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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812.

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Ernährung des Rindviehes.
mer sehr wohlfeil haben kann, wenn städtische Brauer nicht selbst Vieh hal-
ten, so sucht man sie in ausgemauerten Gruben, die, wenn sie vollgefüllt, mit
einem Deckel geschlossen werden, über welchen man noch Erde wirft, bis zum
Winter zu conserviren.

Ferner der Branntweinspülicht, der wenn man frischen Absatz für die
Molkerei hat, vielleicht nicht vortheilhafter als für die Kühe benutzt werden
kann. Er wird über das Häcksel gegossen, in dazu eingerichteten Ställen durch
Röhren gleich in die Krippen geleitet, oder aber als Getränk mit Wasser ver-
mischt gegeben. Je früher er gebraucht wird, desto besser ist es; hat er die
mindeste Säurung angenommen, so wirkt er nachtheilig auf die Milch: deshalb
ist es am besten, ihn so wie er warm aus der Blase kommt, mit Wasser abzukühlen.
Diese Fütterung muß indessen nur als Nebenfütterung betrachtet und sehr mä-
ßig gegeben werden, wenn sie keinen nachtheiligen Einfluß auf die Gesund-
heit der Kühe, wie man ihn bei Uebertreibung derselben häufig bemerkt, ha-
ben soll; man vertheilt die Portion für einen Mastochsen wenigstens auf vier
Kühe. Auch giebt der Branntweinspülicht schlechte Butter.

Ein sehr aufmerksamer Landwirth klagte daß seine Kälber hartschlägig wür-
den und dann stürben. Es ist ihm, wie mir, sehr wahrscheinlich, daß dies von
dem Branntweinspülicht, den die Mütter erhalten, herrührt.

§. 29.

Endlich werden den Kühen Oelkuchen, die besten von Leinsaamen, mitOelkuchen.
vorzüglichem Effekt gegeben. Man benutzt sie am besten im Getränk, worin
sie aber völlig aufgelöst seyn müssen. Die beste Vorrichtung dazu ist folgende:
man macht eine vertikale Abscheerung des Kübens mit Brettern, die viele
kleine Bohrlöcher haben, und zwar so, daß der kleinere Raum 1/3 des Ganzen
beträgt. In diesen giebt man den Oelkuchen und das Wasser, und rührt es
oft um. Aus dem anderen schöpft man das Getränk, welches keine unaufge-
löste Stücke, sondern nur aufgelöste Theile enthalten kann. Allmählig lösen
sich die Oelkuchen durch immer zugegebenes Wasser völlig auf, und man thut
dann von Zeit zu Zeit frische hinzu. Sie machen das Getränk dem Vieh
sehr angenehm und wirken augenscheinlich auf die Vermehrung der Milch.


S s 2

Ernaͤhrung des Rindviehes.
mer ſehr wohlfeil haben kann, wenn ſtaͤdtiſche Brauer nicht ſelbſt Vieh hal-
ten, ſo ſucht man ſie in ausgemauerten Gruben, die, wenn ſie vollgefuͤllt, mit
einem Deckel geſchloſſen werden, uͤber welchen man noch Erde wirft, bis zum
Winter zu conſerviren.

Ferner der Branntweinſpuͤlicht, der wenn man friſchen Abſatz fuͤr die
Molkerei hat, vielleicht nicht vortheilhafter als fuͤr die Kuͤhe benutzt werden
kann. Er wird uͤber das Haͤckſel gegoſſen, in dazu eingerichteten Staͤllen durch
Roͤhren gleich in die Krippen geleitet, oder aber als Getraͤnk mit Waſſer ver-
miſcht gegeben. Je fruͤher er gebraucht wird, deſto beſſer iſt es; hat er die
mindeſte Saͤurung angenommen, ſo wirkt er nachtheilig auf die Milch: deshalb
iſt es am beſten, ihn ſo wie er warm aus der Blaſe kommt, mit Waſſer abzukuͤhlen.
Dieſe Fuͤtterung muß indeſſen nur als Nebenfuͤtterung betrachtet und ſehr maͤ-
ßig gegeben werden, wenn ſie keinen nachtheiligen Einfluß auf die Geſund-
heit der Kuͤhe, wie man ihn bei Uebertreibung derſelben haͤufig bemerkt, ha-
ben ſoll; man vertheilt die Portion fuͤr einen Maſtochſen wenigſtens auf vier
Kuͤhe. Auch giebt der Branntweinſpuͤlicht ſchlechte Butter.

Ein ſehr aufmerkſamer Landwirth klagte daß ſeine Kaͤlber hartſchlaͤgig wuͤr-
den und dann ſtuͤrben. Es iſt ihm, wie mir, ſehr wahrſcheinlich, daß dies von
dem Branntweinſpuͤlicht, den die Muͤtter erhalten, herruͤhrt.

