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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812.

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Senf. Chinesische Oelrettig.

Die reizende Schärfe dieser Saamen hat nicht im Oel, sondern in der
Hülse ihren Sitz, und der scharfe englische Senf soll daraus verfertigt werden,
nachdem man das Oel ausgepreßt hat.

Der Senf nimmt, der Versicherung nach, mit schlechterem Boden als der
Sommerraps vorlieb, und ist gegen Frost minder empfindlich. Er kann daher
früher gesäet werden, und das muß geschehen, weil er dem Erdfloh besonders aus-
gesetzt ist; den Käfern und ihren Maden aber weniger. Er blühet sehr lange,
giebt den Bienen eine vorzügliche Nahrung, und setzt nach und nach seine Schoo-
ten an. Man muß die Reifung der ersten, besonders beim schwarzen Senf, ge-
nau wahrnehmen, um ihn zu schneiden.

§. 213.

Sein Ertrag ist im Durchschnitt weit stärker wie der des Sommerrübsens.
Hat man Gelegenheit ihn an Mostrichbereiter zu verkaufen, so erhält man ihn
am theuersten bezahlt. Aber auch zum Oelschlagen ist er, seiner Ergiebigkeit we-
gen, vortheilhafter wie der Sommerrübsen, und verdiente daher vor diesem in
jeder Rücksicht den Vorzug, außer vielleicht darin nicht, daß er früher gesäet wer-
den, und man folglich mit der Vorbereitung des Ackers mehr eilen muß.

Die zurückbleibenden Oelkuchen sollen dem Vieh als eine reizende und gelind
abführende Arzenei höchst wohlthätig seyn, wenn sie zerstoßen auf das Futter ge-
streuet werden.

Der chinesische Oelrettig, Raphanus chinensis oleiferus,
§. 214.

eine Abart des gemeinen Rettigs, ist wegen seines leichten Anbaues, seiner Ein-
träglichkeit an Saamen und dessen Oelhaltigkeit sehr dringend empfohlen, aber nir-
gends nachhaltig aufgenommen worden.

Er wächst sehr in die Höhe, und verbreitet sich mit seinen ausgespreizten Zwei-
gen, erfordert deshalb Unterstützung. Man kann ihn fast nur auf schmalen abge-
theilten Beeten, die man mit Stangen umgiebt, aufrecht und in Ordnung erhal-
ten. Seine Schooten sind der Made des Rüsselkäfers sehr ausgesetzt. Sie rei-
sen ungleich, indem die Pflanze immer fortblühet, und manchmal wird vor Win-

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Senf. Chineſiſche Oelrettig.

Die reizende Schaͤrfe dieſer Saamen hat nicht im Oel, ſondern in der
Huͤlſe ihren Sitz, und der ſcharfe engliſche Senf ſoll daraus verfertigt werden,
nachdem man das Oel ausgepreßt hat.

Der Senf nimmt, der Verſicherung nach, mit ſchlechterem Boden als der
Sommerraps vorlieb, und iſt gegen Froſt minder empfindlich. Er kann daher
fruͤher geſaͤet werden, und das muß geſchehen, weil er dem Erdfloh beſonders aus-
geſetzt iſt; den Kaͤfern und ihren Maden aber weniger. Er bluͤhet ſehr lange,
giebt den Bienen eine vorzuͤgliche Nahrung, und ſetzt nach und nach ſeine Schoo-
ten an. Man muß die Reifung der erſten, beſonders beim ſchwarzen Senf, ge-
nau wahrnehmen, um ihn zu ſchneiden.

§. 213.

Sein Ertrag iſt im Durchſchnitt weit ſtaͤrker wie der des Sommerruͤbſens.
Hat man Gelegenheit ihn an Moſtrichbereiter zu verkaufen, ſo erhaͤlt man ihn
am theuerſten bezahlt. Aber auch zum Oelſchlagen iſt er, ſeiner Ergiebigkeit we-
gen, vortheilhafter wie der Sommerruͤbſen, und verdiente daher vor dieſem in
jeder Ruͤckſicht den Vorzug, außer vielleicht darin nicht, daß er fruͤher geſaͤet wer-
den, und man folglich mit der Vorbereitung des Ackers mehr eilen muß.

