Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812.

Bild:
<< vorherige Seite
Mastung des Rindviehes.

Am besten mästet sich Rindvieh immer im siebenten oder achten Jahre. Jün-
geres Vieh, was sich noch nicht ganz ausgelegt hat, kann zwar sehr feist werden,
und dann vorzüglich saftiges und feinfasriges Fleisch geben, allein es erfordert im-
mer mehreres Futter und längere Zeit. Altes Vieh setzt nicht so schnell auf, wenn
es indessen noch ein die Fütterung bezwingendes Gebiß hat, so kann es in Hinsicht
des wohlfeileren Einkaufspreises doch manchmal sehr vortheilhaft seyn und sehr gut
werden. Manche, auch unter den Engländern, wollen bemerkt haben, daß das
Vieh um so besser werde, je stärker es zuletzt gearbeitet habe und je mehr es ab-
getrieben sey, wo man es dann freilich bei dem Einkaufe nur nach diesem Verhält-
nisse bezahlen muß. Dies abgearbeitete, im Fleische ganz abgefallene Vieh soll,
wenn es nun auf starke Fütterung kommt, wie sie sagen, ganz neues Fleisch und
dieses feinfasriger und saftiger ansetzen, wenn es gleich schon ziemlich alt war. Nur
müsse seine Mastung völlig vollendet werden.

Ein verschnittener Bulle ist nicht eher zu mästen, als nachdem er vor dem
Pfluge oder durch andere Arbeit sein Bullenfleisch völlig verlohren hat. Er muß
daher erst zwei Jahre tüchtig gearbeitet haben. Dann wird er völlig so gut, und
sein Fleisch eben so schmackhaft, wie das eines früh verschnittenen Ochsen.

Verschnittene Kühe kommen bei uns nur selten vor. Die sind aber, nach-
dem sie auch gleich den Ochsen gearbeitet haben, vorzüglich mastfähig und geben
das delikateste Fleisch unter allen Vieharten. Das Verschneiden der Kühe in
der Jugend hält man, wo es erfahrne Operateurs giebt, fast für eben so ge-
fahrlos, als das Verschneiden der jungen Ochsen. Ja, man hat Beispiele, daß
es bei dreijährigen Kühen noch mit sehr glücklichem Erfolge unternommen wor-
den. Unter den aus dem Oldenburgischen hierher gebrachten Fersen findet sich
zuweilen eine, die verschnitten ist.

§. 76.

Bei einer regulären Mastung ist es immer am rathsamsten, sich bei dem
Verkauf an einen erfahrnen und rechtlichen Viehhändler zu halten, und demsel-
ben seinen billigen Profit dabei zu gönnen. Wenn er die Mastung, die in
einer Wirthschaft betrieben wird, einmal kennt, und sich das Fleisch bei den Flei-
schern und ihren Kunden empfiehlt, so wird auch er das Vieh nicht gern fah-
ren lassen. Und könnte man auch zuweilen, wenn man es selbst auf den Markt

Maſtung des Rindviehes.

Am beſten maͤſtet ſich Rindvieh immer im ſiebenten oder achten Jahre. Juͤn-
geres Vieh, was ſich noch nicht ganz ausgelegt hat, kann zwar ſehr feiſt werden,
und dann vorzuͤglich ſaftiges und feinfaſriges Fleiſch geben, allein es erfordert im-
mer mehreres Futter und laͤngere Zeit. Altes Vieh ſetzt nicht ſo ſchnell auf, wenn
es indeſſen noch ein die Fuͤtterung bezwingendes Gebiß hat, ſo kann es in Hinſicht
des wohlfeileren Einkaufspreiſes doch manchmal ſehr vortheilhaft ſeyn und ſehr gut
werden. Manche, auch unter den Englaͤndern, wollen bemerkt haben, daß das
Vieh um ſo beſſer werde, je ſtaͤrker es zuletzt gearbeitet habe und je mehr es ab-
getrieben ſey, wo man es dann freilich bei dem Einkaufe nur nach dieſem Verhaͤlt-
niſſe bezahlen muß. Dies abgearbeitete, im Fleiſche ganz abgefallene Vieh ſoll,
wenn es nun auf ſtarke Fuͤtterung kommt, wie ſie ſagen, ganz neues Fleiſch und
dieſes feinfaſriger und ſaftiger anſetzen, wenn es gleich ſchon ziemlich alt war. Nur
muͤſſe ſeine Maſtung voͤllig vollendet werden.

Ein verſchnittener Bulle iſt nicht eher zu maͤſten, als nachdem er vor dem
Pfluge oder durch andere Arbeit ſein Bullenfleiſch voͤllig verlohren hat. Er muß
daher erſt zwei Jahre tuͤchtig gearbeitet haben. Dann wird er voͤllig ſo gut, und
ſein Fleiſch eben ſo ſchmackhaft, wie das eines fruͤh verſchnittenen Ochſen.

