Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Schweinezucht.
sie dem Erzieher beträchtlich mehr gekostet hatten. Hier ist einer der Fälle, wo
ein Landwirth, der sich durch das Steigen und Fallen der Preise gleich allarmiren
läßt und der allgemeinen Meinung folgt, ohne den Grund derselben gehörig zu prü-
fen, immer falsche Maaßregeln wählen und seine Schweinezucht vermindern wird,
statt sie zu vermehren, indem er, wenn die meisten sie vermindern, davon nach
zwei Jahren den größten Vortheil haben könnte. Wenn dagegen die meisten,
angelockt durch den hohen Preis, den sie, aller Erfahrung entgegen, nun für be-
ständig halten, ihre Schweinezucht vermehren, so hat der weiter in die Zukunft
sehende Landwirth einen Grund sie zu vermindern, ohne sie jedoch ganz aufzugeben.

§. 79.

Die im nördlichen Deutschlande bekanntesten Schweineracen, die man aberRacen.
ebenfalls häufig und mannigfaltig durchkreuzt findet, sind folgende:

a) Die Moldauischen, Wallachischen, Bosnischen Schweine zeichnen sich
durch ihre Größe aus, sind schwarzgrau von Farbe und haben sehr große Ohren.

b) Die Polnischen, eigentlich wohl Podolischen Schweine, sind ebenfalls
sehr groß, aber gelblich von Farbe und haben einen breiten braunen Streifen auf
den Rückgrad herunter.

Beide Racen geben vorzüglich starke Mastschweine, erfordern aber auch in
dem Verhältnisse Futter und sind nicht sehr fruchtbar, indem sie mehrentheils nur
3 bis 5 Ferkeln werfen.

c) Bairische Schweine, die mehrentheils rothbraun gefleckt sind. Man
rühmt sie wegen ihres feinen Knochenbaues und ihrer vorzüglichen Mastfähigkeit,
wirft ihnen aber vor, daß ihr Fleisch zu weichlich sey.

d) Die Westphälischen Schweine von beträchtlicher Größe und die sich da-
bei stark vermehren, 10 bis 12 Ferkel werfen.

e) Sogenannte englische Schweine. Ob sie aus England, wo man aller-
dings auch auf die Schweinezucht eine große Aufmerksamkeit gewandt und man-
cherlei Racen hat, herstammen, weiß ich nicht. Sie werden noch länger und
tiefleibiger als die westphälischen, erfordern aber sehr nahrhafte Weide und
Fütterung.

Man hält eine Durchkreuzung der beiden letzten Arten für sehr vortheilhaft.


Die Schweinezucht.
ſie dem Erzieher betraͤchtlich mehr gekoſtet hatten. Hier iſt einer der Faͤlle, wo
ein Landwirth, der ſich durch das Steigen und Fallen der Preiſe gleich allarmiren
laͤßt und der allgemeinen Meinung folgt, ohne den Grund derſelben gehoͤrig zu pruͤ-
fen, immer falſche Maaßregeln waͤhlen und ſeine Schweinezucht vermindern wird,
ſtatt ſie zu vermehren, indem er, wenn die meiſten ſie vermindern, davon nach
zwei Jahren den groͤßten Vortheil haben koͤnnte. Wenn dagegen die meiſten,
angelockt durch den hohen Preis, den ſie, aller Erfahrung entgegen, nun fuͤr be-
ſtaͤndig halten, ihre Schweinezucht vermehren, ſo hat der weiter in die Zukunft
ſehende Landwirth einen Grund ſie zu vermindern, ohne ſie jedoch ganz aufzugeben.

§. 79.

Die im noͤrdlichen Deutſchlande bekannteſten Schweineraçen, die man aberRaçen.
ebenfalls haͤufig und mannigfaltig durchkreuzt findet, ſind folgende:

a) Die Moldauiſchen, Wallachiſchen, Bosniſchen Schweine zeichnen ſich
durch ihre Groͤße aus, ſind ſchwarzgrau von Farbe und haben ſehr große Ohren.

b) Die Polniſchen, eigentlich wohl Podoliſchen Schweine, ſind ebenfalls
ſehr groß, aber gelblich von Farbe und haben einen breiten braunen Streifen auf
den Ruͤckgrad herunter.

