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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812.

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Ernährung des Rindviehes.
jeder Schnitt wohl um 1/3 mehr Häcksel giebt. Oder aber die Messer sind in
einem Schwungrade befestigt, und dieses Rad braucht nur im Umschwunge er-
halten zu werden, um diese Arbeit zu verrichten. In diesem Schwungrade sind
eins, zwei oder drei Messer angebracht. Eine aus England erhaltene Maschine
mit drei Messern, die sonst sehr gut konstruirt war, konnte wegen der starken
Friktion von einem Menschen nicht im Umschwunge erhalten werden, und wenn
die Messer etwas stumpf geworden waren, reichten zwei Menschen auf die Dauer
nicht zu. Die mit einem Messer ist allgemein besser befunden, und eine solche
ist von unserm würdigen Karsten in Rostock nach Lester in den Annalen des
Ackerbaues 3ter Bd. S. 507. mit den Verbesserungen des erstern beschrieben
und abgebildet, und wird in Rostock von Herrn Haak, jetzt auch in Berlin
vom Mechanikus Schulz für 50 rthl. sehr gut verfertigt. In großen Wirth-
schaften hat man auch größere Häckselmaschinen, die mit Zugvieh oder selbst
vom Wind und Wasser in Bewegung gesetzt werden, und sehr große Quanti-
täten Häcksel in kurzer Zeit liefern. Man hat aber bei allen diesen Maschinen,
besonders bei den komplizirteren, die Schwierigkeit gefunden, daß sich so leicht
etwas daran verückt oder bricht, und daß es dann auf dem platten Lande an
einem hinreichend geschickten Mann fehle, um dies zu verbessern. Daher
weiß ich viele Fälle, wo man durch die Häckselmaschine in große Verlegenheit
gekommen ist, wenn man die gewöhnlichen Schneideladen hatte eingehen las-
sen, und wo man seitdem einen solchen Widerwillen gegen diese Maschinen
bekommen hat, daß sie völlig unbenutzt auf dem Boden stehen. Man muß aber
hoffen, daß sich so viele mechanische Kenntnisse, die zur Anfertigung und Aus-
besserung einer solchen Maschine nöthig sind, bald allgemein verbreiten werden.

Bei einer kärglichen Fütterung, und wo man durch die Vermengung des
Strohes mit andrem Futter dem Vieh möglichst viel von jenem hinunter zu
bringen suchen muß, um die wenigen darin befindlichen nahrhaften Theile zu
benutzen, und das Gefühl des Hungers abzustumpfen, ist das Häckselschneiden
freilich unentbehrlich; allein bei einer reichlichen Fütterung ist es meiner Ueber-
zeugung nach ganz überflüssig. Denn die Nahrungstheile werden doch auf keine
Weise dadurch vermehrt. Vielmehr sucht das Vieh sie aus dem ungeschnitte-
nen Strohe besser selbst heraus. Das einzustreuende Stroh wird ihm deshalb

Vierter Theil. S s

Ernaͤhrung des Rindviehes.
jeder Schnitt wohl um ⅓ mehr Haͤckſel giebt. Oder aber die Meſſer ſind in
einem Schwungrade befeſtigt, und dieſes Rad braucht nur im Umſchwunge er-
halten zu werden, um dieſe Arbeit zu verrichten. In dieſem Schwungrade ſind
eins, zwei oder drei Meſſer angebracht. Eine aus England erhaltene Maſchine
mit drei Meſſern, die ſonſt ſehr gut konſtruirt war, konnte wegen der ſtarken
Friktion von einem Menſchen nicht im Umſchwunge erhalten werden, und wenn
die Meſſer etwas ſtumpf geworden waren, reichten zwei Menſchen auf die Dauer
nicht zu. Die mit einem Meſſer iſt allgemein beſſer befunden, und eine ſolche
iſt von unſerm wuͤrdigen Karſten in Roſtock nach Leſter in den Annalen des
Ackerbaues 3ter Bd. S. 507. mit den Verbeſſerungen des erſtern beſchrieben
und abgebildet, und wird in Roſtock von Herrn Haak, jetzt auch in Berlin
vom Mechanikus Schulz fuͤr 50 rthl. ſehr gut verfertigt. In großen Wirth-
ſchaften hat man auch groͤßere Haͤckſelmaſchinen, die mit Zugvieh oder ſelbſt
vom Wind und Waſſer in Bewegung geſetzt werden, und ſehr große Quanti-
taͤten Haͤckſel in kurzer Zeit liefern. Man hat aber bei allen dieſen Maſchinen,
beſonders bei den komplizirteren, die Schwierigkeit gefunden, daß ſich ſo leicht
etwas daran veruͤckt oder bricht, und daß es dann auf dem platten Lande an
einem hinreichend geſchickten Mann fehle, um dies zu verbeſſern. Daher
weiß ich viele Faͤlle, wo man durch die Haͤckſelmaſchine in große Verlegenheit
gekommen iſt, wenn man die gewoͤhnlichen Schneideladen hatte eingehen laſ-
ſen, und wo man ſeitdem einen ſolchen Widerwillen gegen dieſe Maſchinen
bekommen hat, daß ſie voͤllig unbenutzt auf dem Boden ſtehen. Man muß aber
hoffen, daß ſich ſo viele mechaniſche Kenntniſſe, die zur Anfertigung und Aus-
beſſerung einer ſolchen Maſchine noͤthig ſind, bald allgemein verbreiten werden.

