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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812.

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Mastung des Rindviehes.

Wenn die Mastzeit 16 Wochen dauert, so gewinnt ein Ochse 224 Pfund
Fleisch und Fett, und vermehrt seinen Werth um 18 Rthl. 16 Gr. Er verzehrt,
wenn er bloß mit Heu gemästet wird, 40 Ctnr. 80 Pfd., wenn er mit Kartoffeln
gemästet wird, 10 Ctr. 20 Pfd. Heu und 67 Schfl. 20 Pfd. Kartoffeln.

Dauert die Mastzeit 20 Wochen, so muß der Ochse 280 Pfd. Fleisch und
23 Rthlr. 8 Gr. an Werthe gewinnen. Er verzehrt dann bei bloßer Heufütterung
50 Ctnr. 100 Pfd. Heu, oder 12 Ctnr. 80 Pfd. Heu und 84 Schfl. Kartoffeln.

Ich erwähne der andren saftigen Fütterungsmittel, des Kohls, der Rüben,
der Runkeln und Möhren, hier nicht. So häufig diese Mastungsmittel bei den
Engländern vorkommen, so selten werden sie bei uns als alleiniges Mastfutter
angewandt. Von der Mastung mit Runkelrüben finden wir bei den Engländern
nichts, und so nutzbar sie den Milchkühen sind, so zweifle ich doch daran, daß
ein Stück Mastvieh sie auhaltend in dem Maaße vertragen werde, worin sie als
alleiniges Mastfutter gegeben werden müßten, da ich in diesem Herbste bemerkt
habe, daß Kühe, denen sie als alleiniges Futter, jedoch neben Stroh reichlich
gegeben wurden, eine Unverdaulichkeit davon und Widerwillen dagegen bekamen.
Die große Menge von Zuckerstoff, welche sie enthalten, scheint dem thierischen
Körper nur in einem gewissen Maaße zuträglich zu seyn. Als Nebenfutter bei
den mehlichten Kartoffeln werden sie aber sehr wohlthätig seyn. Bei den andern
Früchten wird übrigens das Verhältniß statt finden, was ich von ihnen Bd. I.
S. 263. angegeben habe.

Die Kartoffeln werden hier durchaus roh, gestampft oder auf der Schneide-
maschine in Scheiben geschnitten, gefüttert. Ich kenne nach eigener Ansicht keine
Rindviehmastung, wo man sie gekocht oder im Dampfe gar gemacht hätte, un-
geachtet die Einrichtungen zu letzterem in sehr vielen Branntweinbrennereien auch
zur Schweinemastung vorhanden sind.. In wiefern also die Kochung vortheilhafter
sey, vermag ich nicht zu entscheiden. Wenn neben den Kartoffeln 10. Pfd. Heu
täglich gefüttert werden, und dem Viehe gutes Stroh vorgeworfen, oder beides
mit einander zu Häcksel geschnitten wird, so habe ich nicht einen nachtheiligen
Durchlauf bei der Fütterung roher Kartoffeln bemerkt. Wenn man sie aber mit
bloßen Kartoffeln füttern wollte, und gar kein Heu hätte, so besorge ich, daß er
entstehen könnte, und in dem Fall würde die Abkochung vorzuziehen seyn.


Maſtung des Rindviehes.

Wenn die Maſtzeit 16 Wochen dauert, ſo gewinnt ein Ochſe 224 Pfund
Fleiſch und Fett, und vermehrt ſeinen Werth um 18 Rthl. 16 Gr. Er verzehrt,
wenn er bloß mit Heu gemaͤſtet wird, 40 Ctnr. 80 Pfd., wenn er mit Kartoffeln
gemaͤſtet wird, 10 Ctr. 20 Pfd. Heu und 67 Schfl. 20 Pfd. Kartoffeln.

Dauert die Maſtzeit 20 Wochen, ſo muß der Ochſe 280 Pfd. Fleiſch und
23 Rthlr. 8 Gr. an Werthe gewinnen. Er verzehrt dann bei bloßer Heufuͤtterung
50 Ctnr. 100 Pfd. Heu, oder 12 Ctnr. 80 Pfd. Heu und 84 Schfl. Kartoffeln.

Ich erwaͤhne der andren ſaftigen Fuͤtterungsmittel, des Kohls, der Ruͤben,
der Runkeln und Moͤhren, hier nicht. So haͤufig dieſe Maſtungsmittel bei den
Englaͤndern vorkommen, ſo ſelten werden ſie bei uns als alleiniges Maſtfutter
angewandt. Von der Maſtung mit Runkelruͤben finden wir bei den Englaͤndern
nichts, und ſo nutzbar ſie den Milchkuͤhen ſind, ſo zweifle ich doch daran, daß
ein Stuͤck Maſtvieh ſie auhaltend in dem Maaße vertragen werde, worin ſie als
alleiniges Maſtfutter gegeben werden muͤßten, da ich in dieſem Herbſte bemerkt
habe, daß Kuͤhe, denen ſie als alleiniges Futter, jedoch neben Stroh reichlich
gegeben wurden, eine Unverdaulichkeit davon und Widerwillen dagegen bekamen.
Die große Menge von Zuckerſtoff, welche ſie enthalten, ſcheint dem thieriſchen
Koͤrper nur in einem gewiſſen Maaße zutraͤglich zu ſeyn. Als Nebenfutter bei
den mehlichten Kartoffeln werden ſie aber ſehr wohlthaͤtig ſeyn. Bei den andern
Fruͤchten wird uͤbrigens das Verhaͤltniß ſtatt finden, was ich von ihnen Bd. I.
S. 263. angegeben habe.

