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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812.

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Mastung des Rindviehes.
branter den Vortheil der auf holländische Methode betriebenen Branntweinbren-
nereien anerkennen, so bleiben sie doch bei ihrer alten, an sich sehr fehlerhaften
Art, um ihres Viehes willen. In den Rheingegenden findet man die Kornbren-
nerei der hohen Besteurung und der Konkurrenz des Weinträbern-Branntweins
wegen nicht mehr vortheilhaft; aber man setzt sie fort, weil sie durch den Mist
eine Stütze des Ackerbaues ist.

Der Spülicht anderer Früchte soll in Verhältniß stehen mit dem Brannt-
wein, den sie geben. Wenn z. B. 3 1/3 Schfl. Kartoffeln so viel Branntwein ge-
ben, wie 1 Schfl. Rocken, so habe auch ihr Spülicht so viele Nahrungskraft.
Andre aber wollen ihn schwächer befunden haben.

§. 71.

Regeln bei der
Stallmastung.
Bei der Branntwein-Mastung, so wie bei jeder Stallmastung, muß man
den Stall so einzurichten suchen, daß eine gleichmäßige Wärme und im Winter
eine ziemlich hohe Temperatur darin erhalten werde. Das Licht kann und muß
man abschneiden; denn so wichtig es für die Erhaltung der Gesundheit des blei-
benden Stallviehes ist, so befördert die Finsterniß doch den gewissermaßen kränk-
lichen Zustand der Feistigkeit, theils physisch, theils durch die größere Ruhe und
Schläfrigkeit, welche sie dem Viehe giebt.

Ein reinlicher Stand und viele Einstreuung hat eine sehr wohlthätige Wir-
kung. Das Vieh liegt dabei gern, und steht nur zum Fressen auf. Das Rein-
halten der Haut, das Striegeln und Kardätschen befördert die Mastung augen-
scheinlich, und das Vieh giebt die angenehme Empfindung, die ein solches verur-
sacht, deutlich zu erkennen. Die alten Haare lösen sich, so wie sich das Fett
abzusetzen anfängt, und es kommen neue. In diesem Zeitpunkte muß das Strie-
geln insbesondere nicht verabsäumt werden, und die Arbeit, die es erfordert, wird
sich sehr reichlich bezahlen. Wenn die Wirkung desselben beim Melkvieh noch
zweifelhaft ist, so ist sie dagegen durch allgemeine Erfahrung beim Mastvieh ent-
schieden. Man bedient sich dazu eines zackig gemachten Holzes mit einem beque-
men Handgriffe.

Die Zeit der Fütterung und die Stärke der Portionen muß genau beobach-
tet werden. Das Vieh bekommt eine sehr bestimmte Kenntniß der Zeit, wie man
dies selbst bei älterem Zugvieh beobachten kann, welches so wie seine Feierstunde

ein-

Maſtung des Rindviehes.
branter den Vortheil der auf hollaͤndiſche Methode betriebenen Branntweinbren-
nereien anerkennen, ſo bleiben ſie doch bei ihrer alten, an ſich ſehr fehlerhaften
Art, um ihres Viehes willen. In den Rheingegenden findet man die Kornbren-
nerei der hohen Beſteurung und der Konkurrenz des Weintraͤbern-Branntweins
wegen nicht mehr vortheilhaft; aber man ſetzt ſie fort, weil ſie durch den Miſt
eine Stuͤtze des Ackerbaues iſt.

Der Spuͤlicht anderer Fruͤchte ſoll in Verhaͤltniß ſtehen mit dem Brannt-
wein, den ſie geben. Wenn z. B. 3⅓ Schfl. Kartoffeln ſo viel Branntwein ge-
ben, wie 1 Schfl. Rocken, ſo habe auch ihr Spuͤlicht ſo viele Nahrungskraft.
Andre aber wollen ihn ſchwaͤcher befunden haben.

§. 71.

Regeln bei der
Stallmaſtung.
Bei der Branntwein-Maſtung, ſo wie bei jeder Stallmaſtung, muß man
den Stall ſo einzurichten ſuchen, daß eine gleichmaͤßige Waͤrme und im Winter
eine ziemlich hohe Temperatur darin erhalten werde. Das Licht kann und muß
man abſchneiden; denn ſo wichtig es fuͤr die Erhaltung der Geſundheit des blei-
benden Stallviehes iſt, ſo befoͤrdert die Finſterniß doch den gewiſſermaßen kraͤnk-
lichen Zuſtand der Feiſtigkeit, theils phyſiſch, theils durch die groͤßere Ruhe und
Schlaͤfrigkeit, welche ſie dem Viehe giebt.

