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Thomasius, Christian: Von der Kunst Vernünfftig und Tugendhafft zu lieben. Halle (Saale), 1692.

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Glückseeligkeit des Menschen.
get/ daß alle unruhige und allzuveränder-
liche Gedancken
des Menschen böse seyn/ hin-
gegentheil aber in ruhigen und mäßig sich
verändernden Gedancken
des Menschen seine
wahre/ einige und gröste Glück seeligkeit
be-
stehe.

63.

Und diese ists/ woraus die alten Welt-
Weisen die das höchste Gut in einer Gemüths-
Ruhe
oder in einer Belustigung des Ge-
müths
gesuchet haben/ ihr Absehen gerichtet-
Wir wollen keines weges mit dir der Worte
oder des Nahmens halber streiten/ wenn wir
nur in der Sache überein kommen.

64.

Allen Streit aber dißfalls desto besser zu
heben/ wäre es wohl gut/ wenn wir eine deut-
liche Beschreibung
derselben geben könten;
Dieweil sie aber einig ist/ und ihres gleichen
nicht hat/
auch solchergestalt von denen die sie
besitzen besser empfunden/ als von andern deut-
lich verstanden
wird/ must du es so genau
nicht mit uns nehmen/ sondern zufrieden seyn/
wenn wir dir in Beschreibung derselben mehr
zeigen/ was sie nicht sey/ als was sie sey/ oder
wenn wir unser Absehen darinnen mehr auf ih-
ren Ursprung
und Würckung als auff ihr ei-
gentliches Wesen
richten.

65.

Sie ist demnach nichts anders als eine
ruhige Belustigung/ welche darinnen be-
stehet/ daß der Mensch weder Schmertzen
noch Freude über etwas empfindet/ und in

diesem
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Gluͤckſeeligkeit des Menſchen.
get/ daß alle unruhige und allzuveraͤnder-
liche Gedancken
des Menſchen boͤſe ſeyn/ hin-
gegentheil aber in ruhigen und maͤßig ſich
veraͤndernden Gedancken
des Menſchen ſeine
wahre/ einige und groͤſte Gluͤck ſeeligkeit
be-
ſtehe.

63.

Und dieſe iſts/ woraus die alten Welt-
Weiſen die das hoͤchſte Gut in einer Gemuͤths-
Ruhe
oder in einer Beluſtigung des Ge-
muͤths
geſuchet haben/ ihr Abſehen gerichtet-
Wir wollen keines weges mit dir der Worte
oder des Nahmens halber ſtreiten/ wenn wir
nur in der Sache uͤberein kommen.

64.

Allen Streit aber dißfalls deſto beſſer zu
heben/ waͤre es wohl gut/ wenn wir eine deut-
liche Beſchreibung
derſelben geben koͤnten;
Dieweil ſie aber einig iſt/ und ihres gleichen
nicht hat/
auch ſolchergeſtalt von denen die ſie
beſitzen beſſer empfunden/ als von andern deut-
lich verſtanden
wird/ muſt du es ſo genau
nicht mit uns nehmen/ ſondern zufrieden ſeyn/
wenn wir dir in Beſchreibung derſelben mehr
zeigen/ was ſie nicht ſey/ als was ſie ſey/ oder
wenn wir unſer Abſehen darinnen mehr auf ih-
ren Urſprung
und Wuͤrckung als auff ihr ei-
gentliches Weſen
richten.

65.

Sie iſt demnach nichts anders als eine
ruhige Beluſtigung/ welche darinnen be-
ſtehet/ daß der Menſch weder Schmertzen
noch Freude uͤber etwas empfindet/ und in

dieſem
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[85/0117] Gluͤckſeeligkeit des Menſchen. get/ daß alle unruhige und allzuveraͤnder- liche Gedancken des Menſchen boͤſe ſeyn/ hin- gegentheil aber in ruhigen und maͤßig ſich veraͤndernden Gedancken des Menſchen ſeine wahre/ einige und groͤſte Gluͤck ſeeligkeit be- ſtehe. 63. Und dieſe iſts/ woraus die alten Welt- Weiſen die das hoͤchſte Gut in einer Gemuͤths- Ruhe oder in einer Beluſtigung des Ge- muͤths geſuchet haben/ ihr Abſehen gerichtet- Wir wollen keines weges mit dir der Worte oder des Nahmens halber ſtreiten/ wenn wir nur in der Sache uͤberein kommen. 64. Allen Streit aber dißfalls deſto beſſer zu heben/ waͤre es wohl gut/ wenn wir eine deut- liche Beſchreibung derſelben geben koͤnten; Dieweil ſie aber einig iſt/ und ihres gleichen nicht hat/ auch ſolchergeſtalt von denen die ſie beſitzen beſſer empfunden/ als von andern deut- lich verſtanden wird/ muſt du es ſo genau nicht mit uns nehmen/ ſondern zufrieden ſeyn/ wenn wir dir in Beſchreibung derſelben mehr zeigen/ was ſie nicht ſey/ als was ſie ſey/ oder wenn wir unſer Abſehen darinnen mehr auf ih- ren Urſprung und Wuͤrckung als auff ihr ei- gentliches Weſen richten. 65. Sie iſt demnach nichts anders als eine ruhige Beluſtigung/ welche darinnen be- ſtehet/ daß der Menſch weder Schmertzen noch Freude uͤber etwas empfindet/ und in dieſem F 3

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Von der Kunst Vernünfftig und Tugendhafft zu lieben. Halle (Saale), 1692, S. 85. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_einleitungsittenlehre_1692/117>, abgerufen am 28.03.2024.