Beide Raçen geben vorzuͤglich ſtarke Maſtſchweine, erfordern aber auch in
dem Verhaͤltniſſe Futter und ſind nicht ſehr fruchtbar, indem ſie mehrentheils nur
3 bis 5 Ferkeln werfen.

c) Bairiſche Schweine, die mehrentheils rothbraun gefleckt ſind. Man
ruͤhmt ſie wegen ihres feinen Knochenbaues und ihrer vorzuͤglichen Maſtfaͤhigkeit,
wirft ihnen aber vor, daß ihr Fleiſch zu weichlich ſey.

d) Die Weſtphaͤliſchen Schweine von betraͤchtlicher Groͤße und die ſich da-
bei ſtark vermehren, 10 bis 12 Ferkel werfen.

e) Sogenannte engliſche Schweine. Ob ſie aus England, wo man aller-
dings auch auf die Schweinezucht eine große Aufmerkſamkeit gewandt und man-
cherlei Raçen hat, herſtammen, weiß ich nicht. Sie werden noch laͤnger und
tiefleibiger als die weſtphaͤliſchen, erfordern aber ſehr nahrhafte Weide und
Fuͤtterung.

Man haͤlt eine Durchkreuzung der beiden letzten Arten fuͤr ſehr vortheilhaft.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0399" n="375"/><fw place="top" type="header">Die Schweinezucht.</fw><lb/>
&#x017F;ie dem Erzieher betra&#x0364;chtlich mehr geko&#x017F;tet hatten. Hier i&#x017F;t einer der Fa&#x0364;lle, wo<lb/>
ein Landwirth, der &#x017F;ich durch das Steigen und Fallen der Prei&#x017F;e gleich allarmiren<lb/>
la&#x0364;ßt und der allgemeinen Meinung folgt, ohne den Grund der&#x017F;elben geho&#x0364;rig zu pru&#x0364;-<lb/>
fen, immer fal&#x017F;che Maaßregeln wa&#x0364;hlen und &#x017F;eine Schweinezucht vermindern wird,<lb/>
&#x017F;tatt &#x017F;ie zu vermehren, indem er, wenn die mei&#x017F;ten &#x017F;ie vermindern, davon nach<lb/>
zwei Jahren den gro&#x0364;ßten Vortheil haben ko&#x0364;nnte. Wenn dagegen die mei&#x017F;ten,<lb/>
angelockt durch den hohen Preis, den &#x017F;ie, aller Erfahrung entgegen, nun fu&#x0364;r be-<lb/>
&#x017F;ta&#x0364;ndig halten, ihre Schweinezucht vermehren, &#x017F;o hat der weiter in die Zukunft<lb/>
&#x017F;ehende Landwirth einen Grund &#x017F;ie zu vermindern, ohne &#x017F;ie jedoch ganz <choice><sic>au&#x017F;zugeben</sic><corr>aufzugeben</corr></choice>.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 79.</head><lb/>
            <p>Die im no&#x0364;rdlichen Deut&#x017F;chlande bekannte&#x017F;ten Schweinera<hi rendition="#aq">ç</hi>en, die man aber<note place="right">Ra<hi rendition="#aq">ç</hi>en.</note><lb/>
ebenfalls ha&#x0364;ufig und mannigfaltig durchkreuzt findet, &#x017F;ind folgende:</p><lb/>
            <p><hi rendition="#aq">a</hi>) Die Moldaui&#x017F;chen, Wallachi&#x017F;chen, Bosni&#x017F;chen Schweine zeichnen &#x017F;ich<lb/>
durch ihre Gro&#x0364;ße aus, &#x017F;ind &#x017F;chwarzgrau von Farbe und haben &#x017F;ehr große Ohren.</p><lb/>
            <p><hi rendition="#aq">b</hi>) Die Polni&#x017F;chen, eigentlich wohl Podoli&#x017F;chen Schweine, &#x017F;ind ebenfalls<lb/>
&#x017F;ehr groß, aber gelblich von Farbe und haben einen breiten braunen Streifen auf<lb/>
den Ru&#x0364;ckgrad herunter.</p><lb/>
            <p>Beide Ra<hi rendition="#aq">ç</hi>en geben vorzu&#x0364;glich &#x017F;tarke Ma&#x017F;t&#x017F;chweine, erfordern aber auch in<lb/>
dem Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e Futter und &#x017F;ind nicht &#x017F;ehr fruchtbar, indem &#x017F;ie mehrentheils nur<lb/>
3 bis 5 Ferkeln werfen.</p><lb/>
            <p><hi rendition="#aq">c</hi>) Bairi&#x017F;che Schweine, die mehrentheils rothbraun gefleckt &#x017F;ind. Man<lb/>
