt zuweilen Hafer vor, wovon der Scheffel nicht über 36 Pfd. wiegt, und
andrer, der 54 Pfd. schwer ist. In dem Falle ersetzt aber jener leichtere Hafer
den schwerern nicht, wenn man die Fütterung auch nach dem Gewichte einrichtet,
9 Metzen von dem leichten nicht 6 Metzen von dem schweren, weil man bei
gleichem Gewichte unter jenem mehr Hülsen und weniger Mehl hat, wie unter
diesem. Es sind wahrscheinlich 10 Metzen von dem 36pfündigen Hafer nöthig,
um 6 Metzen von dem 54pfündigen zu ersetzen. Wenn man 48pfündigen Hafer,
was schon ein sehr guter Hafer ist, annimmt, so rechnet man bei uns auf ein
Ackerpferd mittlerer Größe bei gewöhnlicher Arbeit täglich 3 Metzen oder 9 Pfd.
Hafer, wenn es dabei 8 Pfd. Heu bekömmt, und hierbei können Pferde dieses
Schlages im Durchschnitt gut bestehen, müssen jedoch bei ungewöhnlichen Ar-
beiten eine Zugabe erhalten. Kleineren Pferden, die nicht angestrengt werden,

Die Pferde.
§. 136.

Die gewoͤhnlichſte und Hauptfuͤtterung beſteht in Koͤrnern, und man haͤltDie Koͤrner-
fuͤtterung.

gewoͤhnlich den Hafer fuͤr das angemeſſenſte. Wenn indeſſen anderes Getreide
in Verhaͤltniß ſeiner Nahrhaftigkeit mit mehrerem und feinem Haͤckſel, wel-
cher die Stelle der Huͤlſen beim Hafer vertritt, gefuͤttert wird, ſo haben auf-
merkſame Beobachter nicht den geringſten Unterſchied dabei bemerkt. Am haͤu-
figſten braucht man den Rocken als Surrogat des Hafers. Die ungeſchrotene
Gerſte wird von einigen getadelt, weil ſie groͤßtentheils unverdauet wieder ab-
gehen ſoll, wird jedoch von andern ſehr geruͤhmt. Weizen kommt als Pferde-
futter nur ſelten vor, und einige haben ihn, wo er im Nothfalle gefuͤttert wurde,
hoͤchſt ſchaͤdlich befunden, was mir aber bei genauerer Nachfrage nur daher zu
ruͤhren ſchien, daß er nicht gehoͤrig mit Haͤckſel angemengt war, ohne welchen
er freilich den Magen ſehr leicht wird verkleiſtern koͤnnen. Ich habe ihn ein-
mal, wie er gegen andres Getreide im geringen Preiſe ſtand, mit dem beſten
Erfolge, aber mit vielem Haͤckſel gemengt, gefuͤttert.

Die Rationen eines Pferdes werden gewoͤhnlich nach Hafer, als dem ge-
woͤhnlichſten Futter beſtimmt. Aber kein Getreide iſt ſo ungleich in ſeinen Nah-
rungstheilen, wie der Hafer in einem gewiſſen Maaße. Es haben daher
mehrere ſehr richtig den Grundſatz angenommen, nach dem Gewichte und nicht
nach dem Maaße zu fuͤttern, oder dieſes doch nach jenem zu modificiren. Es
kommt zuweilen Hafer vor, wovon der Scheffel nicht uͤber 36 Pfd. wiegt, und
andrer, der 54 Pfd. ſchwer iſt. In dem Falle erſetzt aber jener leichtere Hafer
den ſchwerern nicht, wenn man die Fuͤtterung auch nach dem Gewichte einrichtet,
9 Metzen von dem leichten nicht 6 Metzen von dem ſchweren, weil man bei
gleichem Gewichte unter jenem mehr Huͤlſen und weniger Mehl hat, wie unter
dieſem. Es ſind wahrſcheinlich 10 Metzen von dem 36pfuͤndigen Hafer noͤthig,
um 6 Metzen von dem 54pfuͤndigen zu erſetzen. Wenn man 48pfuͤndigen Hafer,
was ſchon ein ſehr guter Hafer iſt, annimmt, ſo rechnet man bei uns auf ein
Ackerpferd mittlerer Groͤße bei gewoͤhnlicher Arbeit taͤglich 3 Metzen oder 9 Pfd.
Hafer, wenn es dabei 8 Pfd. Heu bekoͤmmt, und hierbei koͤnnen Pferde dieſes
Schlages im Durchſchnitt gut beſtehen, muͤſſen jedoch bei ungewoͤhnlichen Ar-
beiten eine Zugabe erhalten. Kleineren Pferden, die nicht angeſtrengt werden,

