Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812.

Bild:
<< vorherige Seite

Ernährung des Rindviehes.
werden können, = 1120 Quart. 12 Berliner Quart geben im Durchschnitt
1 Pfund Butter; eine Kuh also 93 1/3 Pfund jährlich.

Das Pfund Butter a 6 Gr. . . . 23 Rthlr. 8 Gr.
Käse und Molkenwerk 12 Quart zu 2 Gr.
gerechnet . . . . . . 7 Rthlr. 18 Gr. 8 Pf.
= 31 Rthlr. 2 Gr. 8 Pf.

7 Rthlr. 8 Gr. 8 Pf. werden etwa auf die sämmtlichen Wartungs- und
Molkereikosten abzurechnen seyn, welche ein Viehpächter, falls man die Mol-
kerei verpachtet, übernimmt. 24 Rthlr. würde also der höchste Pachtpreis seyn,
welchen ein Pächter für Kühe von diesem Molkenertrage geben könnte, wobei
er dann aber keinen Vortheil hätte. Deshalb ward er auch nur in den Jah-
ren, wo die Butterpreise beträchtlich höher gestiegen waren, nur hin und wie-
der gegeben. In Wirthschaften jedoch, welche sich durch ihre Kuhhaltung und
Weide auszeichnen, kann der Brutto-Ertrag einer Kuh, selbst nach Abzug der
Wartungs- und aller Nebenkosten, wohl auf 35 Rthlr. bei oben angenomme-
nem Butterpreise getrieben werden.

Man hat gesagt, daß eine bessere Haltung der Kühe wohl einen höheren
Ertrag gebe, aber die höheren Kosten würden dadurch nicht bezahlet; es sey
z. B. nicht rathsam, Heu für die Kühe anzukaufen. Es kommt aber auf die
Lokalität an, und der Marktpreis des Heues ist um vieles höher, als wofür
ich Heu oder ein Surrogat desselben in der Regel selbst erzeugen kann. Wenn
mir ein Scheffel Kartoffeln, aufs höchste berechnet, 2 Gr. zu produziren ko-
stet, und 1/4 Scheffel, einer Kuh täglich gegeben, mir nur den Werth der Milch
täglich um 1 Gr. vermehrt, so gewinne ich durch diese Benutzung auf den
Scheffel 2 Groschen. Dasjenige, was zur Erhaltung des Lebens einer Kuh
nöthig ist, muß auf jedem Fall, ohne daß es weiteren Nutzen bringt, gegeben
werden, das Uebrige macht erst Milch- oder Fleisch-Absatz; daher kommt eigent-
lich das über die Nothdurft gegebene erst zu Nutzen, und daraus folgt, daß
die Benutzung des Futters um so größer wird, je höher man damit steigt, je-
doch nur bis auf den Punkt, wo die Verdauungskräfte zureichen, das Futter
in Saft und Blut zu verwandeln. Es folgt ferner daraus, daß es nie rath-
sam seyn könne, mit dem Futter, welches zwei Kühe vollkommen bezwingen

Vierter Theil. X x

Ernaͤhrung des Rindviehes.
werden koͤnnen, = 1120 Quart. 12 Berliner Quart geben im Durchſchnitt
1 Pfund Butter; eine Kuh alſo 93⅓ Pfund jaͤhrlich.

Das Pfund Butter à 6 Gr. . . . 23 Rthlr. 8 Gr.
Kaͤſe und Molkenwerk 12 Quart zu 2 Gr.
gerechnet . . . . . . 7 Rthlr. 18 Gr. 8 Pf.
= 31 Rthlr. 2 Gr. 8 Pf.

7 Rthlr. 8 Gr. 8 Pf. werden etwa auf die ſaͤmmtlichen Wartungs- und
Molkereikoſten abzurechnen ſeyn, welche ein Viehpaͤchter, falls man die Mol-
kerei verpachtet, uͤbernimmt. 24 Rthlr. wuͤrde alſo der hoͤchſte Pachtpreis ſeyn,
welchen ein Paͤchter fuͤr Kuͤhe von dieſem Molkenertrage geben koͤnnte, wobei
er dann aber keinen Vortheil haͤtte. Deshalb ward er auch nur in den Jah-
ren, wo die Butterpreiſe betraͤchtlich hoͤher geſtiegen waren, nur hin und wie-
der gegeben. In Wirthſchaften jedoch, welche ſich durch ihre Kuhhaltung und
Weide auszeichnen, kann der Brutto-Ertrag einer Kuh, ſelbſt nach Abzug der
Wartungs- und aller Nebenkoſten, wohl auf 35 Rthlr. bei oben angenomme-
nem Butterpreiſe getrieben werden.

