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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812.

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Die Pferde.

Außer dem Häcksel wird den Pferden auch langes Stroh, besonders die
Wirrbunde gegeben, und auf die Rauffen gelegt. Das Weizenstroh ist gegen die
gemeine Meinung das zuträglichste, und kann am besten den Abgang des Heues
ersetzen, auch fressen es die Pferde am liebsten. Das Stroh der Wicken, Linsen
und Bohnen ist natürlich noch kräftiger, besonders wenn es noch viele grüne Blät-
ter hat. Gegen das Erbsenstroh haben einige Bedenken, weil es leicht Koliken
bei den Pferden erregen soll; was aber vielleicht nur auf Vorurtheil beruht.

§. 138.

Ob die grüne Stallfütterung der Pferde mit Klee und andern Futterkräu-Grünfutter.
tern rathsam sey, darüber sind nicht alle Meinungen eins. Ich bin überzeugt,
daß sich die Pferde dabei recht gesund, und bei vollen Kräften erhalten, wenn
man es gehörig damit treibt. In wiefern es wirthschaftlich sey, kommt auf die
Menge dieses Futters an, und auf den Preis, worin die Körner stehen. Bei
hohen Kornpreisen habe ich sie mit großem Vortheile manche Jahre betrieben,
Zunahme der Pferde an Fleisch, und keine Abnahme an Kräften gefunden, un-
geachtet sie in der Arbeit keinesweges geschont wurden; auch waren sie danach
im Winter vorzüglich gesund. Der Uebergang von der trockenen zur grünen Füt-
terung muß aber allmählig gemacht werden. Anfangs wird der Klee mit Stroh
zu Häcksel geschnitten, zuerst täglich nur eine Portion, dann zwei Portionen statt
des Hafers gegeben, und dann wird ihnen der Klee, wenn er völlig aufgeblüht
ist, lang und beinahe so viel wie sie fressen wollen vorgelegt, die Körner aber
werden ihnen ganz entzogen. Körner zwischen dem grünen Futter zu geben, ist
sehr unwirthschaftlich, weil sie dabei unverdaut abgehen. Will man Körnerfüt-
terung mit Grünfütterung verbinden, so gebe man erstere des Morgens, lasse dann
aber Vormittag nichts Grünes fressen, und gebe nun weiter kein Korn. Grüne
Luzerne, und noch mehr grüne Wicken, die schon Schoten anzusetzen anfangen,
übertreffen den Klee bei den Pferden. So wie man allmählig min der grünen
Fütterung angefangen hat, so gehe man auch allmählig zur trocknen wieder über.

§. 139.

Manche Pferde werden den Sommer über auf der Weide, zuweilen unterWeide.
anderem Vieh, zuweilen auf besonderen Koppeln, behalten. Wenn sie dabei sehr
geschont werden, oder völlige Ruhe haben, so bekommt ihnen diese Versetzung in

Vierter Theil. K k k
Die Pferde.

Außer dem Haͤckſel wird den Pferden auch langes Stroh, beſonders die
Wirrbunde gegeben, und auf die Rauffen gelegt. Das Weizenſtroh iſt gegen die
gemeine Meinung das zutraͤglichſte, und kann am beſten den Abgang des Heues
erſetzen, auch freſſen es die Pferde am liebſten. Das Stroh der Wicken, Linſen
und Bohnen iſt natuͤrlich noch kraͤftiger, beſonders wenn es noch viele gruͤne Blaͤt-
ter hat. Gegen das Erbſenſtroh haben einige Bedenken, weil es leicht Koliken
bei den Pferden erregen ſoll; was aber vielleicht nur auf Vorurtheil beruht.

§. 138.

Ob die gruͤne Stallfuͤtterung der Pferde mit Klee und andern Futterkraͤu-Gruͤnfutter.
tern rathſam ſey, daruͤber ſind nicht alle Meinungen eins. Ich bin uͤberzeugt,
daß ſich die Pferde dabei recht geſund, und bei vollen Kraͤften erhalten, wenn
man es gehoͤrig damit treibt. In wiefern es wirthſchaftlich ſey, kommt auf die
Menge dieſes Futters an, und auf den Preis, worin die Koͤrner ſtehen. Bei
hohen Kornpreiſen habe ich ſie mit großem Vortheile manche Jahre betrieben,
Zunahme der Pferde an Fleiſch, und keine Abnahme an Kraͤften gefunden, un-
geachtet ſie in der Arbeit keinesweges geſchont wurden; auch waren ſie danach
im Winter vorzuͤglich geſund. Der Uebergang von der trockenen zur gruͤnen Fuͤt-
terung muß aber allmaͤhlig gemacht werden. Anfangs wird der Klee mit Stroh
zu Haͤckſel geſchnitten, zuerſt taͤglich nur eine Portion, dann zwei Portionen ſtatt
des Hafers gegeben, und dann wird ihnen der Klee, wenn er voͤllig aufgebluͤht
iſt, lang und beinahe ſo viel wie ſie freſſen wollen vorgelegt, die Koͤrner aber
werden ihnen ganz entzogen. Koͤrner zwiſchen dem gruͤnen Futter zu geben, iſt
ſehr unwirthſchaftlich, weil ſie dabei unverdaut abgehen. Will man Koͤrnerfuͤt-
terung mit Gruͤnfuͤtterung verbinden, ſo gebe man erſtere des Morgens, laſſe dann
aber Vormittag nichts Gruͤnes freſſen, und gebe nun weiter kein Korn. Gruͤne
Luzerne, und noch mehr gruͤne Wicken, die ſchon Schoten anzuſetzen anfangen,
uͤbertreffen den Klee bei den Pferden. So wie man allmaͤhlig min der gruͤnen
Fuͤtterung angefangen hat, ſo gehe man auch allmaͤhlig zur trocknen wieder uͤber.

