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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812.

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Gespinnstpflanzen.
§. 227.

Sein Platz im
Feldbau.
In der Dreifelderwirthschaft hat man fast allgemein dem Lein seinen Platz in
und statt der Brache angewiesen. Dies scheint mir der unangemessenste den er
haben kann. Es hält schwer, besonders bei dem Frühlein, dem Acker die ange-
messene Gaare vor der Einsaat zu geben, zumal wenn der Acker durch eine Folge
von mehreren Früchten verwildert und verkrautet ist. Besonders aber ist der Lein
anerkannt eine nachtheilige Vorfrucht für das Wintergetreide, und jeder praktische
Wirth rechnet schon auf einen merklichen Rückschlag desselben. Ich würde ihn
bei diesem Feldsysteme immer lieber in das Sommerfeld nehmen, welches leichter
die gehörige Gaare annimmt, wenn die vorhergehende Brache gut bearbeitet war.
und noch Dungkraft genug hat, falls die Brache reichlich mit Mist befahren wurde.
Dieser Acker müßte gleich nach Abbringung der Winterung flach gestoppelt oder
nur gebälket, und dann im Herbste tief gepflügt werden. Schiene der Acker einer
Nachdüngung bedürftig, so würde ich den frischen Stallmist in der Winterzeit auf-
fahren und auf den Acker streuen lassen, nachdem zuvor geegget worden. Dieser
Mist bliebe bis zu einer trocknen Zeit im Frühjahre liegen, und es würde als-
dann das strohige abgeharkt, oder was im Großen leichter ist, mit einem pferde-
bespannten Getreiderechen in Kämme zusammengezogen, und zu andern Behuf
abgefahren. Hierdurch würde der Acker die dem Lein angemessene Geile erhalten,
ohne durch den Strohmist bollig zu werden. Statt dessen kann allerdings auch
ein Hordenschlag eintreten. Der Acker wird dann stark ausgrünen, aber vorzüg-
lich mürbe seyn, und kann nun mit einer Furche zur Saat vorbereitet werden.
Nach dem Lein werden im folgenden Jahren Erbsen sehr gut gedeihen, und die
Winterung nach selbigen wird diejenige übertreffen, die man unmittelbar nach dem
Lein baut; wenn man es nicht vorzieht, unter den Lein Klee zu säen, der unter
keiner Frucht nächst dem Buchweizen besser gedeiht, wie unter dem Lein.

Aber der Lein geräth auch nach dem Klee vorzüglich, und zwar auf einer
Furche, noch besser sogar, wenn dieser zwei Jahre gelegen hat. Man bricht die
Kleestoppel im Herbst oder Frühjahre sorgfältig und nicht gar zu flach um, egget
und walzt sie. Vor der Leinsaat egget man den Acker scharf auf, oder was wirk-
samer ist, man überzieht ihn mit dem Exstirpator, egget dann den Lein unter, und
walzt. Jene Düngungsart kann man, wenn man sie dem Leine nöthig hält, auch

Geſpinnſtpflanzen.
§. 227.

Sein Platz im
Feldbau.
In der Dreifelderwirthſchaft hat man faſt allgemein dem Lein ſeinen Platz in
und ſtatt der Brache angewieſen. Dies ſcheint mir der unangemeſſenſte den er
haben kann. Es haͤlt ſchwer, beſonders bei dem Fruͤhlein, dem Acker die ange-
meſſene Gaare vor der Einſaat zu geben, zumal wenn der Acker durch eine Folge
von mehreren Fruͤchten verwildert und verkrautet iſt. Beſonders aber iſt der Lein
anerkannt eine nachtheilige Vorfrucht fuͤr das Wintergetreide, und jeder praktiſche
Wirth rechnet ſchon auf einen merklichen Ruͤckſchlag deſſelben. Ich wuͤrde ihn
bei dieſem Feldſyſteme immer lieber in das Sommerfeld nehmen, welches leichter
die gehoͤrige Gaare annimmt, wenn die vorhergehende Brache gut bearbeitet war.
und noch Dungkraft genug hat, falls die Brache reichlich mit Miſt befahren wurde.
Dieſer Acker muͤßte gleich nach Abbringung der Winterung flach geſtoppelt oder
nur gebaͤlket, und dann im Herbſte tief gepfluͤgt werden. Schiene der Acker einer
Nachduͤngung beduͤrftig, ſo wuͤrde ich den friſchen Stallmiſt in der Winterzeit auf-
fahren und auf den Acker ſtreuen laſſen, nachdem zuvor geegget worden. Dieſer
Miſt bliebe bis zu einer trocknen Zeit im Fruͤhjahre liegen, und es wuͤrde als-
dann das ſtrohige abgeharkt, oder was im Großen leichter iſt, mit einem pferde-
beſpannten Getreiderechen in Kaͤmme zuſammengezogen, und zu andern Behuf
abgefahren. Hierdurch wuͤrde der Acker die dem Lein angemeſſene Geile erhalten,
ohne durch den Strohmiſt bollig zu werden. Statt deſſen kann allerdings auch
ein Hordenſchlag eintreten. Der Acker wird dann ſtark ausgruͤnen, aber vorzuͤg-
lich muͤrbe ſeyn, und kann nun mit einer Furche zur Saat vorbereitet werden.
Nach dem Lein werden im folgenden Jahren Erbſen ſehr gut gedeihen, und die
Winterung nach ſelbigen wird diejenige uͤbertreffen, die man unmittelbar nach dem
Lein baut; wenn man es nicht vorzieht, unter den Lein Klee zu ſaͤen, der unter
keiner Frucht naͤchſt dem Buchweizen beſſer gedeiht, wie unter dem Lein.

