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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812.

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Drillkultur.
nicht beikommen, was in den Saatreihen aufschießt. Das Wurzelunkraut steht
den Furchenziehern und Hackeisen im Wege, verursacht daß sie die Erde schlep-
pen, und wird wohl zum Theil aber nicht völlig herausgehoben. Vom Saamen-
Unkraut wird zwar vieles zerstört, aber das in den Reihen stehende kommt um
so stärker auf und verbreitet wieder seinen Saamen in die gelockerte Erde. Da-
her wird es selten glücken, ein sehr unreines Feld durch das Drillen rein zu
schaffen; aber reines Feld bleibt dabei rein, wenn man die nun sehr geringe und
leicht zu controllirende Arbeit -- die Reihen durchgehen und das einzelne in Blüte
stehende Unkraut ausziehen zu lassen -- anwendet.

§. 113.

Die Drillkultur macht es eher wie die gewöhnliche möglich, die Regeln desIn wiefern
diese Kultur
zu verschiede-
nen Feldrota-
tionen passe.

Fruchtwechsels ganz außer Augen zu setzen, und viele Getreideernten nacheinander
zu nehmen, weil sie den Boden rein und locker erhält. Ein gedrillter und gehörig
gepferdehackter Acker zeigt sich mehrentheils nach der ersten Furche so mürbe und
zerfallend, daß man darauf sogleich eine neue Saat einbringen kann. Es ist
daher eine sehr unrichtige Vorstellung, daß die Drillkultur mit der sogenannten
Fruchtwechselwirthschaft in enger Verbindung stehe. Vielmehr macht diese die all-
gemeine Anwendung des Drillens bei allen Saaten schwierig, und dies ist ein
Hauptgrund, den Arthur Young und einige Engländer dagegen anführen.
Wenn unter die nach Hackfrüchten folgende Gerste Klee gesäet werden soll, so kann
es nicht eher geschehen, als bis das Hacken vollendet ist; man muß es nun un-
mittelbar nach dem letzten Hacken thun, damit der Saamen frische Krume erhalte.
Er fällt nun in die vertieften Reihen und läuft bei günstiger Witterung dann sehr
gut reihenweise auf. Eine ungünstige Witterung kann ihn aber, wie mich Erfah-
rung gelehrt hat, auch völlig unterdrücken: einmal kam unmittelbar nach der Aus-
saat ein heftiger Schlagregen, der die angehäufte lockere Erde in die kleinen Fur-
chen zurückschwemmte, und nun den Boden so zuschlug, daß der Klee nicht durch-
kommen konnte; ein andres mal, im Jahre 1810, verhinderte die nach der spä-
ten Aussaat eintretende anhaltende Dürre den Klee zu keimen oder ließ ihn ver-
dorren, wenn er gekeimt hatte. Man läuft also immer bei dieser späten Aussaat,
wobei man den Klee mit der Erdkrume nicht in innige Berührung bringen kann,
Gefahr, daß er mißrathe, und dies ist ein so großes Uebel, daß ich mir vorge-

Drillkultur.
nicht beikommen, was in den Saatreihen aufſchießt. Das Wurzelunkraut ſteht
den Furchenziehern und Hackeiſen im Wege, verurſacht daß ſie die Erde ſchlep-
pen, und wird wohl zum Theil aber nicht voͤllig herausgehoben. Vom Saamen-
Unkraut wird zwar vieles zerſtoͤrt, aber das in den Reihen ſtehende kommt um
ſo ſtaͤrker auf und verbreitet wieder ſeinen Saamen in die gelockerte Erde. Da-
her wird es ſelten gluͤcken, ein ſehr unreines Feld durch das Drillen rein zu
ſchaffen; aber reines Feld bleibt dabei rein, wenn man die nun ſehr geringe und
leicht zu controllirende Arbeit — die Reihen durchgehen und das einzelne in Bluͤte
ſtehende Unkraut ausziehen zu laſſen — anwendet.

§. 113.

Die Drillkultur macht es eher wie die gewoͤhnliche moͤglich, die Regeln desIn wiefern
dieſe Kultur
zu verſchiede-
nen Feldrota-
tionen paſſe.

