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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812.

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Ernährung des Rindviehes.
welches überliegen soll, vorhanden, und für das andere Vieh überflüssig ist. Man
giebt dabei dann nur einige schwache Futter auf dem Stalle, und treibt dann das,
was man halbe Stallfütterung nennt.

§. 39.

Die halbe Stallfütterung, wobei das Vieh einen Theil des TagesHalbe Stall-
fütterung.

zugleich weidet, ist bei manchen sehr beliebt, und gewissen Wirthschaftsverhält-
nissen vorzüglich angemessen; z. B. wenn ein Weideanger vorhanden ist, der
wegen Gefahr der Ueberschwemmung, oder aus anderen Ursachen nicht anders,
als zur Weide benutzt werden kann, aber doch nicht zureicht, den gehörigen
Viehstand kräftig zu erhalten. Aus der Ursache findet man die halbe Stall-
fütterung häufig und höchst zweckmäßig in den Gegenden an der Elbe, Weser
und andern Strömen, wo sie nicht eingedeicht sind, oder wo hinter dem Deiche
fruchtbares, aber der Ueberschwemmung ausgesetztes Außenland liegt. Durch
diese Wechselung wird allerdings der Appetit des Viehes gereizt, es frißt
mehr, und giebt mehrere Milch, vorausgesetzt, daß die Weide gut sey; denn
bei einer schlechten kann es die durch die Stallfütterung erzeugte Milch nur
vergehen, und man schadet sich oft wesentlich, wenn man das Vieh bloß aus-
treibt, um eine schlechte Weide doch zu benutzen.

§. 40.

Nur bei ganz kleinen Wirthschaften sollte das Einholen des grünen FuttersEinholen des
Futters.

durch Mägde in Tragekörben nur geschehen; indessen findet man zuweilen, daß
die Mägde es bei 20 und 30 Stücken thun müssen. Ich halte dies auf allen
Fall für unwirthschaftlich.

Zuweilen läßt man es von den Ackerpferden einholen. Wenn sie des Mor-
gens ausgehen, so bringen sie den Futterwagen nach dem Felde hin, und wenn
sie Mittags und Abends zu Hause kommen, so holen sie den beladenen Futter-
wagen ab. Dies aber scheint mir viele Zeit zu versplittern, und Unordnung
zu veranlassen.

Die Kühe können wechselsweise das Futter selbst einholen, und man kann
wenigstens einen Theil derselben sehr leicht daran gewöhnen. Weit entfernt,
daß diese kleine Bewegung ihnen und ihrer Milchergiebigkeit nachtheilig seyn
sollte, hat man immer gefunden, daß es ihnen trefflich bekomme. Oder aber

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Ernaͤhrung des Rindviehes.
welches uͤberliegen ſoll, vorhanden, und fuͤr das andere Vieh uͤberfluͤſſig iſt. Man
giebt dabei dann nur einige ſchwache Futter auf dem Stalle, und treibt dann das,
was man halbe Stallfuͤtterung nennt.

§. 39.

Die halbe Stallfuͤtterung, wobei das Vieh einen Theil des TagesHalbe Stall-
fuͤtterung.

zugleich weidet, iſt bei manchen ſehr beliebt, und gewiſſen Wirthſchaftsverhaͤlt-
niſſen vorzuͤglich angemeſſen; z. B. wenn ein Weideanger vorhanden iſt, der
wegen Gefahr der Ueberſchwemmung, oder aus anderen Urſachen nicht anders,
als zur Weide benutzt werden kann, aber doch nicht zureicht, den gehoͤrigen
Viehſtand kraͤftig zu erhalten. Aus der Urſache findet man die halbe Stall-
fuͤtterung haͤufig und hoͤchſt zweckmaͤßig in den Gegenden an der Elbe, Weſer
und andern Stroͤmen, wo ſie nicht eingedeicht ſind, oder wo hinter dem Deiche
fruchtbares, aber der Ueberſchwemmung ausgeſetztes Außenland liegt. Durch
dieſe Wechſelung wird allerdings der Appetit des Viehes gereizt, es frißt
mehr, und giebt mehrere Milch, vorausgeſetzt, daß die Weide gut ſey; denn
bei einer ſchlechten kann es die durch die Stallfuͤtterung erzeugte Milch nur
vergehen, und man ſchadet ſich oft weſentlich, wenn man das Vieh bloß aus-
treibt, um eine ſchlechte Weide doch zu benutzen.

