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Thomasius, Christian: Von der Kunst Vernünfftig und Tugendhafft zu lieben. Halle (Saale), 1692.

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Das 2. Hauptst. von der grösten.
schrie zwar der Mund eines weisen Man-
nes/ aber seine Seele wäre ruhig;
und was
dergleichen ungegründete Dinge mehr fürge-
bracht werden.

23.

Wir wissen/ daß der Mensch aus zwey
wesentlichen Theilen dem Leib und Seele be-
stehet/ und rechnen das Wachsthum und die
Sinnligkeiten zu dem Leibe/ die Gedancken
aber alleine zu der Seele.

24.

Derowegen wenn das Leben des Men-
schen vor die Vereinigung des Leibes und der
Seelen
genommen wird/ so ist es kein Zweiffel/
es ist das Leben der Grund des grösten Gu-
tes
des Menschen; Denn es ist so dann selbi-
ges nichts anders als die Dauerung des mensch-
lichen Wesens/ und begreifft zugleich die Bewe-
gung des Geblüts/
und der Bewegungs-
Geister
wie nicht weniger der Seelen und die
Gantzheit derer Theile des Menschlichen
Cörpers/
darinnen diese Bewegungen vorge-
hen/ in sich.

25.

Und zwar so sind diese vier Stücke
dergestalt mit einander verknüpfft/ daß keines
ohne das andere seyn
kan/ und daß von dem
beständigen wohl seyn des einen auch die Güte
des andern dependiret.

26.

Wo keine Theile des menschlichen
Leibes sind/
da ist kein Mensch. Und wo in
diesen Theilen keine Bewegung des Geblü-

tes

Das 2. Hauptſt. von der groͤſten.
ſchrie zwar der Mund eines weiſen Man-
nes/ aber ſeine Seele waͤre ruhig;
und was
dergleichen ungegruͤndete Dinge mehr fuͤrge-
bracht werden.

23.

Wir wiſſen/ daß der Menſch aus zwey
weſentlichen Theilen dem Leib und Seele be-
ſtehet/ und rechnen das Wachsthum und die
Sinnligkeiten zu dem Leibe/ die Gedancken
aber alleine zu der Seele.

24.

Derowegen wenn das Leben des Men-
ſchen vor die Vereinigung des Leibes und der
Seelen
genommen wird/ ſo iſt es kein Zweiffel/
es iſt das Leben der Grund des groͤſten Gu-
tes
des Menſchen; Denn es iſt ſo dann ſelbi-
ges nichts anders als die Dauerung des menſch-
lichen Weſens/ und begreifft zugleich die Bewe-
gung des Gebluͤts/
und der Bewegungs-
Geiſter
wie nicht weniger der Seelen und die
Gantzheit derer Theile des Menſchlichen
Coͤrpers/
darinnen dieſe Bewegungen vorge-
hen/ in ſich.

25.

Und zwar ſo ſind dieſe vier Stuͤcke
dergeſtalt mit einander verknuͤpfft/ daß keines
ohne das andere ſeyn
kan/ und daß von dem
beſtaͤndigen wohl ſeyn des einen auch die Guͤte
des andern dependiret.

26.

Wo keine Theile des menſchlichen
Leibes ſind/
da iſt kein Menſch. Und wo in
dieſen Theilen keine Bewegung des Gebluͤ-

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[66/0098] Das 2. Hauptſt. von der groͤſten. ſchrie zwar der Mund eines weiſen Man- nes/ aber ſeine Seele waͤre ruhig; und was dergleichen ungegruͤndete Dinge mehr fuͤrge- bracht werden. 23. Wir wiſſen/ daß der Menſch aus zwey weſentlichen Theilen dem Leib und Seele be- ſtehet/ und rechnen das Wachsthum und die Sinnligkeiten zu dem Leibe/ die Gedancken aber alleine zu der Seele. 24. Derowegen wenn das Leben des Men- ſchen vor die Vereinigung des Leibes und der Seelen genommen wird/ ſo iſt es kein Zweiffel/ es iſt das Leben der Grund des groͤſten Gu- tes des Menſchen; Denn es iſt ſo dann ſelbi- ges nichts anders als die Dauerung des menſch- lichen Weſens/ und begreifft zugleich die Bewe- gung des Gebluͤts/ und der Bewegungs- Geiſter wie nicht weniger der Seelen und die Gantzheit derer Theile des Menſchlichen Coͤrpers/ darinnen dieſe Bewegungen vorge- hen/ in ſich. 25. Und zwar ſo ſind dieſe vier Stuͤcke dergeſtalt mit einander verknuͤpfft/ daß keines ohne das andere ſeyn kan/ und daß von dem beſtaͤndigen wohl ſeyn des einen auch die Guͤte des andern dependiret. 26. Wo keine Theile des menſchlichen Leibes ſind/ da iſt kein Menſch. Und wo in dieſen Theilen keine Bewegung des Gebluͤ- tes

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Von der Kunst Vernünfftig und Tugendhafft zu lieben. Halle (Saale), 1692, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_einleitungsittenlehre_1692/98>, abgerufen am 25.04.2024.