Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thomasius, Christian: Von der Kunst Vernünfftig und Tugendhafft zu lieben. Halle (Saale), 1692.

Bild:
<< vorherige Seite

Das 5. Hauptst. von derallgemeinen
Hertzen hergerühret/ also auch in Gegentheil die
nachdrücklichsten Caressen mehr einen Eckel als
Vergnügen verursachet/ wenn er wargenommen
daß dieselbigen auff ein particular Interesse der
Person/ die ihn dieselbigen erwiesen/ gezielet/ ge-
schweige denn wenn er hätte sehen sollen/ daß die-
selbigen ihm mit einen Wiederwillen oder gar
aus Zwang gegeben worden/ worvon wir viel-
leicht unten mit mehren Gelegenheit zu reden fin-
den werden.

31.

So wird es auch füglicher geschehen/ daß
wir biß dahin eine andere Betrachtung verspa-
ren. Daß es nehmlich gewisse Bezeugungen
gebe/ die nach Gelegenheit der Umbstände bald zu
denen allgemeinen Liebes-Bezeigungen/ bald a-
ber zu absonderlichen Gutthaten gebracht wer-
den können/ nachdem nemlich dieselben entweder
ohne Verdruß und Mühe des Gebers oder mit
derselben vergesellschafftet seyn.

32.

Hieher gehören unterschiedene Fragen die
von denen Rechts-Lehrern pflegen erörtert zu wer-
den. Ob dieses für eine Entziehung der allge-
meinen Liebes-Bezeigungen zu halten sey/ wenn
einer dem andern (1) den freyen Durchzug durch
sein Land/ oder (2) die freye Durch fuhre aller-
hand Kauff-Waaren/ oder (3) die Erlassung der
sonsten gewöhnlichen Zölle/ oder (4) die Anlän-
dung an sein Land/ oder (5) die Beherbergung/
oder (6) die völlige Auffnahme auch derer die aus
ihrem Lande durch Unglück sich weg zu machen ge-

nöthi-

Das 5. Hauptſt. von derallgemeinen
Hertzen hergeruͤhret/ alſo auch in Gegentheil die
nachdruͤcklichſten Careſſen mehr einen Eckel als
Vergnuͤgen verurſachet/ wenn er wargenommen
daß dieſelbigen auff ein particular Intereſſe der
Perſon/ die ihn dieſelbigen erwieſen/ gezielet/ ge-
ſchweige denn wenn er haͤtte ſehen ſollen/ daß die-
ſelbigen ihm mit einen Wiederwillen oder gar
aus Zwang gegeben worden/ worvon wir viel-
leicht unten mit mehren Gelegenheit zu reden fin-
den werden.

31.

So wird es auch fuͤglicher geſchehen/ daß
wir biß dahin eine andere Betrachtung verſpa-
ren. Daß es nehmlich gewiſſe Bezeugungen
gebe/ die nach Gelegenheit der Umbſtaͤnde bald zu
denen allgemeinen Liebes-Bezeigungen/ bald a-
ber zu abſonderlichen Gutthaten gebracht wer-
den koͤnnen/ nachdem nemlich dieſelben entweder
ohne Verdruß und Muͤhe des Gebers oder mit
derſelben vergeſellſchafftet ſeyn.

32.

Hieher gehoͤren unterſchiedene Fragen die
von denen Rechts-Lehrern pflegen eroͤrtert zu wer-
den. Ob dieſes fuͤr eine Entziehung der allge-
meinen Liebes-Bezeigungen zu halten ſey/ wenn
einer dem andern (1) den freyen Durchzug durch
ſein Land/ oder (2) die freye Durch fuhre aller-
hand Kauff-Waaren/ oder (3) die Erlaſſung der
ſonſten gewoͤhnlichen Zoͤlle/ oder (4) die Anlaͤn-
dung an ſein Land/ oder (5) die Beherbergung/
oder (6) die voͤllige Auffnahme auch derer die aus
ihrem Lande durch Ungluͤck ſich weg zu machen ge-

