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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812.

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Der Weizen.

Hiergegen hat man zwei Mittel: das sogenannte Schröpfen, und die Ab-
hütung mit Schaafen.

Beim Schröpfen, welches geschiehet, nachdem der Weizen mit seinen Blät-
tern zusammengewachsen ist, und das Feld dicht bedecket, werden ihm die her-
vorstehenden Blätter genommen, ohne das Herz der Pflanze zu berühren. Es
muß daher von vorsichtigen und im Mähen geübten Leuten geschehen, darf
insbesondere nie denen überlassen werden, welche das Abgeschröpfte, die Gruse,
für das von ihnen verpflegte Vieh erhalten, indem sie sonst zu tief eingreifen,
um mehr zu erhalten; wovon der Weizen dann leicht zu stark angegriffen wer-
den und sehr zurückschlagen kann. Das Abstutzen der Blätter hält den Wei-
zen in dieser Periode sehr zurück, und mindert seinen üppigen Wuchs merklich.
Es muß daher immer nur mit reiflicher Ueberlegung vorgenommen werden.
Man muß die Kraft seines Bodens kennen, und auf den wahrscheinlichen Lauf
der Witterung achten, was freilich manchmal trügt, indem auf eine, den Wachs-
thum des Weizens sehr fördernde Witterung bald eine unfruchtbare folgen
kann, die ihn zurückhält, so daß man es nun bedauert, seinen Weizen ge-
schwächt zu haben. Es gehört ein praktischer Blick dazu, um sich hier nicht
öfter zu trügen. Wenn sich der Weizen mit dunkelgrünen Blättern verschlin-
get und durchkräuselt, und die Sprossen sehr dick find, so ist es gerathen, ihn
zu schröpfen. Ist das nicht, so geht man sichrer ihn wachsen zu lassen.

Das Abhüten mit Schaafen im Frühjahre -- denn von der Winterbehü-
tung ist hier die Rede nicht -- geschiehet bis zu Ende Aprils. Man darf es
es auch nur thun, wenn man seinem Acker große Kraft zutrauet, und die
Pflanze den Boden dicht belegt hat. Dann ist es rathsam, das Abfressen
schnell, nicht allmählig, geschehen zu lassen, und eine große Anzahl Schaafe
auf einmal auf einem Acker zu bringen, so daß sie ihn rein an der Erde weg-
fressen, sie dann aber davon zu nehmen und nicht wiederhohlt aufzutreiben.
Ich halte diese Methode für sichrer als das Schröpfen, jedoch nur auf kräf-
tigem Acker.

Etwas ähnliches, aber wohl zu unterscheidendes, vom Schröpfen geschie-
het, wenn der Weizen schon zu schossen anfängt -- man nennt es Ausklären --
um früher emportreibende Rockenhalme -- deren Saame unter dem Weizen

Der Weizen.

Hiergegen hat man zwei Mittel: das ſogenannte Schroͤpfen, und die Ab-
huͤtung mit Schaafen.

Beim Schroͤpfen, welches geſchiehet, nachdem der Weizen mit ſeinen Blaͤt-
tern zuſammengewachſen iſt, und das Feld dicht bedecket, werden ihm die her-
vorſtehenden Blaͤtter genommen, ohne das Herz der Pflanze zu beruͤhren. Es
muß daher von vorſichtigen und im Maͤhen geuͤbten Leuten geſchehen, darf
insbeſondere nie denen uͤberlaſſen werden, welche das Abgeſchroͤpfte, die Gruſe,
fuͤr das von ihnen verpflegte Vieh erhalten, indem ſie ſonſt zu tief eingreifen,
um mehr zu erhalten; wovon der Weizen dann leicht zu ſtark angegriffen wer-
den und ſehr zuruͤckſchlagen kann. Das Abſtutzen der Blaͤtter haͤlt den Wei-
zen in dieſer Periode ſehr zuruͤck, und mindert ſeinen uͤppigen Wuchs merklich.
Es muß daher immer nur mit reiflicher Ueberlegung vorgenommen werden.
Man muß die Kraft ſeines Bodens kennen, und auf den wahrſcheinlichen Lauf
der Witterung achten, was freilich manchmal truͤgt, indem auf eine, den Wachs-
thum des Weizens ſehr foͤrdernde Witterung bald eine unfruchtbare folgen
kann, die ihn zuruͤckhaͤlt, ſo daß man es nun bedauert, ſeinen Weizen ge-
ſchwaͤcht zu haben. Es gehoͤrt ein praktiſcher Blick dazu, um ſich hier nicht
oͤfter zu truͤgen. Wenn ſich der Weizen mit dunkelgruͤnen Blaͤttern verſchlin-
get und durchkraͤuſelt, und die Sproſſen ſehr dick find, ſo iſt es gerathen, ihn
zu ſchroͤpfen. Iſt das nicht, ſo geht man ſichrer ihn wachſen zu laſſen.