Verſchnittene Kuͤhe kommen bei uns nur ſelten vor. Die ſind aber, nach-
dem ſie auch gleich den Ochſen gearbeitet haben, vorzuͤglich maſtfaͤhig und geben
das delikateſte Fleiſch unter allen Vieharten. Das Verſchneiden der Kuͤhe in
der Jugend haͤlt man, wo es erfahrne Operateurs giebt, faſt fuͤr eben ſo ge-
fahrlos, als das Verſchneiden der jungen Ochſen. Ja, man hat Beiſpiele, daß
es bei dreijaͤhrigen Kuͤhen noch mit ſehr gluͤcklichem Erfolge unternommen wor-
den. Unter den aus dem Oldenburgiſchen hierher gebrachten Ferſen findet ſich
zuweilen eine, die verſchnitten iſt.

§. 76.

Bei einer regulaͤren Maſtung iſt es immer am rathſamſten, ſich bei dem
Verkauf an einen erfahrnen und rechtlichen Viehhaͤndler zu halten, und demſel-
ben ſeinen billigen Profit dabei zu goͤnnen. Wenn er die Maſtung, die in
einer Wirthſchaft betrieben wird, einmal kennt, und ſich das Fleiſch bei den Flei-
ſchern und ihren Kunden empfiehlt, ſo wird auch er das Vieh nicht gern fah-
ren laſſen. Und koͤnnte man auch zuweilen, wenn man es ſelbſt auf den Markt

