Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thomasius, Christian: Von der Kunst Vernünfftig und Tugendhafft zu lieben. Halle (Saale), 1692.

Bild:
<< vorherige Seite
Glückseeligkeit des Menschen.
von der Schein-Weißheit und von der Schein Tu-
gend verstehen muß. n. 126. 127. Warumb man der
Wohllust des Leibes nicht erwehnet n. 128. 129.
Kein Philosophus hat die Wohllust des Leibes für das
höchste Gut des Menschen ausgegeben. n. 130.
1.

SO ist demnach die Sitten-Lehre nichts
anders als eine Lehre/ die den
Menschen unterweiset/ worinnen
seine wahre und höchste Glückseligkeit be-
stehe/ wie er dieselbe erlangen/ und die Hin-
dernissen/ so durch ihm selbst verursachet
werden/ ablegen und überwinden solle.

2.

Derowegen nachdem wir in vorhergehen-
den Capitel/ unterschiedene Arten von dem Gu-
te des Menschen erzehlet haben/ müssen wir
nunmehro vor allen Dingen besorget seyn zu er-
örtern/ worinnen seine gröste Glückseligkeit
bestehe.

3.

Zumahl da die Philosophi so eyffrig und
ernstlich über dieser Frage gestritten und
noch streiten/ wiewohl dieser Streit mehr den
Nahmen als die Sache selbst angehet/ oder
doch/ wie er in gemein getrieben wird/ mehr sub-
til und Grillenhafftig als deutlich oder nützlich ist.
Wir wollen unserer Gewohnheit nach die Sache
deutlich/ und daß sie jederman begreiffen möge/
auch so ferne sie in der Sitten-Lehre hauptsäch-
lich genutzet werden kan/ vortragen.

4. Glück
D 5
Gluͤckſeeligkeit des Menſchen.
von der Schein-Weißheit und von der Schein Tu-
gend verſtehen muß. n. 126. 127. Warumb man der
Wohlluſt des Leibes nicht erwehnet n. 128. 129.
Kein Philoſophus hat die Wohlluſt des Leibes fuͤr das
hoͤchſte Gut des Menſchen ausgegeben. n. 130.
1.

SO iſt demnach die Sitten-Lehre nichts
anders als eine Lehre/ die den
Menſchen unterweiſet/ worinnen
ſeine wahre und hoͤchſte Gluͤckſeligkeit be-
ſtehe/ wie er dieſelbe erlangen/ und die Hin-
derniſſen/ ſo durch ihm ſelbſt verurſachet
werden/ ablegen und uͤberwinden ſolle.

2.

Derowegen nachdem wir in vorhergehen-
den Capitel/ unterſchiedene Arten von dem Gu-
te des Menſchen erzehlet haben/ muͤſſen wir
nunmehro vor allen Dingen beſorget ſeyn zu er-
oͤrtern/ worinnen ſeine groͤſte Gluͤckſeligkeit
beſtehe.

3.

Zumahl da die Philoſophi ſo eyffrig und
ernſtlich uͤber dieſer Frage geſtritten und
noch ſtreiten/ wiewohl dieſer Streit mehr den
Nahmen als die Sache ſelbſt angehet/ oder
doch/ wie er in gemein getrieben wird/ mehr ſub-
til und Grillenhafftig als deutlich oder nuͤtzlich iſt.
Wir wollen unſerer Gewohnheit nach die Sache
deutlich/ und daß ſie jederman begreiffen moͤge/
auch ſo ferne ſie in der Sitten-Lehre hauptſaͤch-
lich genutzet werden kan/ vortragen.

