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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812.

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Drillkultur.
daß der Vortheil immer größer geworden sey, je länger sie die Kultur fortgesetzt
hätten; andre dagegen gestehen ein, daß er geringer geworden sey. Jene hatten,
ohne Zweifel, nach Verhältniß der aus dem Boden gezogenen Ernten ihm Dün-
ger wieder gegeben; diese hatten dies, vielleicht aus zu großem Zutrauen auf die
Wirkung des Pferdehackens, unterlassen. Denn daß bei der Drillwirthschaft durch
die stärkeren Ernten der Boden stärker erschöpft werde, ist nicht zu bezweifeln, wenn
sich dies gleich nicht in den ersten Jahren äußert.

Allemal erhält das gedrillte Korn eine größere Vollkommenheit. Es wiegt
nach den Resultaten aller Versuche schwerer als das breitwürfige. Bei der zwei-
zeiligen Gerste habe ich einmal einen Unterschied von 6 Pfund per Scheffel gefun-
den, und beim Weizen ist ein noch größerer gewesen. Das Korn ist groß und voll
ausgewachsen, daher schickt es sich zur Saat vorzüglich. Um gutes Saatgetreide
zu gewinnen, kann man also einer jeden größeren Wirthschaft eine Drillmaschine
empfehlen.

§. 119.

Sie ist doch
nicht allge-
mein einzu-
führen.
Aber zur allgemeinen Drillkultur -- sey es auch nur der Winterung -- kön-
nen wir nur in solchen Wirthschaften rathen, die sich schon auf einer hohen Stufe
der Kultur im Ganzen befinden, und in denen der Ackerbau mit der größten Aufmerk-
samkeit und Intelligenz betrieben wird. Die gedrillten Saaten bedürfen einer ge-
nauen Beachtung, um den gerechten Zeitpunkt und die angemessenste Art des
Pferdehackens zu treffen. Ein Versehen kann hier sehr nachtheilig werden. Wer
daher das Drillen nicht kennt, muß im Kleinen damit anfangen, um erst einen
sichern Takt zu bekommen; alle Anfänger sind zu furchtsam mit dem Pferdehacken,
oder zu dreist. Auf einem armen Boden lohnt aber das Drillen im Verhältniß
der Sorgfalt, die es erfordert, nicht genug. Endlich giebt es in einer noch nicht
völlig organisirten Wirthschaft der Gegenstände so viele, welche die Aufmerksam-
keit des Eigenthümers oder des Aufsehers fordern, da es nicht rathsam scheint,
diese durch das Drillen noch mehr zu distrahiren.

§. 120.

Das Pferde-
hacken.
Das Pferdehacken der Winterung geschiehet erst im Frühjahre; im Herbst
hat man, auch bei sehr früher Saat, keinen Nutzen davon verspüret. Es ist
vorzunehmen, sobald die Vegetation sich zu zeigen anfängt, und der Boden ziem-

Drillkultur.
daß der Vortheil immer groͤßer geworden ſey, je laͤnger ſie die Kultur fortgeſetzt
haͤtten; andre dagegen geſtehen ein, daß er geringer geworden ſey. Jene hatten,
ohne Zweifel, nach Verhaͤltniß der aus dem Boden gezogenen Ernten ihm Duͤn-
ger wieder gegeben; dieſe hatten dies, vielleicht aus zu großem Zutrauen auf die
Wirkung des Pferdehackens, unterlaſſen. Denn daß bei der Drillwirthſchaft durch
die ſtaͤrkeren Ernten der Boden ſtaͤrker erſchoͤpft werde, iſt nicht zu bezweifeln, wenn
ſich dies gleich nicht in den erſten Jahren aͤußert.

Allemal erhaͤlt das gedrillte Korn eine groͤßere Vollkommenheit. Es wiegt
nach den Reſultaten aller Verſuche ſchwerer als das breitwuͤrfige. Bei der zwei-
zeiligen Gerſte habe ich einmal einen Unterſchied von 6 Pfund per Scheffel gefun-
den, und beim Weizen iſt ein noch groͤßerer geweſen. Das Korn iſt groß und voll
ausgewachſen, daher ſchickt es ſich zur Saat vorzuͤglich. Um gutes Saatgetreide
zu gewinnen, kann man alſo einer jeden groͤßeren Wirthſchaft eine Drillmaſchine
empfehlen.

§. 119.