§. 40.

Nur bei ganz kleinen Wirthſchaften ſollte das Einholen des gruͤnen FuttersEinholen des
Futters.

durch Maͤgde in Tragekoͤrben nur geſchehen; indeſſen findet man zuweilen, daß
die Maͤgde es bei 20 und 30 Stuͤcken thun muͤſſen. Ich halte dies auf allen
Fall fuͤr unwirthſchaftlich.

Zuweilen laͤßt man es von den Ackerpferden einholen. Wenn ſie des Mor-
gens ausgehen, ſo bringen ſie den Futterwagen nach dem Felde hin, und wenn
ſie Mittags und Abends zu Hauſe kommen, ſo holen ſie den beladenen Futter-
wagen ab. Dies aber ſcheint mir viele Zeit zu verſplittern, und Unordnung
zu veranlaſſen.

Die Kuͤhe koͤnnen wechſelsweiſe das Futter ſelbſt einholen, und man kann
wenigſtens einen Theil derſelben ſehr leicht daran gewoͤhnen. Weit entfernt,
daß dieſe kleine Bewegung ihnen und ihrer Milchergiebigkeit nachtheilig ſeyn
ſollte, hat man immer gefunden, daß es ihnen trefflich bekomme. Oder aber

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[339/0363] Ernaͤhrung des Rindviehes. welches uͤberliegen ſoll, vorhanden, und fuͤr das andere Vieh uͤberfluͤſſig iſt. Man giebt dabei dann nur einige ſchwache Futter auf dem Stalle, und treibt dann das, was man halbe Stallfuͤtterung nennt. §. 39. Die halbe Stallfuͤtterung, wobei das Vieh einen Theil des Tages zugleich weidet, iſt bei manchen ſehr beliebt, und gewiſſen Wirthſchaftsverhaͤlt- niſſen vorzuͤglich angemeſſen; z. B. wenn ein Weideanger vorhanden iſt, der wegen Gefahr der Ueberſchwemmung, oder aus anderen Urſachen nicht anders, als zur Weide benutzt werden kann, aber doch nicht zureicht, den gehoͤrigen Viehſtand kraͤftig zu erhalten. Aus der Urſache findet man die halbe Stall- fuͤtterung haͤufig und hoͤchſt zweckmaͤßig in den Gegenden an der Elbe, Weſer und andern Stroͤmen, wo ſie nicht eingedeicht ſind, oder wo hinter dem Deiche fruchtbares, aber der Ueberſchwemmung ausgeſetztes Außenland liegt. Durch dieſe Wechſelung wird allerdings der Appetit des Viehes gereizt, es frißt mehr, und giebt mehrere Milch, vorausgeſetzt, daß die Weide gut ſey; denn bei einer ſchlechten kann es die durch die Stallfuͤtterung erzeugte Milch nur vergehen, und man ſchadet ſich oft weſentlich, wenn man das Vieh bloß aus- treibt, um eine ſchlechte Weide doch zu benutzen. Halbe Stall- fuͤtterung. §. 40. Nur bei ganz kleinen Wirthſchaften ſollte das Einholen des gruͤnen Futters durch Maͤgde in Tragekoͤrben nur geſchehen; indeſſen findet man zuweilen, daß die Maͤgde es bei 20 und 30 Stuͤcken thun muͤſſen. Ich halte dies auf allen Fall fuͤr unwirthſchaftlich. Einholen des Futters. Zuweilen laͤßt man es von den Ackerpferden einholen. Wenn ſie des Mor- gens ausgehen, ſo bringen ſie den Futterwagen nach dem Felde hin, und wenn ſie Mittags und Abends zu Hauſe kommen, ſo holen ſie den beladenen Futter- wagen ab. Dies aber ſcheint mir viele Zeit zu verſplittern, und Unordnung zu veranlaſſen. Die Kuͤhe koͤnnen wechſelsweiſe das Futter ſelbſt einholen, und man kann wenigſtens einen Theil derſelben ſehr leicht daran gewoͤhnen. Weit entfernt, daß dieſe kleine Bewegung ihnen und ihrer Milchergiebigkeit nachtheilig ſeyn ſollte, hat man immer gefunden, daß es ihnen trefflich bekomme. Oder aber U u 2

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812, S. 339. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft04_1812/363>, abgerufen am 24.04.2024.