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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812.

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Der Weizen.

Der Weizen nach Gerste schlägt sehr zurück, und kann nur auf sehr starkem
Boden verzeihlich seyn. Nach Hafer geräth er, verschiedenen Beobachtungen zufolge,
besser. In der Regel kann man es als eine höchst fehlerhafte Wirthschaft anse-
hen, wenn Weizen in die Stoppel einer anderen Halmfrucht gesäet wird.

Weizen nach Lein geräth ärmlich; besser wird er nach Hanf. Wird Lein in-
dessen in kräftigen Neubruch auf die erste Furche gesäet, so habe ich guten Weizen
danach gesehen.

§. 53.

Die Auswahl der Saat ist bei keinem Getreide so wichtig, wie bei dem Weizen,Saat.
weil in einer fehlerhaften hauptsächlich der Grund des Korn- oder Stein-Bran-
des
, dieser dem Weizen eigenthümlichen und gefährlichen Krankheit, liegt; worüber
wir unten ausführlicher reden und zugleich die wegen der Saat zunehmenden Maaß-
regeln, in sofern sie nicht bereits §. 1--11. angegeben sind, betrachten werden.

§. 54.

Die Aussaat des Weizens geschiehet gewöhnlich nach der des Rockens; nichtZeit der Aus-
saat.

weil ihm eine frühere Aussaat nachtheilig ist -- sie kann vielmehr, wie die Erfahrung
mancher Gegenden lehrt, vortheilhaft schon im August geschehen -- sondern weil
er eine spätere besser ertragen kann, wie der Rocken, und man daher diesen zuerst
bestellt. Der Weizen erträgt es, bei einer ziemlich feuchten Witterung eingesäet
zu werden, auch besser, wie der Rocken. Daher wählt man die trockenste Witterung
für diesen, die feuchtere für jenen.

§. 55.

Das Weizenkorn kann, selbst auf thonigem Boden, eine Bedeckung von dreiUnterbrin-
gung.

Zoll Erde, auf lockerem Boden von vier Zoll leiden, keimt darunter sehr gut und
treibt hervor. Deshalb ist das flache Ueberpflügen desselben, wenn der Boden ge-
hörig gelockert worden und nicht zu naß ist, selbst auf eigentlichem Weizenboden un-
bedenklich, auf mehr sandigerm Boden aber höchst rathsam, damit seine junge Wur-
zel festere Haltung bekomme und vor Ausdörrung mehr geschützt sey. In der Klee-
stoppel kann es indessen nicht geschehen.

§. 56.

Der Weizen erträgt die Winterfeuchtigkeit besser wie der Rocken, und wennDurchwinte-
rung.

er auch an Stellen, wo Wasser gestanden hat, ganz vergangen scheint, so treibt

Vierter Theil. H
Der Weizen.

Der Weizen nach Gerſte ſchlaͤgt ſehr zuruͤck, und kann nur auf ſehr ſtarkem
Boden verzeihlich ſeyn. Nach Hafer geraͤth er, verſchiedenen Beobachtungen zufolge,
beſſer. In der Regel kann man es als eine hoͤchſt fehlerhafte Wirthſchaft anſe-
hen, wenn Weizen in die Stoppel einer anderen Halmfrucht geſaͤet wird.

Weizen nach Lein geraͤth aͤrmlich; beſſer wird er nach Hanf. Wird Lein in-
deſſen in kraͤftigen Neubruch auf die erſte Furche geſaͤet, ſo habe ich guten Weizen
danach geſehen.

§. 53.

Die Auswahl der Saat iſt bei keinem Getreide ſo wichtig, wie bei dem Weizen,Saat.
weil in einer fehlerhaften hauptſaͤchlich der Grund des Korn- oder Stein-Bran-
des
, dieſer dem Weizen eigenthuͤmlichen und gefaͤhrlichen Krankheit, liegt; woruͤber
wir unten ausfuͤhrlicher reden und zugleich die wegen der Saat zunehmenden Maaß-
regeln, in ſofern ſie nicht bereits §. 1—11. angegeben ſind, betrachten werden.

§. 54.

Die Ausſaat des Weizens geſchiehet gewoͤhnlich nach der des Rockens; nichtZeit der Aus-
ſaat.

weil ihm eine fruͤhere Ausſaat nachtheilig iſt — ſie kann vielmehr, wie die Erfahrung
mancher Gegenden lehrt, vortheilhaft ſchon im Auguſt geſchehen — ſondern weil
er eine ſpaͤtere beſſer ertragen kann, wie der Rocken, und man daher dieſen zuerſt
beſtellt. Der Weizen ertraͤgt es, bei einer ziemlich feuchten Witterung eingeſaͤet
zu werden, auch beſſer, wie der Rocken. Daher waͤhlt man die trockenſte Witterung
fuͤr dieſen, die feuchtere fuͤr jenen.