noͤthi-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0244" n="214[212]"/><fw place="top" type="header">Das 5. Haupt&#x017F;t. von derallgemeinen</fw><lb/><hi rendition="#fr">Hertzen</hi> hergeru&#x0364;hret/ al&#x017F;o auch in Gegentheil die<lb/><hi rendition="#fr">nachdru&#x0364;cklich&#x017F;ten</hi> <hi rendition="#aq">Care&#x017F;&#x017F;en</hi> mehr einen Eckel als<lb/>
Vergnu&#x0364;gen verur&#x017F;achet/ wenn er wargenommen<lb/>
daß die&#x017F;elbigen auff ein <hi rendition="#aq">particular Intere&#x017F;&#x017F;e</hi> der<lb/>
Per&#x017F;on/ die ihn die&#x017F;elbigen erwie&#x017F;en/ gezielet/ ge-<lb/>
&#x017F;chweige denn wenn er ha&#x0364;tte &#x017F;ehen &#x017F;ollen/ daß die-<lb/>
&#x017F;elbigen ihm mit einen <hi rendition="#fr">Wiederwillen</hi> oder gar<lb/><hi rendition="#fr">aus Zwang</hi> gegeben worden/ worvon wir viel-<lb/>
leicht unten mit mehren Gelegenheit zu reden fin-<lb/>
den werden.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>31.</head>
            <p>So wird es auch fu&#x0364;glicher ge&#x017F;chehen/ daß<lb/>
wir biß dahin eine andere Betrachtung ver&#x017F;pa-<lb/>
ren. Daß es nehmlich <hi rendition="#fr">gewi&#x017F;&#x017F;e Bezeugungen</hi><lb/>
gebe/ die nach Gelegenheit der <hi rendition="#fr">U</hi>mb&#x017F;ta&#x0364;nde bald zu<lb/>
denen <hi rendition="#fr">allgemeinen</hi> Liebes-Bezeigungen/ bald a-<lb/>
ber zu ab&#x017F;onderlichen <hi rendition="#fr">Gutthaten</hi> gebracht wer-<lb/>
den ko&#x0364;nnen/ nachdem nemlich die&#x017F;elben entweder<lb/>
ohne Verdruß und Mu&#x0364;he des Gebers oder mit<lb/>
der&#x017F;elben verge&#x017F;ell&#x017F;chafftet &#x017F;eyn.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>32.</head>
            <p>Hieher geho&#x0364;ren unter&#x017F;chiedene Fragen die<lb/>
von denen Rechts-Lehrern pflegen ero&#x0364;rtert zu wer-<lb/>
den. Ob die&#x017F;es fu&#x0364;r eine Entziehung der allge-<lb/>
meinen Liebes-Bezeigungen zu halten &#x017F;ey/ wenn<lb/>
einer dem andern (1) den freyen Durchzug durch<lb/>
&#x017F;ein Land/ oder (2) die freye Durch fuhre aller-<lb/>
hand Kauff-Waaren/ oder (3) die Erla&#x017F;&#x017F;ung der<lb/>
&#x017F;on&#x017F;ten gewo&#x0364;hnlichen Zo&#x0364;lle/ oder (4) die Anla&#x0364;n-<lb/>
dung an &#x017F;ein Land/ oder (5) die Beherbergung/<lb/>
oder (6) die vo&#x0364;llige Auffnahme auch derer die aus<lb/>
ihrem Lande durch Unglu&#x0364;ck &#x017F;ich weg zu machen ge-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">no&#x0364;thi-</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[214[212]/0244] Das 5. Hauptſt. von derallgemeinen Hertzen hergeruͤhret/ alſo auch in Gegentheil die nachdruͤcklichſten Careſſen mehr einen Eckel als Vergnuͤgen verurſachet/ wenn er wargenommen daß dieſelbigen auff ein particular Intereſſe der Perſon/ die ihn dieſelbigen erwieſen/ gezielet/ ge- ſchweige denn wenn er haͤtte ſehen ſollen/ daß die- ſelbigen ihm mit einen Wiederwillen oder gar aus Zwang gegeben worden/ worvon wir viel- leicht unten mit mehren Gelegenheit zu reden fin- den werden. 31. So wird es auch fuͤglicher geſchehen/ daß wir biß dahin eine andere Betrachtung verſpa- ren. Daß es nehmlich gewiſſe Bezeugungen gebe/ die nach Gelegenheit der Umbſtaͤnde bald zu denen allgemeinen Liebes-Bezeigungen/ bald a- ber zu abſonderlichen Gutthaten gebracht wer- den koͤnnen/ nachdem nemlich dieſelben entweder ohne Verdruß und Muͤhe des Gebers oder mit derſelben vergeſellſchafftet ſeyn. 32. Hieher gehoͤren unterſchiedene Fragen die von denen Rechts-Lehrern pflegen eroͤrtert zu wer- den. Ob dieſes fuͤr eine Entziehung der allge- meinen Liebes-Bezeigungen zu halten ſey/ wenn einer dem andern (1) den freyen Durchzug durch ſein Land/ oder (2) die freye Durch fuhre aller- hand Kauff-Waaren/ oder (3) die Erlaſſung der ſonſten gewoͤhnlichen Zoͤlle/ oder (4) die Anlaͤn- dung an ſein Land/ oder (5) die Beherbergung/ oder (6) die voͤllige Auffnahme auch derer die aus ihrem Lande durch Ungluͤck ſich weg zu machen ge- noͤthi-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_einleitungsittenlehre_1692
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_einleitungsittenlehre_1692/244
Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Von der Kunst Vernünfftig und Tugendhafft zu lieben. Halle (Saale), 1692, S. 214[212]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_einleitungsittenlehre_1692/244>, abgerufen am 18.04.2024.