Sie iſt doch
nicht allge-
mein einzu-
fuͤhren.
Aber zur allgemeinen Drillkultur — ſey es auch nur der Winterung — koͤn-
nen wir nur in ſolchen Wirthſchaften rathen, die ſich ſchon auf einer hohen Stufe
der Kultur im Ganzen befinden, und in denen der Ackerbau mit der groͤßten Aufmerk-
ſamkeit und Intelligenz betrieben wird. Die gedrillten Saaten beduͤrfen einer ge-
nauen Beachtung, um den gerechten Zeitpunkt und die angemeſſenſte Art des
Pferdehackens zu treffen. Ein Verſehen kann hier ſehr nachtheilig werden. Wer
daher das Drillen nicht kennt, muß im Kleinen damit anfangen, um erſt einen
ſichern Takt zu bekommen; alle Anfaͤnger ſind zu furchtſam mit dem Pferdehacken,
oder zu dreiſt. Auf einem armen Boden lohnt aber das Drillen im Verhaͤltniß
der Sorgfalt, die es erfordert, nicht genug. Endlich giebt es in einer noch nicht
voͤllig organiſirten Wirthſchaft der Gegenſtaͤnde ſo viele, welche die Aufmerkſam-
keit des Eigenthuͤmers oder des Aufſehers fordern, da es nicht rathſam ſcheint,
dieſe durch das Drillen noch mehr zu diſtrahiren.

§. 120.

Das Pferde-
hacken.
Das Pferdehacken der Winterung geſchiehet erſt im Fruͤhjahre; im Herbſt
hat man, auch bei ſehr fruͤher Saat, keinen Nutzen davon verſpuͤret. Es iſt
vorzunehmen, ſobald die Vegetation ſich zu zeigen anfaͤngt, und der Boden ziem-

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[106/0130] Drillkultur. daß der Vortheil immer groͤßer geworden ſey, je laͤnger ſie die Kultur fortgeſetzt haͤtten; andre dagegen geſtehen ein, daß er geringer geworden ſey. Jene hatten, ohne Zweifel, nach Verhaͤltniß der aus dem Boden gezogenen Ernten ihm Duͤn- ger wieder gegeben; dieſe hatten dies, vielleicht aus zu großem Zutrauen auf die Wirkung des Pferdehackens, unterlaſſen. Denn daß bei der Drillwirthſchaft durch die ſtaͤrkeren Ernten der Boden ſtaͤrker erſchoͤpft werde, iſt nicht zu bezweifeln, wenn ſich dies gleich nicht in den erſten Jahren aͤußert. Allemal erhaͤlt das gedrillte Korn eine groͤßere Vollkommenheit. Es wiegt nach den Reſultaten aller Verſuche ſchwerer als das breitwuͤrfige. Bei der zwei- zeiligen Gerſte habe ich einmal einen Unterſchied von 6 Pfund per Scheffel gefun- den, und beim Weizen iſt ein noch groͤßerer geweſen. Das Korn iſt groß und voll ausgewachſen, daher ſchickt es ſich zur Saat vorzuͤglich. Um gutes Saatgetreide zu gewinnen, kann man alſo einer jeden groͤßeren Wirthſchaft eine Drillmaſchine empfehlen. §. 119. Aber zur allgemeinen Drillkultur — ſey es auch nur der Winterung — koͤn- nen wir nur in ſolchen Wirthſchaften rathen, die ſich ſchon auf einer hohen Stufe der Kultur im Ganzen befinden, und in denen der Ackerbau mit der groͤßten Aufmerk- ſamkeit und Intelligenz betrieben wird. Die gedrillten Saaten beduͤrfen einer ge- nauen Beachtung, um den gerechten Zeitpunkt und die angemeſſenſte Art des Pferdehackens zu treffen. Ein Verſehen kann hier ſehr nachtheilig werden. Wer daher das Drillen nicht kennt, muß im Kleinen damit anfangen, um erſt einen ſichern Takt zu bekommen; alle Anfaͤnger ſind zu furchtſam mit dem Pferdehacken, oder zu dreiſt. Auf einem armen Boden lohnt aber das Drillen im Verhaͤltniß der Sorgfalt, die es erfordert, nicht genug. Endlich giebt es in einer noch nicht voͤllig organiſirten Wirthſchaft der Gegenſtaͤnde ſo viele, welche die Aufmerkſam- keit des Eigenthuͤmers oder des Aufſehers fordern, da es nicht rathſam ſcheint, dieſe durch das Drillen noch mehr zu diſtrahiren. Sie iſt doch nicht allge- mein einzu- fuͤhren. §. 120. Das Pferdehacken der Winterung geſchiehet erſt im Fruͤhjahre; im Herbſt hat man, auch bei ſehr fruͤher Saat, keinen Nutzen davon verſpuͤret. Es iſt vorzunehmen, ſobald die Vegetation ſich zu zeigen anfaͤngt, und der Boden ziem- Das Pferde- hacken.

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft04_1812/130>, abgerufen am 18.04.2024.