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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812.

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Ernährung des Rindviehes.
gekocht, nnd so genauer mit dem Häcksel vermengt werden. Ich habe diese
Brühfütterung zwei Winter hindurch mit 12 bis 14 Milchkühen versucht, und
zwar mit dem Zusatze von Wurzelgewächsen und Kohl, die mit dem Wasser
gekocht wurden, und habe in diesen Wintern in der That einen Milchertrag
gehabt, der größer war, als ich ihn sonst hätte erwarten können. Es ward
das Futter täglich zweimal in zwei Braubottichen bereitet, des Morgens zu
der Mittag- und Abendfütterung, gegen Abend zu der Morgenfütterung, weil
es sonst nicht genugsam erkaltete. Ich habe aber nicht verhindern können,
ungeachtet die Gefäße oft mit Lauge ausgescheuert wurden, daß mit der mä-
ßigen Erkaltung zugleich eine Säurung eintrat, die in geringem Grade nicht
nachtheilig war, im stärkern aber, bei höherer Temperatur, das Futter dem nicht
sehr hungrigen Vieh widrig machte. Ueberdem aber verspürte ich, daß mein
Vieh im folgenden Sommer schwächlich wurde, und daß seine Verdauungskräfte
gelitten hatten, und ich verlor bei der grünen Sommerfütterung gewiß mehr
an Milch als ich im Winter gewonnen hatte. Ich gab sie also nach diesen
Versuchen wieder auf, da sie überdem sehr viele Arbeit erforderte, und ich
glaube, daß sie kaum in großen Wirthschaften durchgesetzt werden könne, son-
dern sich nur für kleine Wirthschaften von 3 bis 4 Milchkühen, und wo das
Wasser in den Stubenöfen erhitzt werden kann, passe; und hauptsächlich für
solche Kühe, die man abmelken und dann abschaffen will.

Die obenerwähnte Mengung des Häcksels mit warmem Branntweinspü-
licht kann als eine Art der Brühfütterung angesehen werden.

§. 32.

Futter-Ord-
nung.
Die Milchkühe im Winter zu starkem Saufen anzureizen, ist sehr wich-
tig. Sie saufen das sehr kalte Wasser nur, wenn starker Durst sie treibt; das
lau gemachte weit lieber. Man kann sie aber auch dazu vermögen, wenn man
dem Getränke nur ein weniges von mehligen Substanzen beimischt, und vor-
züglich passen sich dazu die Oelkuchen, wovon oben gesprochen worden. Das
Tränken muß nicht unmittelbar nach dem Futter, sondern in den Zwischen-
zeiten geschehen.

Es kömmt bei dem Futtern und Tränken auf eine genaue Haltung der
Zeit, woran das Vieh gewöhnt ist, an, und daß es zu jeder Zeit die Art von

Füt-

Ernaͤhrung des Rindviehes.
gekocht, nnd ſo genauer mit dem Haͤckſel vermengt werden. Ich habe dieſe
Bruͤhfuͤtterung zwei Winter hindurch mit 12 bis 14 Milchkuͤhen verſucht, und
zwar mit dem Zuſatze von Wurzelgewaͤchſen und Kohl, die mit dem Waſſer
gekocht wurden, und habe in dieſen Wintern in der That einen Milchertrag
gehabt, der groͤßer war, als ich ihn ſonſt haͤtte erwarten koͤnnen. Es ward
das Futter taͤglich zweimal in zwei Braubottichen bereitet, des Morgens zu
der Mittag- und Abendfuͤtterung, gegen Abend zu der Morgenfuͤtterung, weil
es ſonſt nicht genugſam erkaltete. Ich habe aber nicht verhindern koͤnnen,
ungeachtet die Gefaͤße oft mit Lauge ausgeſcheuert wurden, daß mit der maͤ-
ßigen Erkaltung zugleich eine Saͤurung eintrat, die in geringem Grade nicht
nachtheilig war, im ſtaͤrkern aber, bei hoͤherer Temperatur, das Futter dem nicht
ſehr hungrigen Vieh widrig machte. Ueberdem aber verſpuͤrte ich, daß mein
Vieh im folgenden Sommer ſchwaͤchlich wurde, und daß ſeine Verdauungskraͤfte
gelitten hatten, und ich verlor bei der gruͤnen Sommerfuͤtterung gewiß mehr
an Milch als ich im Winter gewonnen hatte. Ich gab ſie alſo nach dieſen
Verſuchen wieder auf, da ſie uͤberdem ſehr viele Arbeit erforderte, und ich
glaube, daß ſie kaum in großen Wirthſchaften durchgeſetzt werden koͤnne, ſon-
dern ſich nur fuͤr kleine Wirthſchaften von 3 bis 4 Milchkuͤhen, und wo das
Waſſer in den Stubenoͤfen erhitzt werden kann, paſſe; und hauptſaͤchlich fuͤr
ſolche Kuͤhe, die man abmelken und dann abſchaffen will.