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <pb facs="#f0396" n="372"/>
              <fw place="top" type="header">Ma&#x017F;tung des Rindviehes.</fw><lb/>
              <p>Am be&#x017F;ten ma&#x0364;&#x017F;tet &#x017F;ich Rindvieh immer im &#x017F;iebenten oder achten Jahre. Ju&#x0364;n-<lb/>
geres Vieh, was &#x017F;ich noch nicht ganz ausgelegt hat, kann zwar &#x017F;ehr fei&#x017F;t werden,<lb/>
und dann vorzu&#x0364;glich &#x017F;aftiges und feinfa&#x017F;riges Flei&#x017F;ch geben, allein es erfordert im-<lb/>
mer mehreres Futter und la&#x0364;ngere Zeit. Altes Vieh &#x017F;etzt nicht &#x017F;o &#x017F;chnell auf, wenn<lb/>
es inde&#x017F;&#x017F;en noch ein die Fu&#x0364;tterung bezwingendes Gebiß hat, &#x017F;o kann es in Hin&#x017F;icht<lb/>
des wohlfeileren Einkaufsprei&#x017F;es doch manchmal &#x017F;ehr vortheilhaft &#x017F;eyn und &#x017F;ehr gut<lb/>
werden. Manche, auch unter den Engla&#x0364;ndern, wollen bemerkt haben, daß das<lb/>
Vieh um &#x017F;o be&#x017F;&#x017F;er werde, je &#x017F;ta&#x0364;rker es zuletzt gearbeitet habe und je mehr es ab-<lb/>
getrieben &#x017F;ey, wo man es dann freilich bei dem Einkaufe nur nach die&#x017F;em Verha&#x0364;lt-<lb/>
ni&#x017F;&#x017F;e bezahlen muß. Dies abgearbeitete, im Flei&#x017F;che ganz abgefallene Vieh &#x017F;oll,<lb/>
wenn es nun auf &#x017F;tarke Fu&#x0364;tterung kommt, wie &#x017F;ie &#x017F;agen, ganz neues Flei&#x017F;ch und<lb/>
die&#x017F;es feinfa&#x017F;riger und &#x017F;aftiger an&#x017F;etzen, wenn es gleich &#x017F;chon ziemlich alt war. Nur<lb/>
mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e &#x017F;eine Ma&#x017F;tung vo&#x0364;llig vollendet werden.</p><lb/>
              <p>Ein ver&#x017F;chnittener Bulle i&#x017F;t nicht eher zu ma&#x0364;&#x017F;ten, als nachdem er vor dem<lb/>
Pfluge oder durch andere Arbeit &#x017F;ein Bullenflei&#x017F;ch vo&#x0364;llig verlohren hat. Er muß<lb/>
daher er&#x017F;t zwei Jahre tu&#x0364;chtig gearbeitet haben. Dann wird er vo&#x0364;llig &#x017F;o gut, und<lb/>
&#x017F;ein Flei&#x017F;ch eben &#x017F;o &#x017F;chmackhaft, wie das eines fru&#x0364;h ver&#x017F;chnittenen Och&#x017F;en.</p><lb/>
              <p>Ver&#x017F;chnittene Ku&#x0364;he kommen bei uns nur &#x017F;elten vor. Die &#x017F;ind aber, nach-<lb/>
dem &#x017F;ie auch gleich den Och&#x017F;en gearbeitet haben, vorzu&#x0364;glich ma&#x017F;tfa&#x0364;hig und geben<lb/>
das delikate&#x017F;te Flei&#x017F;ch unter allen Vieharten. Das Ver&#x017F;chneiden der Ku&#x0364;he in<lb/>
der Jugend ha&#x0364;lt man, wo es erfahrne Operateurs giebt, fa&#x017F;t fu&#x0364;r eben &#x017F;o ge-<lb/>
fahrlos, als das Ver&#x017F;chneiden der jungen Och&#x017F;en. Ja, man hat Bei&#x017F;piele, daß<lb/>
es bei dreija&#x0364;hrigen Ku&#x0364;hen noch mit &#x017F;ehr glu&#x0364;cklichem Erfolge unternommen wor-<lb/>
den. Unter den aus dem Oldenburgi&#x017F;chen hierher gebrachten Fer&#x017F;en findet &#x017F;ich<lb/>
zuweilen eine, die ver&#x017F;chnitten i&#x017F;t.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 76.</head><lb/>
              <p>Bei einer regula&#x0364;ren Ma&#x017F;tung i&#x017F;t es immer am rath&#x017F;am&#x017F;ten, &#x017F;ich bei dem<lb/>
Verkauf an einen erfahrnen und rechtlichen Viehha&#x0364;ndler zu halten, und dem&#x017F;el-<lb/>
ben &#x017F;einen billigen Profit dabei zu go&#x0364;nnen. Wenn er die Ma&#x017F;tung, die in<lb/>
einer Wirth&#x017F;chaft betrieben wird, einmal kennt, und &#x017F;ich das Flei&#x017F;ch bei den Flei-<lb/>
&#x017F;chern und ihren Kunden empfiehlt, &#x017F;o wird auch er das Vieh nicht gern fah-<lb/>
ren la&#x017F;&#x017F;en. Und ko&#x0364;nnte man auch zuweilen, wenn man es &#x017F;elb&#x017F;t auf den Markt<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[372/0396] Maſtung des Rindviehes. Am beſten maͤſtet ſich Rindvieh immer im ſiebenten oder achten Jahre. Juͤn- geres Vieh, was ſich noch nicht ganz ausgelegt hat, kann zwar ſehr feiſt werden, und dann vorzuͤglich ſaftiges und feinfaſriges Fleiſch geben, allein es erfordert im- mer mehreres Futter und laͤngere Zeit. Altes Vieh ſetzt nicht ſo ſchnell auf, wenn es indeſſen noch ein die Fuͤtterung bezwingendes Gebiß hat, ſo kann es in Hinſicht des wohlfeileren Einkaufspreiſes doch manchmal ſehr vortheilhaft ſeyn und ſehr gut werden. Manche, auch unter den Englaͤndern, wollen bemerkt haben, daß das Vieh um ſo beſſer werde, je ſtaͤrker es zuletzt gearbeitet habe und je mehr es ab- getrieben ſey, wo man es dann freilich bei dem Einkaufe nur nach dieſem Verhaͤlt- niſſe bezahlen muß. Dies abgearbeitete, im Fleiſche ganz abgefallene Vieh ſoll, wenn es nun auf ſtarke Fuͤtterung kommt, wie ſie ſagen, ganz neues Fleiſch und dieſes feinfaſriger und ſaftiger anſetzen, wenn es gleich ſchon ziemlich alt war. Nur muͤſſe ſeine Maſtung voͤllig vollendet werden. Ein verſchnittener Bulle iſt nicht eher zu maͤſten, als nachdem er vor dem Pfluge oder durch andere Arbeit ſein Bullenfleiſch voͤllig verlohren hat. Er muß daher erſt zwei Jahre tuͤchtig gearbeitet haben. Dann wird er voͤllig ſo gut, und ſein Fleiſch eben ſo ſchmackhaft, wie das eines fruͤh verſchnittenen Ochſen. Verſchnittene Kuͤhe kommen bei uns nur ſelten vor. Die ſind aber, nach- dem ſie auch gleich den Ochſen gearbeitet haben, vorzuͤglich maſtfaͤhig und geben das delikateſte Fleiſch unter allen Vieharten. Das Verſchneiden der Kuͤhe in der Jugend haͤlt man, wo es erfahrne Operateurs giebt, faſt fuͤr eben ſo ge- fahrlos, als das Verſchneiden der jungen Ochſen. Ja, man hat Beiſpiele, daß es bei dreijaͤhrigen Kuͤhen noch mit ſehr gluͤcklichem Erfolge unternommen wor- den. Unter den aus dem Oldenburgiſchen hierher gebrachten Ferſen findet ſich zuweilen eine, die verſchnitten iſt. §. 76. Bei einer regulaͤren Maſtung iſt es immer am rathſamſten, ſich bei dem Verkauf an einen erfahrnen und rechtlichen Viehhaͤndler zu halten, und demſel- ben ſeinen billigen Profit dabei zu goͤnnen. Wenn er die Maſtung, die in einer Wirthſchaft betrieben wird, einmal kennt, und ſich das Fleiſch bei den Flei- ſchern und ihren Kunden empfiehlt, ſo wird auch er das Vieh nicht gern fah- ren laſſen. Und koͤnnte man auch zuweilen, wenn man es ſelbſt auf den Markt

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft04_1812
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft04_1812/396
Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812, S. 372. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft04_1812/396>, abgerufen am 19.04.2024.