ru&#x0364;hmt &#x017F;ie wegen ihres feinen Knochenbaues und ihrer vorzu&#x0364;glichen Ma&#x017F;tfa&#x0364;higkeit,<lb/>
wirft ihnen aber vor, daß ihr Flei&#x017F;ch zu weichlich &#x017F;ey.</p><lb/>
            <p><hi rendition="#aq">d</hi>) Die We&#x017F;tpha&#x0364;li&#x017F;chen Schweine von betra&#x0364;chtlicher Gro&#x0364;ße und die &#x017F;ich da-<lb/>
bei &#x017F;tark vermehren, 10 bis 12 Ferkel werfen.</p><lb/>
            <p><hi rendition="#aq">e</hi>) Sogenannte engli&#x017F;che Schweine. Ob &#x017F;ie aus England, wo man aller-<lb/>
dings auch auf die Schweinezucht eine große Aufmerk&#x017F;amkeit gewandt und man-<lb/>
cherlei Ra<hi rendition="#aq">ç</hi>en hat, her&#x017F;tammen, weiß ich nicht. Sie werden noch la&#x0364;nger und<lb/>
tiefleibiger als die we&#x017F;tpha&#x0364;li&#x017F;chen, erfordern aber &#x017F;ehr nahrhafte Weide und<lb/>
Fu&#x0364;tterung.</p><lb/>
            <p>Man ha&#x0364;lt eine Durchkreuzung der beiden letzten Arten fu&#x0364;r &#x017F;ehr vortheilhaft.</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[375/0399] Die Schweinezucht. ſie dem Erzieher betraͤchtlich mehr gekoſtet hatten. Hier iſt einer der Faͤlle, wo ein Landwirth, der ſich durch das Steigen und Fallen der Preiſe gleich allarmiren laͤßt und der allgemeinen Meinung folgt, ohne den Grund derſelben gehoͤrig zu pruͤ- fen, immer falſche Maaßregeln waͤhlen und ſeine Schweinezucht vermindern wird, ſtatt ſie zu vermehren, indem er, wenn die meiſten ſie vermindern, davon nach zwei Jahren den groͤßten Vortheil haben koͤnnte. Wenn dagegen die meiſten, angelockt durch den hohen Preis, den ſie, aller Erfahrung entgegen, nun fuͤr be- ſtaͤndig halten, ihre Schweinezucht vermehren, ſo hat der weiter in die Zukunft ſehende Landwirth einen Grund ſie zu vermindern, ohne ſie jedoch ganz aufzugeben. §. 79. Die im noͤrdlichen Deutſchlande bekannteſten Schweineraçen, die man aber ebenfalls haͤufig und mannigfaltig durchkreuzt findet, ſind folgende: Raçen. a) Die Moldauiſchen, Wallachiſchen, Bosniſchen Schweine zeichnen ſich durch ihre Groͤße aus, ſind ſchwarzgrau von Farbe und haben ſehr große Ohren. b) Die Polniſchen, eigentlich wohl Podoliſchen Schweine, ſind ebenfalls ſehr groß, aber gelblich von Farbe und haben einen breiten braunen Streifen auf den Ruͤckgrad herunter. Beide Raçen geben vorzuͤglich ſtarke Maſtſchweine, erfordern aber auch in dem Verhaͤltniſſe Futter und ſind nicht ſehr fruchtbar, indem ſie mehrentheils nur 3 bis 5 Ferkeln werfen. c) Bairiſche Schweine, die mehrentheils rothbraun gefleckt ſind. Man ruͤhmt ſie wegen ihres feinen Knochenbaues und ihrer vorzuͤglichen Maſtfaͤhigkeit, wirft ihnen aber vor, daß ihr Fleiſch zu weichlich ſey. d) Die Weſtphaͤliſchen Schweine von betraͤchtlicher Groͤße und die ſich da- bei ſtark vermehren, 10 bis 12 Ferkel werfen. e) Sogenannte engliſche Schweine. Ob ſie aus England, wo man aller- dings auch auf die Schweinezucht eine große Aufmerkſamkeit gewandt und man- cherlei Raçen hat, herſtammen, weiß ich nicht. Sie werden noch laͤnger und tiefleibiger als die weſtphaͤliſchen, erfordern aber ſehr nahrhafte Weide und Fuͤtterung. Man haͤlt eine Durchkreuzung der beiden letzten Arten fuͤr ſehr vortheilhaft.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft04_1812
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft04_1812/399
Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812, S. 375. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft04_1812/399>, abgerufen am 28.03.2024.