Die obenerwaͤhnte Mengung des Haͤckſels mit warmem Branntweinſpuͤ-
licht kann als eine Art der Bruͤhfuͤtterung angeſehen werden.

§. 32.

Futter-Ord-
nung.
Die Milchkuͤhe im Winter zu ſtarkem Saufen anzureizen, iſt ſehr wich-
tig. Sie ſaufen das ſehr kalte Waſſer nur, wenn ſtarker Durſt ſie treibt; das
lau gemachte weit lieber. Man kann ſie aber auch dazu vermoͤgen, wenn man
dem Getraͤnke nur ein weniges von mehligen Subſtanzen beimiſcht, und vor-
zuͤglich paſſen ſich dazu die Oelkuchen, wovon oben geſprochen worden. Das
Traͤnken muß nicht unmittelbar nach dem Futter, ſondern in den Zwiſchen-
zeiten geſchehen.

Es koͤmmt bei dem Futtern und Traͤnken auf eine genaue Haltung der
Zeit, woran das Vieh gewoͤhnt iſt, an, und daß es zu jeder Zeit die Art von

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[328/0352] Ernaͤhrung des Rindviehes. gekocht, nnd ſo genauer mit dem Haͤckſel vermengt werden. Ich habe dieſe Bruͤhfuͤtterung zwei Winter hindurch mit 12 bis 14 Milchkuͤhen verſucht, und zwar mit dem Zuſatze von Wurzelgewaͤchſen und Kohl, die mit dem Waſſer gekocht wurden, und habe in dieſen Wintern in der That einen Milchertrag gehabt, der groͤßer war, als ich ihn ſonſt haͤtte erwarten koͤnnen. Es ward das Futter taͤglich zweimal in zwei Braubottichen bereitet, des Morgens zu der Mittag- und Abendfuͤtterung, gegen Abend zu der Morgenfuͤtterung, weil es ſonſt nicht genugſam erkaltete. Ich habe aber nicht verhindern koͤnnen, ungeachtet die Gefaͤße oft mit Lauge ausgeſcheuert wurden, daß mit der maͤ- ßigen Erkaltung zugleich eine Saͤurung eintrat, die in geringem Grade nicht nachtheilig war, im ſtaͤrkern aber, bei hoͤherer Temperatur, das Futter dem nicht ſehr hungrigen Vieh widrig machte. Ueberdem aber verſpuͤrte ich, daß mein Vieh im folgenden Sommer ſchwaͤchlich wurde, und daß ſeine Verdauungskraͤfte gelitten hatten, und ich verlor bei der gruͤnen Sommerfuͤtterung gewiß mehr an Milch als ich im Winter gewonnen hatte. Ich gab ſie alſo nach dieſen Verſuchen wieder auf, da ſie uͤberdem ſehr viele Arbeit erforderte, und ich glaube, daß ſie kaum in großen Wirthſchaften durchgeſetzt werden koͤnne, ſon- dern ſich nur fuͤr kleine Wirthſchaften von 3 bis 4 Milchkuͤhen, und wo das Waſſer in den Stubenoͤfen erhitzt werden kann, paſſe; und hauptſaͤchlich fuͤr ſolche Kuͤhe, die man abmelken und dann abſchaffen will. Die obenerwaͤhnte Mengung des Haͤckſels mit warmem Branntweinſpuͤ- licht kann als eine Art der Bruͤhfuͤtterung angeſehen werden. §. 32. Die Milchkuͤhe im Winter zu ſtarkem Saufen anzureizen, iſt ſehr wich- tig. Sie ſaufen das ſehr kalte Waſſer nur, wenn ſtarker Durſt ſie treibt; das lau gemachte weit lieber. Man kann ſie aber auch dazu vermoͤgen, wenn man dem Getraͤnke nur ein weniges von mehligen Subſtanzen beimiſcht, und vor- zuͤglich paſſen ſich dazu die Oelkuchen, wovon oben geſprochen worden. Das Traͤnken muß nicht unmittelbar nach dem Futter, ſondern in den Zwiſchen- zeiten geſchehen. Futter-Ord- nung. Es koͤmmt bei dem Futtern und Traͤnken auf eine genaue Haltung der Zeit, woran das Vieh gewoͤhnt iſt, an, und daß es zu jeder Zeit die Art von Fuͤt-

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812, S. 328. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft04_1812/352>, abgerufen am 25.04.2024.