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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812.

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Getreidearten
einige schoben es auf ein gewisses Insekt. Ich habe aber durchaus kein Insekt
oder Beschädigung an den Pflanzen gefunden, woraus ich das schnelle Absterben
hätte erklären können. Ein elektrischer Zustand der Luft oder ein schnelles Wech-
seln der positiven und negativen Elektricität zwischen den Luftströmen und der
Erde, den manche Anzeigen verriethen, unerachtet kein ausbrechendes Gewitter
nahe war, schien mir die Ursach zu seyn. Dem Wetterleuchten hat man längst
eine nachtheilige Wirkung auf alle Saaten, besonders in der Blütezeit beigemessen.

§. 30.

Das Befallen.Der Honigthau, das Befallen, die Lohe, der Rost, scheinen mir
nahe verwandte Krankheiten oder doch wenigstens eines Ursprungs zu seyn:
Landwirthe verstehen unter dem Befallen und Lohe, den Honigthau und den Rost
und auch mir scheint letzterer immer eine Folge des erstern zu seyn. Der Honig-
thau ist eine klebrige, süße, dem Honig sehr ähnliche, und folglich auch den Bie-
nen sehr angenehme Feuchtigkeit, die aus den Pflanzen ausschwitzt. Denn daß
sie vom Himmel herabfalle, wird jetzt wohl niemand mehr glauben, da sie ein
Gewächs ganz überzieht und ein dicht daneben stehendes völlig frei davon ist.
Indessen liegt die veranlassende Ursach ohne Zweifel in der Atmosphäre, und das
Uebel entsteht, wenn in der Mitte des Sommers und bei dem vollsaftigen Zu-
stande der Pflanzen, in und nach der Blüthe, schneller Wechsel der Luft vor-
gehet, auf Wärme plötzlich Kälte folgt, und ist eine Erkältungskrankheit der
Pflanzen. Auf einigen Pflanzen z. B. auf den Bohnen erzeugen sich dann so-
gleich eine Menge von Insekten, Aphiden, die wohl unbezweifelt die Folge, aber
nicht die Ursach der Krankheit sind. Bei dem Getreide bemerkt man nur ein
kleines rothes Insekt aber nicht häufig. An der ganzen Pflanze äußert sich aber
eine Entkräftung, ihre Vegetation und fernere Ausbildung stockt. Erfolgt bald
eine günstigere Witterung und besonders ein wohlthätiger Regen, so erholt sich
die Pflanze manchmal wieder. Jedoch bekömmt sie gewöhnlich gelbe Flecke an
den Stengeln und Blättern, die immer brauner werden, dann platzen und einen
braunen Staub von sich geben. Dies nennt man eigentlich den Rost, und ich
habe ihn fast immer als Folge des Honigthaues gefunden. Die Botaniker haben
ihn längst für kleine Blattschwämme gehalten, und der Präsident der engl. Aka-
demie der Wissenschaften, Joseph Banks, hat dieses Uebel, welches oft, be-

Getreidearten
einige ſchoben es auf ein gewiſſes Inſekt. Ich habe aber durchaus kein Inſekt
oder Beſchaͤdigung an den Pflanzen gefunden, woraus ich das ſchnelle Abſterben
haͤtte erklaͤren koͤnnen. Ein elektriſcher Zuſtand der Luft oder ein ſchnelles Wech-
ſeln der poſitiven und negativen Elektricitaͤt zwiſchen den Luftſtroͤmen und der
Erde, den manche Anzeigen verriethen, unerachtet kein ausbrechendes Gewitter
nahe war, ſchien mir die Urſach zu ſeyn. Dem Wetterleuchten hat man laͤngſt
eine nachtheilige Wirkung auf alle Saaten, beſonders in der Bluͤtezeit beigemeſſen.

§. 30.