Man hat geſagt, daß eine beſſere Haltung der Kuͤhe wohl einen hoͤheren
Ertrag gebe, aber die hoͤheren Koſten wuͤrden dadurch nicht bezahlet; es ſey
z. B. nicht rathſam, Heu fuͤr die Kuͤhe anzukaufen. Es kommt aber auf die
Lokalitaͤt an, und der Marktpreis des Heues iſt um vieles hoͤher, als wofuͤr
ich Heu oder ein Surrogat deſſelben in der Regel ſelbſt erzeugen kann. Wenn
mir ein Scheffel Kartoffeln, aufs hoͤchſte berechnet, 2 Gr. zu produziren ko-
ſtet, und ¼ Scheffel, einer Kuh taͤglich gegeben, mir nur den Werth der Milch
taͤglich um 1 Gr. vermehrt, ſo gewinne ich durch dieſe Benutzung auf den
Scheffel 2 Groſchen. Dasjenige, was zur Erhaltung des Lebens einer Kuh
noͤthig iſt, muß auf jedem Fall, ohne daß es weiteren Nutzen bringt, gegeben
werden, das Uebrige macht erſt Milch- oder Fleiſch-Abſatz; daher kommt eigent-
lich das uͤber die Nothdurft gegebene erſt zu Nutzen, und daraus folgt, daß
die Benutzung des Futters um ſo groͤßer wird, je hoͤher man damit ſteigt, je-
doch nur bis auf den Punkt, wo die Verdauungskraͤfte zureichen, das Futter
in Saft und Blut zu verwandeln. Es folgt ferner daraus, daß es nie rath-
ſam ſeyn koͤnne, mit dem Futter, welches zwei Kuͤhe vollkommen bezwingen

