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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812.

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Oelgewächse.
der Mohn zu dichte steht, bekommt er nur kleine winzige Köpfe, die sehr wenig
und auch in der Qualität schlechten Saamen enthalten. Durch das Behacken
mit dem Karst wird dieses weit besser, als durch das Ausziehen der Pflanzen
und des Unkrauts bewirkt, wenn man anders Arbeiter hat, die hierin einigerma-
ßen geübt sind. Denn es wird die Erde zugleich gelockert und etwas an die aus-
gesonderten Pflanzen herangezogen.

Das Behacken oder Jäten muß auch zum zweitenmale wiederholt werden,
wenn es zum erstenmale nicht wirksam genug geschehen ist, oder sich neues Unkraut
wieder einfindet.

Man säet den Mohn sehr häufig unter Möhren, und da diese, nachdem der
Mohn aufgezogen worden, noch zwei Monate zum Wachsen haben, so ist es aller-
dings, um das Feld möglichst hoch zu benutzen, ganz vortheilhaft. Aber auf die
volle Wirkung jenes Behackens, und des regulairen Aussetzens des Mohns und
der Möhren selbst muß man alsdann Verzicht leisten, welches doch zu dem höch-
sten Ertrage leider so nöthig ist.

§. 220.

Ernte.Die Zeit der Reifung im August muß wohl wahrgenommen werden, und da
sie gerade in der geschäftsvollen Erntezeit einfällt, so macht dies den Anbau des
Mohns in großen Wirthschaften schwierig. Wenn er indessen nur gleichzeitig reift,
was man durch eine frühere Saat und gehörige Aussetzung mehrentheils erreicht,
so ist die Arbeit an sich nicht groß. Er darf nicht über die Reife stehen, weil ihm
Krähen, Sperlinge und Mäuse -- welche letztere, um zu den Köpfen zu gelan-
gen, ihn unten abfressen und niederwerfen -- vorzüglich nachgehen, und er darf
auch nicht unreif abgebracht werden, weil sonst der Saamen einen widrigen und
bittern Geschmack bekommt, und sich das Oel nicht vollständig darin ausbildet. Er
wird sodann über der Erde abgeschnitten, oder auf lockerem Boden noch leichter
aufgezogen, mit Strohbändern oberwärts in kleine Bunde gebunden, und bald
eingefahren. Man hauet die Sturzenden so lang wie es angeht ab, und setzt die
Bunde an einem luftigen Orte unter Dach, um sie völlig abtrocknen zu lassen.

§. 221.

Die Mohnköpfe werden alsdann gewöhnlich Stück vor Stück geöffnet, und
ausgeschüttet, welches aber, wenn man nicht unvermögende alte Leute und Kinder

Oelgewaͤchſe.
der Mohn zu dichte ſteht, bekommt er nur kleine winzige Koͤpfe, die ſehr wenig
und auch in der Qualitaͤt ſchlechten Saamen enthalten. Durch das Behacken
mit dem Karſt wird dieſes weit beſſer, als durch das Ausziehen der Pflanzen
und des Unkrauts bewirkt, wenn man anders Arbeiter hat, die hierin einigerma-
ßen geuͤbt ſind. Denn es wird die Erde zugleich gelockert und etwas an die aus-
geſonderten Pflanzen herangezogen.

Das Behacken oder Jaͤten muß auch zum zweitenmale wiederholt werden,
wenn es zum erſtenmale nicht wirkſam genug geſchehen iſt, oder ſich neues Unkraut
wieder einfindet.

Man ſaͤet den Mohn ſehr haͤufig unter Moͤhren, und da dieſe, nachdem der
Mohn aufgezogen worden, noch zwei Monate zum Wachſen haben, ſo iſt es aller-
dings, um das Feld moͤglichſt hoch zu benutzen, ganz vortheilhaft. Aber auf die
volle Wirkung jenes Behackens, und des regulairen Ausſetzens des Mohns und
der Moͤhren ſelbſt muß man alsdann Verzicht leiſten, welches doch zu dem hoͤch-
ſten Ertrage leider ſo noͤthig iſt.

§. 220.