Das Befallen.Der Honigthau, das Befallen, die Lohe, der Roſt, ſcheinen mir
nahe verwandte Krankheiten oder doch wenigſtens eines Urſprungs zu ſeyn:
Landwirthe verſtehen unter dem Befallen und Lohe, den Honigthau und den Roſt
und auch mir ſcheint letzterer immer eine Folge des erſtern zu ſeyn. Der Honig-
thau iſt eine klebrige, ſuͤße, dem Honig ſehr aͤhnliche, und folglich auch den Bie-
nen ſehr angenehme Feuchtigkeit, die aus den Pflanzen ausſchwitzt. Denn daß
ſie vom Himmel herabfalle, wird jetzt wohl niemand mehr glauben, da ſie ein
Gewaͤchs ganz uͤberzieht und ein dicht daneben ſtehendes voͤllig frei davon iſt.
Indeſſen liegt die veranlaſſende Urſach ohne Zweifel in der Atmoſphaͤre, und das
Uebel entſteht, wenn in der Mitte des Sommers und bei dem vollſaftigen Zu-
ſtande der Pflanzen, in und nach der Bluͤthe, ſchneller Wechſel der Luft vor-
gehet, auf Waͤrme ploͤtzlich Kaͤlte folgt, und iſt eine Erkaͤltungskrankheit der
Pflanzen. Auf einigen Pflanzen z. B. auf den Bohnen erzeugen ſich dann ſo-
gleich eine Menge von Inſekten, Aphiden, die wohl unbezweifelt die Folge, aber
nicht die Urſach der Krankheit ſind. Bei dem Getreide bemerkt man nur ein
kleines rothes Inſekt aber nicht haͤufig. An der ganzen Pflanze aͤußert ſich aber
eine Entkraͤftung, ihre Vegetation und fernere Ausbildung ſtockt. Erfolgt bald
eine guͤnſtigere Witterung und beſonders ein wohlthaͤtiger Regen, ſo erholt ſich
die Pflanze manchmal wieder. Jedoch bekoͤmmt ſie gewoͤhnlich gelbe Flecke an
den Stengeln und Blaͤttern, die immer brauner werden, dann platzen und einen
braunen Staub von ſich geben. Dies nennt man eigentlich den Roſt, und ich
habe ihn faſt immer als Folge des Honigthaues gefunden. Die Botaniker haben
ihn laͤngſt fuͤr kleine Blattſchwaͤmme gehalten, und der Praͤſident der engl. Aka-
demie der Wiſſenſchaften, Joſeph Banks, hat dieſes Uebel, welches oft, be-

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[36/0060] Getreidearten einige ſchoben es auf ein gewiſſes Inſekt. Ich habe aber durchaus kein Inſekt oder Beſchaͤdigung an den Pflanzen gefunden, woraus ich das ſchnelle Abſterben haͤtte erklaͤren koͤnnen. Ein elektriſcher Zuſtand der Luft oder ein ſchnelles Wech- ſeln der poſitiven und negativen Elektricitaͤt zwiſchen den Luftſtroͤmen und der Erde, den manche Anzeigen verriethen, unerachtet kein ausbrechendes Gewitter nahe war, ſchien mir die Urſach zu ſeyn. Dem Wetterleuchten hat man laͤngſt eine nachtheilige Wirkung auf alle Saaten, beſonders in der Bluͤtezeit beigemeſſen. §. 30. Der Honigthau, das Befallen, die Lohe, der Roſt, ſcheinen mir nahe verwandte Krankheiten oder doch wenigſtens eines Urſprungs zu ſeyn: Landwirthe verſtehen unter dem Befallen und Lohe, den Honigthau und den Roſt und auch mir ſcheint letzterer immer eine Folge des erſtern zu ſeyn. Der Honig- thau iſt eine klebrige, ſuͤße, dem Honig ſehr aͤhnliche, und folglich auch den Bie- nen ſehr angenehme Feuchtigkeit, die aus den Pflanzen ausſchwitzt. Denn daß ſie vom Himmel herabfalle, wird jetzt wohl niemand mehr glauben, da ſie ein Gewaͤchs ganz uͤberzieht und ein dicht daneben ſtehendes voͤllig frei davon iſt. Indeſſen liegt die veranlaſſende Urſach ohne Zweifel in der Atmoſphaͤre, und das Uebel entſteht, wenn in der Mitte des Sommers und bei dem vollſaftigen Zu- ſtande der Pflanzen, in und nach der Bluͤthe, ſchneller Wechſel der Luft vor- gehet, auf Waͤrme ploͤtzlich Kaͤlte folgt, und iſt eine Erkaͤltungskrankheit der Pflanzen. Auf einigen Pflanzen z. B. auf den Bohnen erzeugen ſich dann ſo- gleich eine Menge von Inſekten, Aphiden, die wohl unbezweifelt die Folge, aber nicht die Urſach der Krankheit ſind. Bei dem Getreide bemerkt man nur ein kleines rothes Inſekt aber nicht haͤufig. An der ganzen Pflanze aͤußert ſich aber eine Entkraͤftung, ihre Vegetation und fernere Ausbildung ſtockt. Erfolgt bald eine guͤnſtigere Witterung und beſonders ein wohlthaͤtiger Regen, ſo erholt ſich die Pflanze manchmal wieder. Jedoch bekoͤmmt ſie gewoͤhnlich gelbe Flecke an den Stengeln und Blaͤttern, die immer brauner werden, dann platzen und einen braunen Staub von ſich geben. Dies nennt man eigentlich den Roſt, und ich habe ihn faſt immer als Folge des Honigthaues gefunden. Die Botaniker haben ihn laͤngſt fuͤr kleine Blattſchwaͤmme gehalten, und der Praͤſident der engl. Aka- demie der Wiſſenſchaften, Joſeph Banks, hat dieſes Uebel, welches oft, be- Das Befallen.

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812, S. 36. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft04_1812/60>, abgerufen am 23.04.2024.