Vierter Theil. X x
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0369" n="345"/><fw place="top" type="header">Erna&#x0364;hrung des Rindviehes.</fw><lb/>
werden ko&#x0364;nnen, = 1120 Quart. 12 Berliner Quart geben im Durch&#x017F;chnitt<lb/>
1 Pfund Butter; eine Kuh al&#x017F;o 93&#x2153; Pfund ja&#x0364;hrlich.</p><lb/>
              <list>
                <item>Das Pfund Butter <hi rendition="#aq">à</hi> 6 Gr. . . . 23 Rthlr. 8 Gr.</item><lb/>
                <item>Ka&#x0364;&#x017F;e und Molkenwerk 12 Quart zu 2 Gr.<lb/>
gerechnet . . . . . . <hi rendition="#u">7 Rthlr. 18 Gr. 8 Pf.</hi></item><lb/>
                <item> <hi rendition="#et">= 31 Rthlr. 2 Gr. 8 Pf.</hi> </item>
              </list><lb/>
              <p>7 Rthlr. 8 Gr. 8 Pf. werden etwa auf die &#x017F;a&#x0364;mmtlichen Wartungs- und<lb/>
Molkereiko&#x017F;ten abzurechnen &#x017F;eyn, welche ein Viehpa&#x0364;chter, falls man die Mol-<lb/>
kerei verpachtet, u&#x0364;bernimmt. 24 Rthlr. wu&#x0364;rde al&#x017F;o der ho&#x0364;ch&#x017F;te Pachtpreis &#x017F;eyn,<lb/>
welchen ein Pa&#x0364;chter fu&#x0364;r Ku&#x0364;he von die&#x017F;em Molkenertrage geben ko&#x0364;nnte, wobei<lb/>
er dann aber keinen Vortheil ha&#x0364;tte. Deshalb ward er auch nur in den Jah-<lb/>
ren, wo die Butterprei&#x017F;e betra&#x0364;chtlich ho&#x0364;her ge&#x017F;tiegen waren, nur hin und wie-<lb/>
der gegeben. In Wirth&#x017F;chaften jedoch, welche &#x017F;ich durch ihre Kuhhaltung und<lb/>
Weide auszeichnen, kann der Brutto-Ertrag einer Kuh, &#x017F;elb&#x017F;t nach Abzug der<lb/>
Wartungs- und aller Nebenko&#x017F;ten, wohl auf 35 Rthlr. bei oben angenomme-<lb/>
nem Butterprei&#x017F;e getrieben werden.</p><lb/>
              <p>Man hat ge&#x017F;agt, daß eine be&#x017F;&#x017F;ere Haltung der Ku&#x0364;he wohl einen ho&#x0364;heren<lb/>
Ertrag gebe, aber die ho&#x0364;heren Ko&#x017F;ten wu&#x0364;rden dadurch nicht bezahlet; es &#x017F;ey<lb/>
z. B. nicht rath&#x017F;am, Heu fu&#x0364;r die Ku&#x0364;he anzukaufen. Es kommt aber auf die<lb/>
Lokalita&#x0364;t an, und der Marktpreis des Heues i&#x017F;t um vieles ho&#x0364;her, als wofu&#x0364;r<lb/>
ich Heu oder ein Surrogat de&#x017F;&#x017F;elben in der Regel &#x017F;elb&#x017F;t erzeugen kann. Wenn<lb/>
mir ein Scheffel Kartoffeln, aufs ho&#x0364;ch&#x017F;te berechnet, 2 Gr. zu produziren ko-<lb/>
&#x017F;tet, und ¼ Scheffel, einer Kuh ta&#x0364;glich gegeben, mir nur den Werth der Milch<lb/>
ta&#x0364;glich um 1 Gr. vermehrt, &#x017F;o gewinne ich durch die&#x017F;e Benutzung auf den<lb/>
Scheffel 2 Gro&#x017F;chen. Dasjenige, was zur Erhaltung des Lebens einer Kuh<lb/>
no&#x0364;thig i&#x017F;t, muß auf jedem Fall, ohne daß es weiteren Nutzen bringt, gegeben<lb/>
werden, das Uebrige macht er&#x017F;t Milch- oder Flei&#x017F;ch-Ab&#x017F;atz; daher kommt eigent-<lb/>
lich das u&#x0364;ber die Nothdurft gegebene er&#x017F;t zu Nutzen, und daraus folgt, daß<lb/>
die Benutzung des Futters um &#x017F;o gro&#x0364;ßer wird, je ho&#x0364;her man damit &#x017F;teigt, je-<lb/>
doch nur bis auf den Punkt, wo die Verdauungskra&#x0364;fte zureichen, das Futter<lb/>
in Saft und Blut zu verwandeln. Es folgt ferner daraus, daß es nie rath-<lb/>
&#x017F;am &#x017F;eyn ko&#x0364;nne, mit dem Futter, welches zwei Ku&#x0364;he vollkommen bezwingen<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Vierter Theil. X x</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[345/0369] Ernaͤhrung des Rindviehes. werden koͤnnen, = 1120 Quart. 12 Berliner Quart geben im Durchſchnitt 1 Pfund Butter; eine Kuh alſo 93⅓ Pfund jaͤhrlich. Das Pfund Butter à 6 Gr. . . . 23 Rthlr. 8 Gr. Kaͤſe und Molkenwerk 12 Quart zu 2 Gr. gerechnet . . . . . . 7 Rthlr. 18 Gr. 8 Pf. = 31 Rthlr. 2 Gr. 8 Pf. 7 Rthlr. 8 Gr. 8 Pf. werden etwa auf die ſaͤmmtlichen Wartungs- und Molkereikoſten abzurechnen ſeyn, welche ein Viehpaͤchter, falls man die Mol- kerei verpachtet, uͤbernimmt. 24 Rthlr. wuͤrde alſo der hoͤchſte Pachtpreis ſeyn, welchen ein Paͤchter fuͤr Kuͤhe von dieſem Molkenertrage geben koͤnnte, wobei er dann aber keinen Vortheil haͤtte. Deshalb ward er auch nur in den Jah- ren, wo die Butterpreiſe betraͤchtlich hoͤher geſtiegen waren, nur hin und wie- der gegeben. In Wirthſchaften jedoch, welche ſich durch ihre Kuhhaltung und Weide auszeichnen, kann der Brutto-Ertrag einer Kuh, ſelbſt nach Abzug der Wartungs- und aller Nebenkoſten, wohl auf 35 Rthlr. bei oben angenomme- nem Butterpreiſe getrieben werden. Man hat geſagt, daß eine beſſere Haltung der Kuͤhe wohl einen hoͤheren Ertrag gebe, aber die hoͤheren Koſten wuͤrden dadurch nicht bezahlet; es ſey z. B. nicht rathſam, Heu fuͤr die Kuͤhe anzukaufen. Es kommt aber auf die Lokalitaͤt an, und der Marktpreis des Heues iſt um vieles hoͤher, als wofuͤr ich Heu oder ein Surrogat deſſelben in der Regel ſelbſt erzeugen kann. Wenn mir ein Scheffel Kartoffeln, aufs hoͤchſte berechnet, 2 Gr. zu produziren ko- ſtet, und ¼ Scheffel, einer Kuh taͤglich gegeben, mir nur den Werth der Milch taͤglich um 1 Gr. vermehrt, ſo gewinne ich durch dieſe Benutzung auf den Scheffel 2 Groſchen. Dasjenige, was zur Erhaltung des Lebens einer Kuh noͤthig iſt, muß auf jedem Fall, ohne daß es weiteren Nutzen bringt, gegeben werden, das Uebrige macht erſt Milch- oder Fleiſch-Abſatz; daher kommt eigent- lich das uͤber die Nothdurft gegebene erſt zu Nutzen, und daraus folgt, daß die Benutzung des Futters um ſo groͤßer wird, je hoͤher man damit ſteigt, je- doch nur bis auf den Punkt, wo die Verdauungskraͤfte zureichen, das Futter in Saft und Blut zu verwandeln. Es folgt ferner daraus, daß es nie rath- ſam ſeyn koͤnne, mit dem Futter, welches zwei Kuͤhe vollkommen bezwingen Vierter Theil. X x

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft04_1812
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft04_1812/369
Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812, S. 345. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft04_1812/369>, abgerufen am 25.04.2024.