4. Gluͤck
D 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <list>
            <item><pb facs="#f0089" n="57"/><fw place="top" type="header">Glu&#x0364;ck&#x017F;eeligkeit des Men&#x017F;chen.</fw><lb/>
von der <hi rendition="#fr">S</hi>chein-Weißheit und von der Schein Tu-<lb/>
gend ver&#x017F;tehen muß. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">n.</hi></hi> 126. 127. Warumb man der<lb/><hi rendition="#fr">Wohllu&#x017F;t des Leibes</hi> nicht erwehnet <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">n.</hi></hi> 128. 129.<lb/>
Kein <hi rendition="#aq">Philo&#x017F;ophus</hi> hat die Wohllu&#x017F;t des Leibes fu&#x0364;r das<lb/>
ho&#x0364;ch&#x017F;te Gut des Men&#x017F;chen ausgegeben. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">n.</hi></hi> 130.</item>
          </list>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>1.</head><lb/>
          <p><hi rendition="#in">S</hi>O i&#x017F;t demnach die <hi rendition="#fr">Sitten-Lehre</hi> nichts<lb/>
anders als <hi rendition="#fr">eine Lehre/ die den<lb/>
Men&#x017F;chen unterwei&#x017F;et/ worinnen<lb/>
&#x017F;eine wahre und ho&#x0364;ch&#x017F;te Glu&#x0364;ck&#x017F;eligkeit be-<lb/>
&#x017F;tehe/ wie er die&#x017F;elbe erlangen/ und die Hin-<lb/>
derni&#x017F;&#x017F;en/ &#x017F;o durch ihm &#x017F;elb&#x017F;t verur&#x017F;achet<lb/>
werden/ ablegen und u&#x0364;berwinden &#x017F;olle.</hi></p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>2.</head>
          <p>Derowegen nachdem wir in vorhergehen-<lb/>
den Capitel/ unter&#x017F;chiedene Arten von dem Gu-<lb/>
te des Men&#x017F;chen erzehlet haben/ mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en wir<lb/>
nunmehro vor allen Dingen be&#x017F;orget &#x017F;eyn zu er-<lb/>
o&#x0364;rtern/ <hi rendition="#fr">worinnen &#x017F;eine gro&#x0364;&#x017F;te Glu&#x0364;ck&#x017F;eligkeit<lb/>
be&#x017F;tehe.</hi></p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>3.</head>
          <p>Zumahl da die <hi rendition="#aq">Philo&#x017F;ophi</hi> &#x017F;o eyffrig und<lb/>
ern&#x017F;tlich <hi rendition="#fr">u&#x0364;ber die&#x017F;er Frage ge&#x017F;tritten</hi> und<lb/>
noch &#x017F;treiten/ wiewohl die&#x017F;er Streit mehr den<lb/>
Nahmen als die Sache &#x017F;elb&#x017F;t angehet/ oder<lb/>
doch/ wie er in gemein getrieben wird/ mehr &#x017F;ub-<lb/>
til und Grillenhafftig als deutlich oder nu&#x0364;tzlich i&#x017F;t.<lb/>
Wir wollen un&#x017F;erer Gewohnheit nach die Sache<lb/>
deutlich/ und daß &#x017F;ie jederman begreiffen mo&#x0364;ge/<lb/>
auch &#x017F;o ferne &#x017F;ie in der Sitten-Lehre haupt&#x017F;a&#x0364;ch-<lb/>
lich genutzet werden kan/ vortragen.</p>
        </div><lb/>
        <fw place="bottom" type="sig">D 5</fw>
        <fw place="bottom" type="catch">4. Glu&#x0364;ck</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[57/0089] Gluͤckſeeligkeit des Menſchen. von der Schein-Weißheit und von der Schein Tu- gend verſtehen muß. n. 126. 127. Warumb man der Wohlluſt des Leibes nicht erwehnet n. 128. 129. Kein Philoſophus hat die Wohlluſt des Leibes fuͤr das hoͤchſte Gut des Menſchen ausgegeben. n. 130. 1. SO iſt demnach die Sitten-Lehre nichts anders als eine Lehre/ die den Menſchen unterweiſet/ worinnen ſeine wahre und hoͤchſte Gluͤckſeligkeit be- ſtehe/ wie er dieſelbe erlangen/ und die Hin- derniſſen/ ſo durch ihm ſelbſt verurſachet werden/ ablegen und uͤberwinden ſolle. 2. Derowegen nachdem wir in vorhergehen- den Capitel/ unterſchiedene Arten von dem Gu- te des Menſchen erzehlet haben/ muͤſſen wir nunmehro vor allen Dingen beſorget ſeyn zu er- oͤrtern/ worinnen ſeine groͤſte Gluͤckſeligkeit beſtehe. 3. Zumahl da die Philoſophi ſo eyffrig und ernſtlich uͤber dieſer Frage geſtritten und noch ſtreiten/ wiewohl dieſer Streit mehr den Nahmen als die Sache ſelbſt angehet/ oder doch/ wie er in gemein getrieben wird/ mehr ſub- til und Grillenhafftig als deutlich oder nuͤtzlich iſt. Wir wollen unſerer Gewohnheit nach die Sache deutlich/ und daß ſie jederman begreiffen moͤge/ auch ſo ferne ſie in der Sitten-Lehre hauptſaͤch- lich genutzet werden kan/ vortragen. 4. Gluͤck D 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_einleitungsittenlehre_1692
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_einleitungsittenlehre_1692/89
Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Von der Kunst Vernünfftig und Tugendhafft zu lieben. Halle (Saale), 1692, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_einleitungsittenlehre_1692/89>, abgerufen am 24.04.2024.