§. 55.

Das Weizenkorn kann, ſelbſt auf thonigem Boden, eine Bedeckung von dreiUnterbrin-
gung.

Zoll Erde, auf lockerem Boden von vier Zoll leiden, keimt darunter ſehr gut und
treibt hervor. Deshalb iſt das flache Ueberpfluͤgen deſſelben, wenn der Boden ge-
hoͤrig gelockert worden und nicht zu naß iſt, ſelbſt auf eigentlichem Weizenboden un-
bedenklich, auf mehr ſandigerm Boden aber hoͤchſt rathſam, damit ſeine junge Wur-
zel feſtere Haltung bekomme und vor Ausdoͤrrung mehr geſchuͤtzt ſey. In der Klee-
ſtoppel kann es indeſſen nicht geſchehen.

§. 56.

Der Weizen ertraͤgt die Winterfeuchtigkeit beſſer wie der Rocken, und wennDurchwinte-
rung.

er auch an Stellen, wo Waſſer geſtanden hat, ganz vergangen ſcheint, ſo treibt

Vierter Theil. H
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[57/0081] Der Weizen. Der Weizen nach Gerſte ſchlaͤgt ſehr zuruͤck, und kann nur auf ſehr ſtarkem Boden verzeihlich ſeyn. Nach Hafer geraͤth er, verſchiedenen Beobachtungen zufolge, beſſer. In der Regel kann man es als eine hoͤchſt fehlerhafte Wirthſchaft anſe- hen, wenn Weizen in die Stoppel einer anderen Halmfrucht geſaͤet wird. Weizen nach Lein geraͤth aͤrmlich; beſſer wird er nach Hanf. Wird Lein in- deſſen in kraͤftigen Neubruch auf die erſte Furche geſaͤet, ſo habe ich guten Weizen danach geſehen. §. 53. Die Auswahl der Saat iſt bei keinem Getreide ſo wichtig, wie bei dem Weizen, weil in einer fehlerhaften hauptſaͤchlich der Grund des Korn- oder Stein-Bran- des, dieſer dem Weizen eigenthuͤmlichen und gefaͤhrlichen Krankheit, liegt; woruͤber wir unten ausfuͤhrlicher reden und zugleich die wegen der Saat zunehmenden Maaß- regeln, in ſofern ſie nicht bereits §. 1—11. angegeben ſind, betrachten werden. Saat. §. 54. Die Ausſaat des Weizens geſchiehet gewoͤhnlich nach der des Rockens; nicht weil ihm eine fruͤhere Ausſaat nachtheilig iſt — ſie kann vielmehr, wie die Erfahrung mancher Gegenden lehrt, vortheilhaft ſchon im Auguſt geſchehen — ſondern weil er eine ſpaͤtere beſſer ertragen kann, wie der Rocken, und man daher dieſen zuerſt beſtellt. Der Weizen ertraͤgt es, bei einer ziemlich feuchten Witterung eingeſaͤet zu werden, auch beſſer, wie der Rocken. Daher waͤhlt man die trockenſte Witterung fuͤr dieſen, die feuchtere fuͤr jenen. Zeit der Aus- ſaat. §. 55. Das Weizenkorn kann, ſelbſt auf thonigem Boden, eine Bedeckung von drei Zoll Erde, auf lockerem Boden von vier Zoll leiden, keimt darunter ſehr gut und treibt hervor. Deshalb iſt das flache Ueberpfluͤgen deſſelben, wenn der Boden ge- hoͤrig gelockert worden und nicht zu naß iſt, ſelbſt auf eigentlichem Weizenboden un- bedenklich, auf mehr ſandigerm Boden aber hoͤchſt rathſam, damit ſeine junge Wur- zel feſtere Haltung bekomme und vor Ausdoͤrrung mehr geſchuͤtzt ſey. In der Klee- ſtoppel kann es indeſſen nicht geſchehen. Unterbrin- gung. §. 56. Der Weizen ertraͤgt die Winterfeuchtigkeit beſſer wie der Rocken, und wenn er auch an Stellen, wo Waſſer geſtanden hat, ganz vergangen ſcheint, ſo treibt Durchwinte- rung. Vierter Theil. H

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft04_1812/81>, abgerufen am 29.03.2024.