Das Abhuͤten mit Schaafen im Fruͤhjahre — denn von der Winterbehuͤ-
tung iſt hier die Rede nicht — geſchiehet bis zu Ende Aprils. Man darf es
es auch nur thun, wenn man ſeinem Acker große Kraft zutrauet, und die
Pflanze den Boden dicht belegt hat. Dann iſt es rathſam, das Abfreſſen
ſchnell, nicht allmaͤhlig, geſchehen zu laſſen, und eine große Anzahl Schaafe
auf einmal auf einem Acker zu bringen, ſo daß ſie ihn rein an der Erde weg-
freſſen, ſie dann aber davon zu nehmen und nicht wiederhohlt aufzutreiben.
Ich halte dieſe Methode fuͤr ſichrer als das Schroͤpfen, jedoch nur auf kraͤf-
tigem Acker.

Etwas aͤhnliches, aber wohl zu unterſcheidendes, vom Schroͤpfen geſchie-
het, wenn der Weizen ſchon zu ſchoſſen anfaͤngt — man nennt es Ausklaͤren —
um fruͤher emportreibende Rockenhalme — deren Saame unter dem Weizen

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[60/0084] Der Weizen. Hiergegen hat man zwei Mittel: das ſogenannte Schroͤpfen, und die Ab- huͤtung mit Schaafen. Beim Schroͤpfen, welches geſchiehet, nachdem der Weizen mit ſeinen Blaͤt- tern zuſammengewachſen iſt, und das Feld dicht bedecket, werden ihm die her- vorſtehenden Blaͤtter genommen, ohne das Herz der Pflanze zu beruͤhren. Es muß daher von vorſichtigen und im Maͤhen geuͤbten Leuten geſchehen, darf insbeſondere nie denen uͤberlaſſen werden, welche das Abgeſchroͤpfte, die Gruſe, fuͤr das von ihnen verpflegte Vieh erhalten, indem ſie ſonſt zu tief eingreifen, um mehr zu erhalten; wovon der Weizen dann leicht zu ſtark angegriffen wer- den und ſehr zuruͤckſchlagen kann. Das Abſtutzen der Blaͤtter haͤlt den Wei- zen in dieſer Periode ſehr zuruͤck, und mindert ſeinen uͤppigen Wuchs merklich. Es muß daher immer nur mit reiflicher Ueberlegung vorgenommen werden. Man muß die Kraft ſeines Bodens kennen, und auf den wahrſcheinlichen Lauf der Witterung achten, was freilich manchmal truͤgt, indem auf eine, den Wachs- thum des Weizens ſehr foͤrdernde Witterung bald eine unfruchtbare folgen kann, die ihn zuruͤckhaͤlt, ſo daß man es nun bedauert, ſeinen Weizen ge- ſchwaͤcht zu haben. Es gehoͤrt ein praktiſcher Blick dazu, um ſich hier nicht oͤfter zu truͤgen. Wenn ſich der Weizen mit dunkelgruͤnen Blaͤttern verſchlin- get und durchkraͤuſelt, und die Sproſſen ſehr dick find, ſo iſt es gerathen, ihn zu ſchroͤpfen. Iſt das nicht, ſo geht man ſichrer ihn wachſen zu laſſen. Das Abhuͤten mit Schaafen im Fruͤhjahre — denn von der Winterbehuͤ- tung iſt hier die Rede nicht — geſchiehet bis zu Ende Aprils. Man darf es es auch nur thun, wenn man ſeinem Acker große Kraft zutrauet, und die Pflanze den Boden dicht belegt hat. Dann iſt es rathſam, das Abfreſſen ſchnell, nicht allmaͤhlig, geſchehen zu laſſen, und eine große Anzahl Schaafe auf einmal auf einem Acker zu bringen, ſo daß ſie ihn rein an der Erde weg- freſſen, ſie dann aber davon zu nehmen und nicht wiederhohlt aufzutreiben. Ich halte dieſe Methode fuͤr ſichrer als das Schroͤpfen, jedoch nur auf kraͤf- tigem Acker. Etwas aͤhnliches, aber wohl zu unterſcheidendes, vom Schroͤpfen geſchie- het, wenn der Weizen ſchon zu ſchoſſen anfaͤngt — man nennt es Ausklaͤren — um fruͤher emportreibende Rockenhalme — deren Saame unter dem Weizen

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft04_1812/84>, abgerufen am 25.04.2024.