Fruchtwechſels ganz außer Augen zu ſetzen, und viele Getreideernten nacheinander
zu nehmen, weil ſie den Boden rein und locker erhaͤlt. Ein gedrillter und gehoͤrig
gepferdehackter Acker zeigt ſich mehrentheils nach der erſten Furche ſo muͤrbe und
zerfallend, daß man darauf ſogleich eine neue Saat einbringen kann. Es iſt
daher eine ſehr unrichtige Vorſtellung, daß die Drillkultur mit der ſogenannten
Fruchtwechſelwirthſchaft in enger Verbindung ſtehe. Vielmehr macht dieſe die all-
gemeine Anwendung des Drillens bei allen Saaten ſchwierig, und dies iſt ein
Hauptgrund, den Arthur Young und einige Englaͤnder dagegen anfuͤhren.
Wenn unter die nach Hackfruͤchten folgende Gerſte Klee geſaͤet werden ſoll, ſo kann
es nicht eher geſchehen, als bis das Hacken vollendet iſt; man muß es nun un-
mittelbar nach dem letzten Hacken thun, damit der Saamen friſche Krume erhalte.
Er faͤllt nun in die vertieften Reihen und laͤuft bei guͤnſtiger Witterung dann ſehr
gut reihenweiſe auf. Eine unguͤnſtige Witterung kann ihn aber, wie mich Erfah-
rung gelehrt hat, auch voͤllig unterdruͤcken: einmal kam unmittelbar nach der Aus-
ſaat ein heftiger Schlagregen, der die angehaͤufte lockere Erde in die kleinen Fur-
chen zuruͤckſchwemmte, und nun den Boden ſo zuſchlug, daß der Klee nicht durch-
kommen konnte; ein andres mal, im Jahre 1810, verhinderte die nach der ſpaͤ-
ten Ausſaat eintretende anhaltende Duͤrre den Klee zu keimen oder ließ ihn ver-
dorren, wenn er gekeimt hatte. Man laͤuft alſo immer bei dieſer ſpaͤten Ausſaat,
wobei man den Klee mit der Erdkrume nicht in innige Beruͤhrung bringen kann,
Gefahr, daß er mißrathe, und dies iſt ein ſo großes Uebel, daß ich mir vorge-

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[101/0125] Drillkultur. nicht beikommen, was in den Saatreihen aufſchießt. Das Wurzelunkraut ſteht den Furchenziehern und Hackeiſen im Wege, verurſacht daß ſie die Erde ſchlep- pen, und wird wohl zum Theil aber nicht voͤllig herausgehoben. Vom Saamen- Unkraut wird zwar vieles zerſtoͤrt, aber das in den Reihen ſtehende kommt um ſo ſtaͤrker auf und verbreitet wieder ſeinen Saamen in die gelockerte Erde. Da- her wird es ſelten gluͤcken, ein ſehr unreines Feld durch das Drillen rein zu ſchaffen; aber reines Feld bleibt dabei rein, wenn man die nun ſehr geringe und leicht zu controllirende Arbeit — die Reihen durchgehen und das einzelne in Bluͤte ſtehende Unkraut ausziehen zu laſſen — anwendet. §. 113. Die Drillkultur macht es eher wie die gewoͤhnliche moͤglich, die Regeln des Fruchtwechſels ganz außer Augen zu ſetzen, und viele Getreideernten nacheinander zu nehmen, weil ſie den Boden rein und locker erhaͤlt. Ein gedrillter und gehoͤrig gepferdehackter Acker zeigt ſich mehrentheils nach der erſten Furche ſo muͤrbe und zerfallend, daß man darauf ſogleich eine neue Saat einbringen kann. Es iſt daher eine ſehr unrichtige Vorſtellung, daß die Drillkultur mit der ſogenannten Fruchtwechſelwirthſchaft in enger Verbindung ſtehe. Vielmehr macht dieſe die all- gemeine Anwendung des Drillens bei allen Saaten ſchwierig, und dies iſt ein Hauptgrund, den Arthur Young und einige Englaͤnder dagegen anfuͤhren. Wenn unter die nach Hackfruͤchten folgende Gerſte Klee geſaͤet werden ſoll, ſo kann es nicht eher geſchehen, als bis das Hacken vollendet iſt; man muß es nun un- mittelbar nach dem letzten Hacken thun, damit der Saamen friſche Krume erhalte. Er faͤllt nun in die vertieften Reihen und laͤuft bei guͤnſtiger Witterung dann ſehr gut reihenweiſe auf. Eine unguͤnſtige Witterung kann ihn aber, wie mich Erfah- rung gelehrt hat, auch voͤllig unterdruͤcken: einmal kam unmittelbar nach der Aus- ſaat ein heftiger Schlagregen, der die angehaͤufte lockere Erde in die kleinen Fur- chen zuruͤckſchwemmte, und nun den Boden ſo zuſchlug, daß der Klee nicht durch- kommen konnte; ein andres mal, im Jahre 1810, verhinderte die nach der ſpaͤ- ten Ausſaat eintretende anhaltende Duͤrre den Klee zu keimen oder ließ ihn ver- dorren, wenn er gekeimt hatte. Man laͤuft alſo immer bei dieſer ſpaͤten Ausſaat, wobei man den Klee mit der Erdkrume nicht in innige Beruͤhrung bringen kann, Gefahr, daß er mißrathe, und dies iſt ein ſo großes Uebel, daß ich mir vorge- In wiefern dieſe Kultur zu verſchiede- nen Feldrota- tionen paſſe.

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812, S. 101. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft04_1812/125>, abgerufen am 19.04.2024.