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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812.

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Der Weizen.
Stärkebereitung fast untauglich, dagegen zum Backen sehr gut macht. Das
Verhältniß des Klebers schwankt nach Hermbstädts Untersuchungen zwischen
5 und 30 Prozent.

Ferner ist sich nicht aller Weizen in der Stärke der Hülse gleich. Die
Verschiedenheit liegt theils in der Art des Weizens, theils im Boden und
der feuchte Boden giebt gröbere Hülsen. Die Stärke der Hülse steht aber
im umgekehrten Verhältnisse mit dem Gewichte und mit dem Werthe.

§. 64.

So wie aber der Weizen mehrere Nahrungstheile erfordert und unterAussaugende
Kraft.

ihm günstigen Umständen anziehet, so erschöpft er den Boden auch stärker.
Wir haben bei der freilich nur hypothetischen, aber der Erfahrung entspre-
chenden Berechnung in den Bemerkungen Bd. II. S. XVII. angenommen,
daß er von 100 Theilen oder Graden der Kraft im Boden, 40 Theile an-
ziehe.

Sehr wahrscheinlich ist es, daß er zur Bildung seines vegetabilisch-anima-
lischen Glutens auch mehr animalischen Humus oder wenigstens mehr Stickstoff
verlange, und daß eine thierische Düngung ihm angemessener sey, als eine bloß
vegetabilische, mit welcher sich andere Getreidearten eher begnügen. Vielleicht
können Kalk und Alkalien jene ersetzen. Ich sage vielleicht; denn noch fehlt es
an Versuchen, hierüber bestimmter zu entscheiden und wir müssen uns begnügen,
Fingerzeige zu geben, wo unsere Wissenschaft der Erweiterung bedarf, ihrer aber
auch fähig ist. -- Daß der Weizen den folgenden Früchten mehr Nahrung
entziehe als alle andere gebräuchlichen Getreidearten ist a priori so wahrschein-
lich als es eine alte und allgemeine Erfahrung ist. Wir haben sie nur in Pro-
portional-Zahlen auszusprechen versucht.

Praktisch leitet dies dann zu der nöthigen Mäßigung im Weizenbau, be-
sonders auf loserem Boden, dem sein Humus leichter wir dem thonigen völlig
abgesogen werden kann; so lange wenigstens als die wirthschaftlichen Verhält-
nisse keinen hinlänglichen Ersatz verstatten. Der Weizenbau darf nur mit dem
Futtergewinn und Düngungsstande in gleichem Schritte vermehrt werden.

Der Weizen giebt im Durchschnitt das Doppelte seines Körnergewichts an
Stroh; auf Höheboden etwas weniger, auf Niederungsboden mehr. Die Jah-

Der Weizen.
Staͤrkebereitung faſt untauglich, dagegen zum Backen ſehr gut macht. Das
Verhaͤltniß des Klebers ſchwankt nach Hermbſtaͤdts Unterſuchungen zwiſchen
5 und 30 Prozent.

Ferner iſt ſich nicht aller Weizen in der Staͤrke der Huͤlſe gleich. Die
Verſchiedenheit liegt theils in der Art des Weizens, theils im Boden und
der feuchte Boden giebt groͤbere Huͤlſen. Die Staͤrke der Huͤlſe ſteht aber
im umgekehrten Verhaͤltniſſe mit dem Gewichte und mit dem Werthe.

§. 64.

So wie aber der Weizen mehrere Nahrungstheile erfordert und unterAusſaugende
Kraft.

ihm guͤnſtigen Umſtaͤnden anziehet, ſo erſchoͤpft er den Boden auch ſtaͤrker.
Wir haben bei der freilich nur hypothetiſchen, aber der Erfahrung entſpre-
chenden Berechnung in den Bemerkungen Bd. II. S. XVII. angenommen,
daß er von 100 Theilen oder Graden der Kraft im Boden, 40 Theile an-
ziehe.