Ernte.Die Zeit der Reifung im Auguſt muß wohl wahrgenommen werden, und da
ſie gerade in der geſchaͤftsvollen Erntezeit einfaͤllt, ſo macht dies den Anbau des
Mohns in großen Wirthſchaften ſchwierig. Wenn er indeſſen nur gleichzeitig reift,
was man durch eine fruͤhere Saat und gehoͤrige Ausſetzung mehrentheils erreicht,
ſo iſt die Arbeit an ſich nicht groß. Er darf nicht uͤber die Reife ſtehen, weil ihm
Kraͤhen, Sperlinge und Maͤuſe — welche letztere, um zu den Koͤpfen zu gelan-
gen, ihn unten abfreſſen und niederwerfen — vorzuͤglich nachgehen, und er darf
auch nicht unreif abgebracht werden, weil ſonſt der Saamen einen widrigen und
bittern Geſchmack bekommt, und ſich das Oel nicht vollſtaͤndig darin ausbildet. Er
wird ſodann uͤber der Erde abgeſchnitten, oder auf lockerem Boden noch leichter
aufgezogen, mit Strohbaͤndern oberwaͤrts in kleine Bunde gebunden, und bald
eingefahren. Man hauet die Sturzenden ſo lang wie es angeht ab, und ſetzt die
Bunde an einem luftigen Orte unter Dach, um ſie voͤllig abtrocknen zu laſſen.

§. 221.

Die Mohnkoͤpfe werden alsdann gewoͤhnlich Stuͤck vor Stuͤck geoͤffnet, und
ausgeſchuͤttet, welches aber, wenn man nicht unvermoͤgende alte Leute und Kinder

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[174/0198] Oelgewaͤchſe. der Mohn zu dichte ſteht, bekommt er nur kleine winzige Koͤpfe, die ſehr wenig und auch in der Qualitaͤt ſchlechten Saamen enthalten. Durch das Behacken mit dem Karſt wird dieſes weit beſſer, als durch das Ausziehen der Pflanzen und des Unkrauts bewirkt, wenn man anders Arbeiter hat, die hierin einigerma- ßen geuͤbt ſind. Denn es wird die Erde zugleich gelockert und etwas an die aus- geſonderten Pflanzen herangezogen. Das Behacken oder Jaͤten muß auch zum zweitenmale wiederholt werden, wenn es zum erſtenmale nicht wirkſam genug geſchehen iſt, oder ſich neues Unkraut wieder einfindet. Man ſaͤet den Mohn ſehr haͤufig unter Moͤhren, und da dieſe, nachdem der Mohn aufgezogen worden, noch zwei Monate zum Wachſen haben, ſo iſt es aller- dings, um das Feld moͤglichſt hoch zu benutzen, ganz vortheilhaft. Aber auf die volle Wirkung jenes Behackens, und des regulairen Ausſetzens des Mohns und der Moͤhren ſelbſt muß man alsdann Verzicht leiſten, welches doch zu dem hoͤch- ſten Ertrage leider ſo noͤthig iſt. §. 220. Die Zeit der Reifung im Auguſt muß wohl wahrgenommen werden, und da ſie gerade in der geſchaͤftsvollen Erntezeit einfaͤllt, ſo macht dies den Anbau des Mohns in großen Wirthſchaften ſchwierig. Wenn er indeſſen nur gleichzeitig reift, was man durch eine fruͤhere Saat und gehoͤrige Ausſetzung mehrentheils erreicht, ſo iſt die Arbeit an ſich nicht groß. Er darf nicht uͤber die Reife ſtehen, weil ihm Kraͤhen, Sperlinge und Maͤuſe — welche letztere, um zu den Koͤpfen zu gelan- gen, ihn unten abfreſſen und niederwerfen — vorzuͤglich nachgehen, und er darf auch nicht unreif abgebracht werden, weil ſonſt der Saamen einen widrigen und bittern Geſchmack bekommt, und ſich das Oel nicht vollſtaͤndig darin ausbildet. Er wird ſodann uͤber der Erde abgeſchnitten, oder auf lockerem Boden noch leichter aufgezogen, mit Strohbaͤndern oberwaͤrts in kleine Bunde gebunden, und bald eingefahren. Man hauet die Sturzenden ſo lang wie es angeht ab, und ſetzt die Bunde an einem luftigen Orte unter Dach, um ſie voͤllig abtrocknen zu laſſen. Ernte. §. 221. Die Mohnkoͤpfe werden alsdann gewoͤhnlich Stuͤck vor Stuͤck geoͤffnet, und ausgeſchuͤttet, welches aber, wenn man nicht unvermoͤgende alte Leute und Kinder

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812, S. 174. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft04_1812/198>, abgerufen am 19.04.2024.