Bei einer kaͤrglichen Fuͤtterung, und wo man durch die Vermengung des
Strohes mit andrem Futter dem Vieh moͤglichſt viel von jenem hinunter zu
bringen ſuchen muß, um die wenigen darin befindlichen nahrhaften Theile zu
benutzen, und das Gefuͤhl des Hungers abzuſtumpfen, iſt das Haͤckſelſchneiden
freilich unentbehrlich; allein bei einer reichlichen Fuͤtterung iſt es meiner Ueber-
zeugung nach ganz uͤberfluͤſſig. Denn die Nahrungstheile werden doch auf keine
Weiſe dadurch vermehrt. Vielmehr ſucht das Vieh ſie aus dem ungeſchnitte-
nen Strohe beſſer ſelbſt heraus. Das einzuſtreuende Stroh wird ihm deshalb

Vierter Theil. S s
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[321/0345] Ernaͤhrung des Rindviehes. jeder Schnitt wohl um ⅓ mehr Haͤckſel giebt. Oder aber die Meſſer ſind in einem Schwungrade befeſtigt, und dieſes Rad braucht nur im Umſchwunge er- halten zu werden, um dieſe Arbeit zu verrichten. In dieſem Schwungrade ſind eins, zwei oder drei Meſſer angebracht. Eine aus England erhaltene Maſchine mit drei Meſſern, die ſonſt ſehr gut konſtruirt war, konnte wegen der ſtarken Friktion von einem Menſchen nicht im Umſchwunge erhalten werden, und wenn die Meſſer etwas ſtumpf geworden waren, reichten zwei Menſchen auf die Dauer nicht zu. Die mit einem Meſſer iſt allgemein beſſer befunden, und eine ſolche iſt von unſerm wuͤrdigen Karſten in Roſtock nach Leſter in den Annalen des Ackerbaues 3ter Bd. S. 507. mit den Verbeſſerungen des erſtern beſchrieben und abgebildet, und wird in Roſtock von Herrn Haak, jetzt auch in Berlin vom Mechanikus Schulz fuͤr 50 rthl. ſehr gut verfertigt. In großen Wirth- ſchaften hat man auch groͤßere Haͤckſelmaſchinen, die mit Zugvieh oder ſelbſt vom Wind und Waſſer in Bewegung geſetzt werden, und ſehr große Quanti- taͤten Haͤckſel in kurzer Zeit liefern. Man hat aber bei allen dieſen Maſchinen, beſonders bei den komplizirteren, die Schwierigkeit gefunden, daß ſich ſo leicht etwas daran veruͤckt oder bricht, und daß es dann auf dem platten Lande an einem hinreichend geſchickten Mann fehle, um dies zu verbeſſern. Daher weiß ich viele Faͤlle, wo man durch die Haͤckſelmaſchine in große Verlegenheit gekommen iſt, wenn man die gewoͤhnlichen Schneideladen hatte eingehen laſ- ſen, und wo man ſeitdem einen ſolchen Widerwillen gegen dieſe Maſchinen bekommen hat, daß ſie voͤllig unbenutzt auf dem Boden ſtehen. Man muß aber hoffen, daß ſich ſo viele mechaniſche Kenntniſſe, die zur Anfertigung und Aus- beſſerung einer ſolchen Maſchine noͤthig ſind, bald allgemein verbreiten werden. Bei einer kaͤrglichen Fuͤtterung, und wo man durch die Vermengung des Strohes mit andrem Futter dem Vieh moͤglichſt viel von jenem hinunter zu bringen ſuchen muß, um die wenigen darin befindlichen nahrhaften Theile zu benutzen, und das Gefuͤhl des Hungers abzuſtumpfen, iſt das Haͤckſelſchneiden freilich unentbehrlich; allein bei einer reichlichen Fuͤtterung iſt es meiner Ueber- zeugung nach ganz uͤberfluͤſſig. Denn die Nahrungstheile werden doch auf keine Weiſe dadurch vermehrt. Vielmehr ſucht das Vieh ſie aus dem ungeſchnitte- nen Strohe beſſer ſelbſt heraus. Das einzuſtreuende Stroh wird ihm deshalb Vierter Theil. S s

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812, S. 321. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft04_1812/345>, abgerufen am 19.04.2024.