Sehr wahrſcheinlich iſt es, daß er zur Bildung ſeines vegetabiliſch-anima-
liſchen Glutens auch mehr animaliſchen Humus oder wenigſtens mehr Stickſtoff
verlange, und daß eine thieriſche Duͤngung ihm angemeſſener ſey, als eine bloß
vegetabiliſche, mit welcher ſich andere Getreidearten eher begnuͤgen. Vielleicht
koͤnnen Kalk und Alkalien jene erſetzen. Ich ſage vielleicht; denn noch fehlt es
an Verſuchen, hieruͤber beſtimmter zu entſcheiden und wir muͤſſen uns begnuͤgen,
Fingerzeige zu geben, wo unſere Wiſſenſchaft der Erweiterung bedarf, ihrer aber
auch faͤhig iſt. — Daß der Weizen den folgenden Fruͤchten mehr Nahrung
entziehe als alle andere gebraͤuchlichen Getreidearten iſt a priori ſo wahrſchein-
lich als es eine alte und allgemeine Erfahrung iſt. Wir haben ſie nur in Pro-
portional-Zahlen auszuſprechen verſucht.

Praktiſch leitet dies dann zu der noͤthigen Maͤßigung im Weizenbau, be-
ſonders auf loſerem Boden, dem ſein Humus leichter wir dem thonigen voͤllig
abgeſogen werden kann; ſo lange wenigſtens als die wirthſchaftlichen Verhaͤlt-
niſſe keinen hinlaͤnglichen Erſatz verſtatten. Der Weizenbau darf nur mit dem
Futtergewinn und Duͤngungsſtande in gleichem Schritte vermehrt werden.

Der Weizen giebt im Durchſchnitt das Doppelte ſeines Koͤrnergewichts an
Stroh; auf Hoͤheboden etwas weniger, auf Niederungsboden mehr. Die Jah-

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[63/0087] Der Weizen. Staͤrkebereitung faſt untauglich, dagegen zum Backen ſehr gut macht. Das Verhaͤltniß des Klebers ſchwankt nach Hermbſtaͤdts Unterſuchungen zwiſchen 5 und 30 Prozent. Ferner iſt ſich nicht aller Weizen in der Staͤrke der Huͤlſe gleich. Die Verſchiedenheit liegt theils in der Art des Weizens, theils im Boden und der feuchte Boden giebt groͤbere Huͤlſen. Die Staͤrke der Huͤlſe ſteht aber im umgekehrten Verhaͤltniſſe mit dem Gewichte und mit dem Werthe. §. 64. So wie aber der Weizen mehrere Nahrungstheile erfordert und unter ihm guͤnſtigen Umſtaͤnden anziehet, ſo erſchoͤpft er den Boden auch ſtaͤrker. Wir haben bei der freilich nur hypothetiſchen, aber der Erfahrung entſpre- chenden Berechnung in den Bemerkungen Bd. II. S. XVII. angenommen, daß er von 100 Theilen oder Graden der Kraft im Boden, 40 Theile an- ziehe. Ausſaugende Kraft. Sehr wahrſcheinlich iſt es, daß er zur Bildung ſeines vegetabiliſch-anima- liſchen Glutens auch mehr animaliſchen Humus oder wenigſtens mehr Stickſtoff verlange, und daß eine thieriſche Duͤngung ihm angemeſſener ſey, als eine bloß vegetabiliſche, mit welcher ſich andere Getreidearten eher begnuͤgen. Vielleicht koͤnnen Kalk und Alkalien jene erſetzen. Ich ſage vielleicht; denn noch fehlt es an Verſuchen, hieruͤber beſtimmter zu entſcheiden und wir muͤſſen uns begnuͤgen, Fingerzeige zu geben, wo unſere Wiſſenſchaft der Erweiterung bedarf, ihrer aber auch faͤhig iſt. — Daß der Weizen den folgenden Fruͤchten mehr Nahrung entziehe als alle andere gebraͤuchlichen Getreidearten iſt a priori ſo wahrſchein- lich als es eine alte und allgemeine Erfahrung iſt. Wir haben ſie nur in Pro- portional-Zahlen auszuſprechen verſucht. Praktiſch leitet dies dann zu der noͤthigen Maͤßigung im Weizenbau, be- ſonders auf loſerem Boden, dem ſein Humus leichter wir dem thonigen voͤllig abgeſogen werden kann; ſo lange wenigſtens als die wirthſchaftlichen Verhaͤlt- niſſe keinen hinlaͤnglichen Erſatz verſtatten. Der Weizenbau darf nur mit dem Futtergewinn und Duͤngungsſtande in gleichem Schritte vermehrt werden. Der Weizen giebt im Durchſchnitt das Doppelte ſeines Koͤrnergewichts an Stroh; auf Hoͤheboden etwas weniger, auf Niederungsboden mehr. Die Jah-

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812, S. 63. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft04_1812/87>, abgerufen am 28.03.2024.