Ein reinlicher Stand und viele Einſtreuung hat eine ſehr wohlthaͤtige Wir-
kung. Das Vieh liegt dabei gern, und ſteht nur zum Freſſen auf. Das Rein-
halten der Haut, das Striegeln und Kardaͤtſchen befoͤrdert die Maſtung augen-
ſcheinlich, und das Vieh giebt die angenehme Empfindung, die ein ſolches verur-
ſacht, deutlich zu erkennen. Die alten Haare loͤſen ſich, ſo wie ſich das Fett
abzuſetzen anfaͤngt, und es kommen neue. In dieſem Zeitpunkte muß das Strie-
geln insbeſondere nicht verabſaͤumt werden, und die Arbeit, die es erfordert, wird
ſich ſehr reichlich bezahlen. Wenn die Wirkung deſſelben beim Melkvieh noch
zweifelhaft iſt, ſo iſt ſie dagegen durch allgemeine Erfahrung beim Maſtvieh ent-
ſchieden. Man bedient ſich dazu eines zackig gemachten Holzes mit einem beque-
men Handgriffe.

Die Zeit der Fuͤtterung und die Staͤrke der Portionen muß genau beobach-
tet werden. Das Vieh bekommt eine ſehr beſtimmte Kenntniß der Zeit, wie man
dies ſelbſt bei aͤlterem Zugvieh beobachten kann, welches ſo wie ſeine Feierſtunde

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[368/0392] Maſtung des Rindviehes. branter den Vortheil der auf hollaͤndiſche Methode betriebenen Branntweinbren- nereien anerkennen, ſo bleiben ſie doch bei ihrer alten, an ſich ſehr fehlerhaften Art, um ihres Viehes willen. In den Rheingegenden findet man die Kornbren- nerei der hohen Beſteurung und der Konkurrenz des Weintraͤbern-Branntweins wegen nicht mehr vortheilhaft; aber man ſetzt ſie fort, weil ſie durch den Miſt eine Stuͤtze des Ackerbaues iſt. Der Spuͤlicht anderer Fruͤchte ſoll in Verhaͤltniß ſtehen mit dem Brannt- wein, den ſie geben. Wenn z. B. 3⅓ Schfl. Kartoffeln ſo viel Branntwein ge- ben, wie 1 Schfl. Rocken, ſo habe auch ihr Spuͤlicht ſo viele Nahrungskraft. Andre aber wollen ihn ſchwaͤcher befunden haben. §. 71. Bei der Branntwein-Maſtung, ſo wie bei jeder Stallmaſtung, muß man den Stall ſo einzurichten ſuchen, daß eine gleichmaͤßige Waͤrme und im Winter eine ziemlich hohe Temperatur darin erhalten werde. Das Licht kann und muß man abſchneiden; denn ſo wichtig es fuͤr die Erhaltung der Geſundheit des blei- benden Stallviehes iſt, ſo befoͤrdert die Finſterniß doch den gewiſſermaßen kraͤnk- lichen Zuſtand der Feiſtigkeit, theils phyſiſch, theils durch die groͤßere Ruhe und Schlaͤfrigkeit, welche ſie dem Viehe giebt. Regeln bei der Stallmaſtung. Ein reinlicher Stand und viele Einſtreuung hat eine ſehr wohlthaͤtige Wir- kung. Das Vieh liegt dabei gern, und ſteht nur zum Freſſen auf. Das Rein- halten der Haut, das Striegeln und Kardaͤtſchen befoͤrdert die Maſtung augen- ſcheinlich, und das Vieh giebt die angenehme Empfindung, die ein ſolches verur- ſacht, deutlich zu erkennen. Die alten Haare loͤſen ſich, ſo wie ſich das Fett abzuſetzen anfaͤngt, und es kommen neue. In dieſem Zeitpunkte muß das Strie- geln insbeſondere nicht verabſaͤumt werden, und die Arbeit, die es erfordert, wird ſich ſehr reichlich bezahlen. Wenn die Wirkung deſſelben beim Melkvieh noch zweifelhaft iſt, ſo iſt ſie dagegen durch allgemeine Erfahrung beim Maſtvieh ent- ſchieden. Man bedient ſich dazu eines zackig gemachten Holzes mit einem beque- men Handgriffe. Die Zeit der Fuͤtterung und die Staͤrke der Portionen muß genau beobach- tet werden. Das Vieh bekommt eine ſehr beſtimmte Kenntniß der Zeit, wie man dies ſelbſt bei aͤlterem Zugvieh beobachten kann, welches ſo wie ſeine Feierſtunde ein-

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812, S. 368. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft04_1812/392>, abgerufen am 29.03.2024.