Aber der Lein geraͤth auch nach dem Klee vorzuͤglich, und zwar auf einer
Furche, noch beſſer ſogar, wenn dieſer zwei Jahre gelegen hat. Man bricht die
Kleeſtoppel im Herbſt oder Fruͤhjahre ſorgfaͤltig und nicht gar zu flach um, egget
und walzt ſie. Vor der Leinſaat egget man den Acker ſcharf auf, oder was wirk-
ſamer iſt, man uͤberzieht ihn mit dem Exſtirpator, egget dann den Lein unter, und
walzt. Jene Duͤngungsart kann man, wenn man ſie dem Leine noͤthig haͤlt, auch

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[178/0202] Geſpinnſtpflanzen. §. 227. In der Dreifelderwirthſchaft hat man faſt allgemein dem Lein ſeinen Platz in und ſtatt der Brache angewieſen. Dies ſcheint mir der unangemeſſenſte den er haben kann. Es haͤlt ſchwer, beſonders bei dem Fruͤhlein, dem Acker die ange- meſſene Gaare vor der Einſaat zu geben, zumal wenn der Acker durch eine Folge von mehreren Fruͤchten verwildert und verkrautet iſt. Beſonders aber iſt der Lein anerkannt eine nachtheilige Vorfrucht fuͤr das Wintergetreide, und jeder praktiſche Wirth rechnet ſchon auf einen merklichen Ruͤckſchlag deſſelben. Ich wuͤrde ihn bei dieſem Feldſyſteme immer lieber in das Sommerfeld nehmen, welches leichter die gehoͤrige Gaare annimmt, wenn die vorhergehende Brache gut bearbeitet war. und noch Dungkraft genug hat, falls die Brache reichlich mit Miſt befahren wurde. Dieſer Acker muͤßte gleich nach Abbringung der Winterung flach geſtoppelt oder nur gebaͤlket, und dann im Herbſte tief gepfluͤgt werden. Schiene der Acker einer Nachduͤngung beduͤrftig, ſo wuͤrde ich den friſchen Stallmiſt in der Winterzeit auf- fahren und auf den Acker ſtreuen laſſen, nachdem zuvor geegget worden. Dieſer Miſt bliebe bis zu einer trocknen Zeit im Fruͤhjahre liegen, und es wuͤrde als- dann das ſtrohige abgeharkt, oder was im Großen leichter iſt, mit einem pferde- beſpannten Getreiderechen in Kaͤmme zuſammengezogen, und zu andern Behuf abgefahren. Hierdurch wuͤrde der Acker die dem Lein angemeſſene Geile erhalten, ohne durch den Strohmiſt bollig zu werden. Statt deſſen kann allerdings auch ein Hordenſchlag eintreten. Der Acker wird dann ſtark ausgruͤnen, aber vorzuͤg- lich muͤrbe ſeyn, und kann nun mit einer Furche zur Saat vorbereitet werden. Nach dem Lein werden im folgenden Jahren Erbſen ſehr gut gedeihen, und die Winterung nach ſelbigen wird diejenige uͤbertreffen, die man unmittelbar nach dem Lein baut; wenn man es nicht vorzieht, unter den Lein Klee zu ſaͤen, der unter keiner Frucht naͤchſt dem Buchweizen beſſer gedeiht, wie unter dem Lein. Sein Platz im Feldbau. Aber der Lein geraͤth auch nach dem Klee vorzuͤglich, und zwar auf einer Furche, noch beſſer ſogar, wenn dieſer zwei Jahre gelegen hat. Man bricht die Kleeſtoppel im Herbſt oder Fruͤhjahre ſorgfaͤltig und nicht gar zu flach um, egget und walzt ſie. Vor der Leinſaat egget man den Acker ſcharf auf, oder was wirk- ſamer iſt, man uͤberzieht ihn mit dem Exſtirpator, egget dann den Lein unter, und walzt. Jene Duͤngungsart kann man, wenn man ſie dem Leine noͤthig haͤlt, auch

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812, S. 178. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft04_1812/202>, abgerufen am 18.04.2024.