§. 139.

Manche Pferde werden den Sommer uͤber auf der Weide, zuweilen unterWeide.
anderem Vieh, zuweilen auf beſonderen Koppeln, behalten. Wenn ſie dabei ſehr
geſchont werden, oder voͤllige Ruhe haben, ſo bekommt ihnen dieſe Verſetzung in

Vierter Theil. K k k
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[441/0465] Die Pferde. Außer dem Haͤckſel wird den Pferden auch langes Stroh, beſonders die Wirrbunde gegeben, und auf die Rauffen gelegt. Das Weizenſtroh iſt gegen die gemeine Meinung das zutraͤglichſte, und kann am beſten den Abgang des Heues erſetzen, auch freſſen es die Pferde am liebſten. Das Stroh der Wicken, Linſen und Bohnen iſt natuͤrlich noch kraͤftiger, beſonders wenn es noch viele gruͤne Blaͤt- ter hat. Gegen das Erbſenſtroh haben einige Bedenken, weil es leicht Koliken bei den Pferden erregen ſoll; was aber vielleicht nur auf Vorurtheil beruht. §. 138. Ob die gruͤne Stallfuͤtterung der Pferde mit Klee und andern Futterkraͤu- tern rathſam ſey, daruͤber ſind nicht alle Meinungen eins. Ich bin uͤberzeugt, daß ſich die Pferde dabei recht geſund, und bei vollen Kraͤften erhalten, wenn man es gehoͤrig damit treibt. In wiefern es wirthſchaftlich ſey, kommt auf die Menge dieſes Futters an, und auf den Preis, worin die Koͤrner ſtehen. Bei hohen Kornpreiſen habe ich ſie mit großem Vortheile manche Jahre betrieben, Zunahme der Pferde an Fleiſch, und keine Abnahme an Kraͤften gefunden, un- geachtet ſie in der Arbeit keinesweges geſchont wurden; auch waren ſie danach im Winter vorzuͤglich geſund. Der Uebergang von der trockenen zur gruͤnen Fuͤt- terung muß aber allmaͤhlig gemacht werden. Anfangs wird der Klee mit Stroh zu Haͤckſel geſchnitten, zuerſt taͤglich nur eine Portion, dann zwei Portionen ſtatt des Hafers gegeben, und dann wird ihnen der Klee, wenn er voͤllig aufgebluͤht iſt, lang und beinahe ſo viel wie ſie freſſen wollen vorgelegt, die Koͤrner aber werden ihnen ganz entzogen. Koͤrner zwiſchen dem gruͤnen Futter zu geben, iſt ſehr unwirthſchaftlich, weil ſie dabei unverdaut abgehen. Will man Koͤrnerfuͤt- terung mit Gruͤnfuͤtterung verbinden, ſo gebe man erſtere des Morgens, laſſe dann aber Vormittag nichts Gruͤnes freſſen, und gebe nun weiter kein Korn. Gruͤne Luzerne, und noch mehr gruͤne Wicken, die ſchon Schoten anzuſetzen anfangen, uͤbertreffen den Klee bei den Pferden. So wie man allmaͤhlig min der gruͤnen Fuͤtterung angefangen hat, ſo gehe man auch allmaͤhlig zur trocknen wieder uͤber. Gruͤnfutter. §. 139. Manche Pferde werden den Sommer uͤber auf der Weide, zuweilen unter anderem Vieh, zuweilen auf beſonderen Koppeln, behalten. Wenn ſie dabei ſehr geſchont werden, oder voͤllige Ruhe haben, ſo bekommt ihnen dieſe Verſetzung in Weide. Vierter Theil. K k k

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812, S. 441. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft04_1812/465>, abgerufen am 28.03.2024.