Die zuruͤckbleibenden Oelkuchen ſollen dem Vieh als eine reizende und gelind
abfuͤhrende Arzenei hoͤchſt wohlthaͤtig ſeyn, wenn ſie zerſtoßen auf das Futter ge-
ſtreuet werden.

Der chineſiſche Oelrettig, Raphanus chinensis oleiferus,
§. 214.

eine Abart des gemeinen Rettigs, iſt wegen ſeines leichten Anbaues, ſeiner Ein-
traͤglichkeit an Saamen und deſſen Oelhaltigkeit ſehr dringend empfohlen, aber nir-
gends nachhaltig aufgenommen worden.

Er waͤchſt ſehr in die Hoͤhe, und verbreitet ſich mit ſeinen ausgeſpreizten Zwei-
gen, erfordert deshalb Unterſtuͤtzung. Man kann ihn faſt nur auf ſchmalen abge-
theilten Beeten, die man mit Stangen umgiebt, aufrecht und in Ordnung erhal-
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[171/0195] Senf. Chineſiſche Oelrettig. Die reizende Schaͤrfe dieſer Saamen hat nicht im Oel, ſondern in der Huͤlſe ihren Sitz, und der ſcharfe engliſche Senf ſoll daraus verfertigt werden, nachdem man das Oel ausgepreßt hat. Der Senf nimmt, der Verſicherung nach, mit ſchlechterem Boden als der Sommerraps vorlieb, und iſt gegen Froſt minder empfindlich. Er kann daher fruͤher geſaͤet werden, und das muß geſchehen, weil er dem Erdfloh beſonders aus- geſetzt iſt; den Kaͤfern und ihren Maden aber weniger. Er bluͤhet ſehr lange, giebt den Bienen eine vorzuͤgliche Nahrung, und ſetzt nach und nach ſeine Schoo- ten an. Man muß die Reifung der erſten, beſonders beim ſchwarzen Senf, ge- nau wahrnehmen, um ihn zu ſchneiden. §. 213. Sein Ertrag iſt im Durchſchnitt weit ſtaͤrker wie der des Sommerruͤbſens. Hat man Gelegenheit ihn an Moſtrichbereiter zu verkaufen, ſo erhaͤlt man ihn am theuerſten bezahlt. Aber auch zum Oelſchlagen iſt er, ſeiner Ergiebigkeit we- gen, vortheilhafter wie der Sommerruͤbſen, und verdiente daher vor dieſem in jeder Ruͤckſicht den Vorzug, außer vielleicht darin nicht, daß er fruͤher geſaͤet wer- den, und man folglich mit der Vorbereitung des Ackers mehr eilen muß. Die zuruͤckbleibenden Oelkuchen ſollen dem Vieh als eine reizende und gelind abfuͤhrende Arzenei hoͤchſt wohlthaͤtig ſeyn, wenn ſie zerſtoßen auf das Futter ge- ſtreuet werden. Der chineſiſche Oelrettig, Raphanus chinensis oleiferus, §. 214. eine Abart des gemeinen Rettigs, iſt wegen ſeines leichten Anbaues, ſeiner Ein- traͤglichkeit an Saamen und deſſen Oelhaltigkeit ſehr dringend empfohlen, aber nir- gends nachhaltig aufgenommen worden. Er waͤchſt ſehr in die Hoͤhe, und verbreitet ſich mit ſeinen ausgeſpreizten Zwei- gen, erfordert deshalb Unterſtuͤtzung. Man kann ihn faſt nur auf ſchmalen abge- theilten Beeten, die man mit Stangen umgiebt, aufrecht und in Ordnung erhal- ten. Seine Schooten ſind der Made des Ruͤſſelkaͤfers ſehr ausgeſetzt. Sie rei- ſen ungleich, indem die Pflanze immer fortbluͤhet, und manchmal wird vor Win- Y 2

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812, S. 171. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft04_1812/195>, abgerufen am 28.03.2024.