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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812.

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Der Weizen.
gem Sandantheile, Kalk bis zu 15 Prozent in sich, so gehört er zu dem vorzüg-
lichsten Weizenboden; er wird dadurch zerfallend, bleibt aber gebunden und wird
gegen alle Entstehung von Säuren, die dem Weizen besonders nachtheilig ist,
geschützt.

Soll der Acker aber befriedigende Weizenernten geben, so muß er auch Kraft
oder Nahrungstheile genug für diese, viele Nahrung erfordernde Pflanze haben.
Der humusreiche, schwarzbraune Thonboden (der Klay) lohnt daher vor allen
im Weizenertrage. Der von Natur minder reiche Boden muß durch Düngung
dazu in Kraft gefetzt werden. Indessen trägt doch auch der arme Thonboden bei
kärglicher Düngung noch immer Weizen mit mehrerem Erfolge wie Rocken, zu-
mal bei einer etwas feuchten und kalten Lage; weswegen sich Bergacker mit Wei-
zen bestellt, noch immer besser verlohnt als mit Rocken.

Der Weizen kann keine freie Säure im Boden ertragen, wenigstens wo wir
Bodenarten gefunden haben, auf dem Weizen durchaus nicht gerathen wollte, un-
geachtet sie sonst nicht unpassend dafür schienen, fanden wir merkliche Säure.
Solcher Boden wird aber durch Kalk, Mergel, Asche, und durch das Brennen
tragbar für Weizen gemacht, und dann zugleich für Gerste, Erbsen und Klee.

Beim thonigen Boden ist es unter diesen Bedingungen daher wohl ent-
schieden, daß er mit Weizen vortheilhafter als mit Rocken benutzt werde. Aber
beim Mittelboden, welcher 55 bis 65 Prozent Sand enthält und keine sehr trockne
Lage hat, können oft nur Orts- und Zeitverhältnisse die Wahl bestimmen.

In Ländern, wo der Weizen die allgemeine Nahrung ausmacht und Rocken
wenig gesucht wird, bauet man in der Regel Weizen darauf. Bei uns nur, wenn
besondere Handelsconjuncturen den Preis des Weizens beträchtlich über das natür-
liche Verhältniß gegen den des Rockens erheben. Denn obwohl im Durchschnitt
in Kraft gesetzter Boden dieser Art eine Weizenernte von höherem Werthe, als die
Rockenernte, tragen konnte, so weiß man doch, daß Weizen einen solchen Boden
stärker angreife und für die folgenden Früchte mehr erschöpfe, überdem aber in sei-
nem Stroh weniger Düngermaterial reproduzire und folglich die Wirthschaft im
Ganzen schwäche, insbesondre wenn er wiederholt gebauet würde. Vorsichtige
Wirthe bleiben also lieber beim Rocken, sobald sie davon einen sichern, und
dem Maaße nach, größeren Ertrag hoffen dürfen.


Der Weizen.
gem Sandantheile, Kalk bis zu 15 Prozent in ſich, ſo gehoͤrt er zu dem vorzuͤg-
lichſten Weizenboden; er wird dadurch zerfallend, bleibt aber gebunden und wird
gegen alle Entſtehung von Saͤuren, die dem Weizen beſonders nachtheilig iſt,
geſchuͤtzt.

Soll der Acker aber befriedigende Weizenernten geben, ſo muß er auch Kraft
oder Nahrungstheile genug fuͤr dieſe, viele Nahrung erfordernde Pflanze haben.
Der humusreiche, ſchwarzbraune Thonboden (der Klay) lohnt daher vor allen
im Weizenertrage. Der von Natur minder reiche Boden muß durch Duͤngung
dazu in Kraft gefetzt werden. Indeſſen traͤgt doch auch der arme Thonboden bei
kaͤrglicher Duͤngung noch immer Weizen mit mehrerem Erfolge wie Rocken, zu-
mal bei einer etwas feuchten und kalten Lage; weswegen ſich Bergacker mit Wei-
zen beſtellt, noch immer beſſer verlohnt als mit Rocken.

Der Weizen kann keine freie Saͤure im Boden ertragen, wenigſtens wo wir
Bodenarten gefunden haben, auf dem Weizen durchaus nicht gerathen wollte, un-
geachtet ſie ſonſt nicht unpaſſend dafuͤr ſchienen, fanden wir merkliche Saͤure.
Solcher Boden wird aber durch Kalk, Mergel, Aſche, und durch das Brennen
tragbar fuͤr Weizen gemacht, und dann zugleich fuͤr Gerſte, Erbſen und Klee.