§. 29.

Endlich werden den Kuͤhen Oelkuchen, die beſten von Leinſaamen, mitOelkuchen.
vorzuͤglichem Effekt gegeben. Man benutzt ſie am beſten im Getraͤnk, worin
ſie aber voͤllig aufgeloͤſt ſeyn muͤſſen. Die beſte Vorrichtung dazu iſt folgende:
man macht eine vertikale Abſcheerung des Kuͤbens mit Brettern, die viele
kleine Bohrloͤcher haben, und zwar ſo, daß der kleinere Raum ⅓ des Ganzen
betraͤgt. In dieſen giebt man den Oelkuchen und das Waſſer, und ruͤhrt es
oft um. Aus dem anderen ſchoͤpft man das Getraͤnk, welches keine unaufge-
loͤſte Stuͤcke, ſondern nur aufgeloͤſte Theile enthalten kann. Allmaͤhlig loͤſen
ſich die Oelkuchen durch immer zugegebenes Waſſer voͤllig auf, und man thut
dann von Zeit zu Zeit friſche hinzu. Sie machen das Getraͤnk dem Vieh
ſehr angenehm und wirken augenſcheinlich auf die Vermehrung der Milch.


S s 2
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[323/0347] Ernaͤhrung des Rindviehes. mer ſehr wohlfeil haben kann, wenn ſtaͤdtiſche Brauer nicht ſelbſt Vieh hal- ten, ſo ſucht man ſie in ausgemauerten Gruben, die, wenn ſie vollgefuͤllt, mit einem Deckel geſchloſſen werden, uͤber welchen man noch Erde wirft, bis zum Winter zu conſerviren. Ferner der Branntweinſpuͤlicht, der wenn man friſchen Abſatz fuͤr die Molkerei hat, vielleicht nicht vortheilhafter als fuͤr die Kuͤhe benutzt werden kann. Er wird uͤber das Haͤckſel gegoſſen, in dazu eingerichteten Staͤllen durch Roͤhren gleich in die Krippen geleitet, oder aber als Getraͤnk mit Waſſer ver- miſcht gegeben. Je fruͤher er gebraucht wird, deſto beſſer iſt es; hat er die mindeſte Saͤurung angenommen, ſo wirkt er nachtheilig auf die Milch: deshalb iſt es am beſten, ihn ſo wie er warm aus der Blaſe kommt, mit Waſſer abzukuͤhlen. Dieſe Fuͤtterung muß indeſſen nur als Nebenfuͤtterung betrachtet und ſehr maͤ- ßig gegeben werden, wenn ſie keinen nachtheiligen Einfluß auf die Geſund- heit der Kuͤhe, wie man ihn bei Uebertreibung derſelben haͤufig bemerkt, ha- ben ſoll; man vertheilt die Portion fuͤr einen Maſtochſen wenigſtens auf vier Kuͤhe. Auch giebt der Branntweinſpuͤlicht ſchlechte Butter. Ein ſehr aufmerkſamer Landwirth klagte daß ſeine Kaͤlber hartſchlaͤgig wuͤr- den und dann ſtuͤrben. Es iſt ihm, wie mir, ſehr wahrſcheinlich, daß dies von dem Branntweinſpuͤlicht, den die Muͤtter erhalten, herruͤhrt. §. 29. Endlich werden den Kuͤhen Oelkuchen, die beſten von Leinſaamen, mit vorzuͤglichem Effekt gegeben. Man benutzt ſie am beſten im Getraͤnk, worin ſie aber voͤllig aufgeloͤſt ſeyn muͤſſen. Die beſte Vorrichtung dazu iſt folgende: man macht eine vertikale Abſcheerung des Kuͤbens mit Brettern, die viele kleine Bohrloͤcher haben, und zwar ſo, daß der kleinere Raum ⅓ des Ganzen betraͤgt. In dieſen giebt man den Oelkuchen und das Waſſer, und ruͤhrt es oft um. Aus dem anderen ſchoͤpft man das Getraͤnk, welches keine unaufge- loͤſte Stuͤcke, ſondern nur aufgeloͤſte Theile enthalten kann. Allmaͤhlig loͤſen ſich die Oelkuchen durch immer zugegebenes Waſſer voͤllig auf, und man thut dann von Zeit zu Zeit friſche hinzu. Sie machen das Getraͤnk dem Vieh ſehr angenehm und wirken augenſcheinlich auf die Vermehrung der Milch. Oelkuchen. S s 2

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812, S. 323. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft04_1812/347>, abgerufen am 29.03.2024.