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[437/0461] Die Pferde. §. 136. Die gewoͤhnlichſte und Hauptfuͤtterung beſteht in Koͤrnern, und man haͤlt gewoͤhnlich den Hafer fuͤr das angemeſſenſte. Wenn indeſſen anderes Getreide in Verhaͤltniß ſeiner Nahrhaftigkeit mit mehrerem und feinem Haͤckſel, wel- cher die Stelle der Huͤlſen beim Hafer vertritt, gefuͤttert wird, ſo haben auf- merkſame Beobachter nicht den geringſten Unterſchied dabei bemerkt. Am haͤu- figſten braucht man den Rocken als Surrogat des Hafers. Die ungeſchrotene Gerſte wird von einigen getadelt, weil ſie groͤßtentheils unverdauet wieder ab- gehen ſoll, wird jedoch von andern ſehr geruͤhmt. Weizen kommt als Pferde- futter nur ſelten vor, und einige haben ihn, wo er im Nothfalle gefuͤttert wurde, hoͤchſt ſchaͤdlich befunden, was mir aber bei genauerer Nachfrage nur daher zu ruͤhren ſchien, daß er nicht gehoͤrig mit Haͤckſel angemengt war, ohne welchen er freilich den Magen ſehr leicht wird verkleiſtern koͤnnen. Ich habe ihn ein- mal, wie er gegen andres Getreide im geringen Preiſe ſtand, mit dem beſten Erfolge, aber mit vielem Haͤckſel gemengt, gefuͤttert. Die Koͤrner- fuͤtterung. Die Rationen eines Pferdes werden gewoͤhnlich nach Hafer, als dem ge- woͤhnlichſten Futter beſtimmt. Aber kein Getreide iſt ſo ungleich in ſeinen Nah- rungstheilen, wie der Hafer in einem gewiſſen Maaße. Es haben daher mehrere ſehr richtig den Grundſatz angenommen, nach dem Gewichte und nicht nach dem Maaße zu fuͤttern, oder dieſes doch nach jenem zu modificiren. Es kommt zuweilen Hafer vor, wovon der Scheffel nicht uͤber 36 Pfd. wiegt, und andrer, der 54 Pfd. ſchwer iſt. In dem Falle erſetzt aber jener leichtere Hafer den ſchwerern nicht, wenn man die Fuͤtterung auch nach dem Gewichte einrichtet, 9 Metzen von dem leichten nicht 6 Metzen von dem ſchweren, weil man bei gleichem Gewichte unter jenem mehr Huͤlſen und weniger Mehl hat, wie unter dieſem. Es ſind wahrſcheinlich 10 Metzen von dem 36pfuͤndigen Hafer noͤthig, um 6 Metzen von dem 54pfuͤndigen zu erſetzen. Wenn man 48pfuͤndigen Hafer, was ſchon ein ſehr guter Hafer iſt, annimmt, ſo rechnet man bei uns auf ein Ackerpferd mittlerer Groͤße bei gewoͤhnlicher Arbeit taͤglich 3 Metzen oder 9 Pfd. Hafer, wenn es dabei 8 Pfd. Heu bekoͤmmt, und hierbei koͤnnen Pferde dieſes Schlages im Durchſchnitt gut beſtehen, muͤſſen jedoch bei ungewoͤhnlichen Ar- beiten eine Zugabe erhalten. Kleineren Pferden, die nicht angeſtrengt werden,

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812, S. 437. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft04_1812/461>, abgerufen am 28.03.2024.