Beim thonigen Boden iſt es unter dieſen Bedingungen daher wohl ent-
ſchieden, daß er mit Weizen vortheilhafter als mit Rocken benutzt werde. Aber
beim Mittelboden, welcher 55 bis 65 Prozent Sand enthaͤlt und keine ſehr trockne
Lage hat, koͤnnen oft nur Orts- und Zeitverhaͤltniſſe die Wahl beſtimmen.

In Laͤndern, wo der Weizen die allgemeine Nahrung ausmacht und Rocken
wenig geſucht wird, bauet man in der Regel Weizen darauf. Bei uns nur, wenn
beſondere Handelsconjuncturen den Preis des Weizens betraͤchtlich uͤber das natuͤr-
liche Verhaͤltniß gegen den des Rockens erheben. Denn obwohl im Durchſchnitt
in Kraft geſetzter Boden dieſer Art eine Weizenernte von hoͤherem Werthe, als die
Rockenernte, tragen konnte, ſo weiß man doch, daß Weizen einen ſolchen Boden
ſtaͤrker angreife und fuͤr die folgenden Fruͤchte mehr erſchoͤpfe, uͤberdem aber in ſei-
nem Stroh weniger Duͤngermaterial reproduzire und folglich die Wirthſchaft im
Ganzen ſchwaͤche, insbeſondre wenn er wiederholt gebauet wuͤrde. Vorſichtige
Wirthe bleiben alſo lieber beim Rocken, ſobald ſie davon einen ſichern, und
dem Maaße nach, groͤßeren Ertrag hoffen duͤrfen.


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[53/0077] Der Weizen. gem Sandantheile, Kalk bis zu 15 Prozent in ſich, ſo gehoͤrt er zu dem vorzuͤg- lichſten Weizenboden; er wird dadurch zerfallend, bleibt aber gebunden und wird gegen alle Entſtehung von Saͤuren, die dem Weizen beſonders nachtheilig iſt, geſchuͤtzt. Soll der Acker aber befriedigende Weizenernten geben, ſo muß er auch Kraft oder Nahrungstheile genug fuͤr dieſe, viele Nahrung erfordernde Pflanze haben. Der humusreiche, ſchwarzbraune Thonboden (der Klay) lohnt daher vor allen im Weizenertrage. Der von Natur minder reiche Boden muß durch Duͤngung dazu in Kraft gefetzt werden. Indeſſen traͤgt doch auch der arme Thonboden bei kaͤrglicher Duͤngung noch immer Weizen mit mehrerem Erfolge wie Rocken, zu- mal bei einer etwas feuchten und kalten Lage; weswegen ſich Bergacker mit Wei- zen beſtellt, noch immer beſſer verlohnt als mit Rocken. Der Weizen kann keine freie Saͤure im Boden ertragen, wenigſtens wo wir Bodenarten gefunden haben, auf dem Weizen durchaus nicht gerathen wollte, un- geachtet ſie ſonſt nicht unpaſſend dafuͤr ſchienen, fanden wir merkliche Saͤure. Solcher Boden wird aber durch Kalk, Mergel, Aſche, und durch das Brennen tragbar fuͤr Weizen gemacht, und dann zugleich fuͤr Gerſte, Erbſen und Klee. Beim thonigen Boden iſt es unter dieſen Bedingungen daher wohl ent- ſchieden, daß er mit Weizen vortheilhafter als mit Rocken benutzt werde. Aber beim Mittelboden, welcher 55 bis 65 Prozent Sand enthaͤlt und keine ſehr trockne Lage hat, koͤnnen oft nur Orts- und Zeitverhaͤltniſſe die Wahl beſtimmen. In Laͤndern, wo der Weizen die allgemeine Nahrung ausmacht und Rocken wenig geſucht wird, bauet man in der Regel Weizen darauf. Bei uns nur, wenn beſondere Handelsconjuncturen den Preis des Weizens betraͤchtlich uͤber das natuͤr- liche Verhaͤltniß gegen den des Rockens erheben. Denn obwohl im Durchſchnitt in Kraft geſetzter Boden dieſer Art eine Weizenernte von hoͤherem Werthe, als die Rockenernte, tragen konnte, ſo weiß man doch, daß Weizen einen ſolchen Boden ſtaͤrker angreife und fuͤr die folgenden Fruͤchte mehr erſchoͤpfe, uͤberdem aber in ſei- nem Stroh weniger Duͤngermaterial reproduzire und folglich die Wirthſchaft im Ganzen ſchwaͤche, insbeſondre wenn er wiederholt gebauet wuͤrde. Vorſichtige Wirthe bleiben alſo lieber beim Rocken, ſobald ſie davon einen ſichern, und dem Maaße nach, groͤßeren Ertrag hoffen duͤrfen.

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft04_1812/77>, abgerufen am 24.04.2024.