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Thaer, Albrecht: Geschichte meiner Wirthschaft zu Möglin. Berlin, 1815.

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Man hat mich sehr oft gefragt, warum ich
keine Branntwein-Brennerei angelegt habe? Ich
muß, wenn ich diese Frage beantworten soll, wie-
der auf einige Persönlichkeiten verweisen.

Zwar habe ich seit jeher darauf gedrungen,
daß man den Gesichtspunkt im Auge behalte,
die Landwirthschaft sey ein Gewerbe, und werde
am vollkommensten betrieben, wenn man den
Zweck jedes Gewerbes am vollkommensten, ver-
steht sich auf eine rechtliche Art, dadurch erreiche.
Ich selbst aber habe sie, wenigstens nicht allein
um des Gewerbes, sondern mehr um der Wis-
senschaft willen, betrieben. Jenes war mir nur
Mittel zum Zweck. Nun aber gehört Brannt-
wein-Brennerei eigentlich nicht in das Gebiet
der Landwirthschaft; sie ist ein besonderes Ge-
werbe, was oft sehr vortheilhaft, aber doch nicht
allgemein, mit jener verbunden, auch ohne die-
selbe betrieben werden kann. Ihre Rückwirkung
auf den Ackerbau durch Viehhaltung und Dün-
ger-Erzeugung von fremden Produkten ist be-
trächtlich; aber deswegen eben wollte ich mich
nicht eines Mittels bedienen, dessen sich nicht je-
der bedienen kann, damit man nicht sage: das
ist nur bei einer starken Brennerei möglich!

Man hat mich ſehr oft gefragt, warum ich
keine Branntwein-Brennerei angelegt habe? Ich
muß, wenn ich dieſe Frage beantworten ſoll, wie-
der auf einige Perſoͤnlichkeiten verweiſen.

Zwar habe ich ſeit jeher darauf gedrungen,
daß man den Geſichtspunkt im Auge behalte,
die Landwirthſchaft ſey ein Gewerbe, und werde
am vollkommenſten betrieben, wenn man den
Zweck jedes Gewerbes am vollkommenſten, ver-
ſteht ſich auf eine rechtliche Art, dadurch erreiche.
Ich ſelbſt aber habe ſie, wenigſtens nicht allein
um des Gewerbes, ſondern mehr um der Wiſ-
ſenſchaft willen, betrieben. Jenes war mir nur
Mittel zum Zweck. Nun aber gehoͤrt Brannt-
wein-Brennerei eigentlich nicht in das Gebiet
der Landwirthſchaft; ſie iſt ein beſonderes Ge-
werbe, was oft ſehr vortheilhaft, aber doch nicht
allgemein, mit jener verbunden, auch ohne die-
ſelbe betrieben werden kann. Ihre Ruͤckwirkung
auf den Ackerbau durch Viehhaltung und Duͤn-
ger-Erzeugung von fremden Produkten iſt be-
traͤchtlich; aber deswegen eben wollte ich mich
nicht eines Mittels bedienen, deſſen ſich nicht je-
der bedienen kann, damit man nicht ſage: das
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[332/0349] Man hat mich ſehr oft gefragt, warum ich keine Branntwein-Brennerei angelegt habe? Ich muß, wenn ich dieſe Frage beantworten ſoll, wie- der auf einige Perſoͤnlichkeiten verweiſen. Zwar habe ich ſeit jeher darauf gedrungen, daß man den Geſichtspunkt im Auge behalte, die Landwirthſchaft ſey ein Gewerbe, und werde am vollkommenſten betrieben, wenn man den Zweck jedes Gewerbes am vollkommenſten, ver- ſteht ſich auf eine rechtliche Art, dadurch erreiche. Ich ſelbſt aber habe ſie, wenigſtens nicht allein um des Gewerbes, ſondern mehr um der Wiſ- ſenſchaft willen, betrieben. Jenes war mir nur Mittel zum Zweck. Nun aber gehoͤrt Brannt- wein-Brennerei eigentlich nicht in das Gebiet der Landwirthſchaft; ſie iſt ein beſonderes Ge- werbe, was oft ſehr vortheilhaft, aber doch nicht allgemein, mit jener verbunden, auch ohne die- ſelbe betrieben werden kann. Ihre Ruͤckwirkung auf den Ackerbau durch Viehhaltung und Duͤn- ger-Erzeugung von fremden Produkten iſt be- traͤchtlich; aber deswegen eben wollte ich mich nicht eines Mittels bedienen, deſſen ſich nicht je- der bedienen kann, damit man nicht ſage: das iſt nur bei einer ſtarken Brennerei moͤglich!

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Geschichte meiner Wirthschaft zu Möglin. Berlin, 1815, S. 332. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_moeglin_1815/349>, abgerufen am 28.03.2024.