Die Kartoffeln werden hier durchaus roh, geſtampft oder auf der Schneide-
maſchine in Scheiben geſchnitten, gefuͤttert. Ich kenne nach eigener Anſicht keine
Rindviehmaſtung, wo man ſie gekocht oder im Dampfe gar gemacht haͤtte, un-
geachtet die Einrichtungen zu letzterem in ſehr vielen Branntweinbrennereien auch
zur Schweinemaſtung vorhanden ſind.. In wiefern alſo die Kochung vortheilhafter
ſey, vermag ich nicht zu entſcheiden. Wenn neben den Kartoffeln 10. Pfd. Heu
taͤglich gefuͤttert werden, und dem Viehe gutes Stroh vorgeworfen, oder beides
mit einander zu Haͤckſel geſchnitten wird, ſo habe ich nicht einen nachtheiligen
Durchlauf bei der Fuͤtterung roher Kartoffeln bemerkt. Wenn man ſie aber mit
bloßen Kartoffeln fuͤttern wollte, und gar kein Heu haͤtte, ſo beſorge ich, daß er
entſtehen koͤnnte, und in dem Fall wuͤrde die Abkochung vorzuziehen ſeyn.


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[370/0394] Maſtung des Rindviehes. Wenn die Maſtzeit 16 Wochen dauert, ſo gewinnt ein Ochſe 224 Pfund Fleiſch und Fett, und vermehrt ſeinen Werth um 18 Rthl. 16 Gr. Er verzehrt, wenn er bloß mit Heu gemaͤſtet wird, 40 Ctnr. 80 Pfd., wenn er mit Kartoffeln gemaͤſtet wird, 10 Ctr. 20 Pfd. Heu und 67 Schfl. 20 Pfd. Kartoffeln. Dauert die Maſtzeit 20 Wochen, ſo muß der Ochſe 280 Pfd. Fleiſch und 23 Rthlr. 8 Gr. an Werthe gewinnen. Er verzehrt dann bei bloßer Heufuͤtterung 50 Ctnr. 100 Pfd. Heu, oder 12 Ctnr. 80 Pfd. Heu und 84 Schfl. Kartoffeln. Ich erwaͤhne der andren ſaftigen Fuͤtterungsmittel, des Kohls, der Ruͤben, der Runkeln und Moͤhren, hier nicht. So haͤufig dieſe Maſtungsmittel bei den Englaͤndern vorkommen, ſo ſelten werden ſie bei uns als alleiniges Maſtfutter angewandt. Von der Maſtung mit Runkelruͤben finden wir bei den Englaͤndern nichts, und ſo nutzbar ſie den Milchkuͤhen ſind, ſo zweifle ich doch daran, daß ein Stuͤck Maſtvieh ſie auhaltend in dem Maaße vertragen werde, worin ſie als alleiniges Maſtfutter gegeben werden muͤßten, da ich in dieſem Herbſte bemerkt habe, daß Kuͤhe, denen ſie als alleiniges Futter, jedoch neben Stroh reichlich gegeben wurden, eine Unverdaulichkeit davon und Widerwillen dagegen bekamen. Die große Menge von Zuckerſtoff, welche ſie enthalten, ſcheint dem thieriſchen Koͤrper nur in einem gewiſſen Maaße zutraͤglich zu ſeyn. Als Nebenfutter bei den mehlichten Kartoffeln werden ſie aber ſehr wohlthaͤtig ſeyn. Bei den andern Fruͤchten wird uͤbrigens das Verhaͤltniß ſtatt finden, was ich von ihnen Bd. I. S. 263. angegeben habe. Die Kartoffeln werden hier durchaus roh, geſtampft oder auf der Schneide- maſchine in Scheiben geſchnitten, gefuͤttert. Ich kenne nach eigener Anſicht keine Rindviehmaſtung, wo man ſie gekocht oder im Dampfe gar gemacht haͤtte, un- geachtet die Einrichtungen zu letzterem in ſehr vielen Branntweinbrennereien auch zur Schweinemaſtung vorhanden ſind.. In wiefern alſo die Kochung vortheilhafter ſey, vermag ich nicht zu entſcheiden. Wenn neben den Kartoffeln 10. Pfd. Heu taͤglich gefuͤttert werden, und dem Viehe gutes Stroh vorgeworfen, oder beides mit einander zu Haͤckſel geſchnitten wird, ſo habe ich nicht einen nachtheiligen Durchlauf bei der Fuͤtterung roher Kartoffeln bemerkt. Wenn man ſie aber mit bloßen Kartoffeln fuͤttern wollte, und gar kein Heu haͤtte, ſo beſorge ich, daß er entſtehen koͤnnte, und in dem Fall wuͤrde die Abkochung vorzuziehen ſeyn.

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812, S. 370. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft04_1812/394>, abgerufen am 29.03.2024.