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Thomasius, Christian: Von der Kunst Vernünfftig und Tugendhafft zu lieben. Halle (Saale), 1692.

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Das 5. Hauptst. von der allgemeinen
sie schon ausdrücklich geschehen wäre) als das
Versprechen selbst acceptiren dörffte.

46.

Damit man aber unsere Meinung de-
sto besser verstehen möge/ so erfordern wir/ daß
es (1) gewiß sey/ daß derjenige/ der uns durch
Gewalt zum Versprechen zwinget/ nicht Fug
und
Macht gehabt habe solches zu thun/ (2)
daß es eine Gewalt sey/ die uns eine gegenwär-
tige und grosse Gefahr
drohet/ für welcher
sich auch ein rechtschaffener Mann zu entsetzen
pfleget/ und die wir anderer Gestalt nicht füg-
lich als durch dieses Versprechen haben loß wer-
den können. (3) Daß wir das aus Furcht ge-
thane Versprechen weder mit Worten noch
Wercken/ nach dem diese Furcht vorbey gewesen/
wiederholet oder gut geheissen haben.

47.

Bey dieser Bewandniß aber ist gantz offen-
bahr/ daß man einen grossen Unterscheid ma-
chen müsse/ ob man einen Feinde/ der uns durch
Krieg überwunden/ oder einem Strassen-
Räuber
etwas aus Furcht unser Leben zu ver-
liehren/ versprochen haben/ und daß man nicht
einmahl einen Auffrührer und Verräther/
der seinen Fürsten zu einen Versprechen zwinget/
mit einem Strassen-Räuber vergleichen könne/
wie wir solches allbereit anderswo ausgeführet.

48.

Ja es weisen noch über dieses diese drey
Bedingungen/ daß auff gewisse Maasse auch
ein Strassen-Räuber selbst nicht ausgeschlos-
sen werde/ daß er sich dieser allgemeinen Tugend

nicht

Das 5. Hauptſt. von der allgemeinen
ſie ſchon ausdruͤcklich geſchehen waͤre) als das
Verſprechen ſelbſt acceptiren doͤrffte.

46.

Damit man aber unſere Meinung de-
ſto beſſer verſtehen moͤge/ ſo erfordern wir/ daß
es (1) gewiß ſey/ daß derjenige/ der uns durch
Gewalt zum Verſprechen zwinget/ nicht Fug
und
Macht gehabt habe ſolches zu thun/ (2)
daß es eine Gewalt ſey/ die uns eine gegenwaͤr-
tige und groſſe Gefahr
drohet/ fuͤr welcher
ſich auch ein rechtſchaffener Mann zu entſetzen
pfleget/ und die wir anderer Geſtalt nicht fuͤg-
lich als durch dieſes Verſprechen haben loß wer-
den koͤnnen. (3) Daß wir das aus Furcht ge-
thane Verſprechen weder mit Worten noch
Wercken/ nach dem dieſe Furcht vorbey geweſen/
wiederholet oder gut geheiſſen haben.

47.

Bey dieſer Bewandniß aber iſt gantz offen-
bahr/ daß man einen groſſen Unterſcheid ma-
chen muͤſſe/ ob man einen Feinde/ der uns durch
Krieg uͤberwunden/ oder einem Straſſen-
Raͤuber
etwas aus Furcht unſer Leben zu ver-
liehren/ verſprochen haben/ und daß man nicht
einmahl einen Auffruͤhrer und Verraͤther/
der ſeinen Fuͤrſten zu einen Verſprechen zwinget/
mit einem Straſſen-Raͤuber vergleichen koͤnne/
wie wir ſolches allbereit anderswo ausgefuͤhret.

48.

Ja es weiſen noch uͤber dieſes dieſe drey
Bedingungen/ daß auff gewiſſe Maaſſe auch
ein Straſſen-Raͤuber ſelbſt nicht ausgeſchloſ-
ſen werde/ daß er ſich dieſer allgemeinen Tugend

nicht
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[222[220]/0252] Das 5. Hauptſt. von der allgemeinen ſie ſchon ausdruͤcklich geſchehen waͤre) als das Verſprechen ſelbſt acceptiren doͤrffte. 46. Damit man aber unſere Meinung de- ſto beſſer verſtehen moͤge/ ſo erfordern wir/ daß es (1) gewiß ſey/ daß derjenige/ der uns durch Gewalt zum Verſprechen zwinget/ nicht Fug und Macht gehabt habe ſolches zu thun/ (2) daß es eine Gewalt ſey/ die uns eine gegenwaͤr- tige und groſſe Gefahr drohet/ fuͤr welcher ſich auch ein rechtſchaffener Mann zu entſetzen pfleget/ und die wir anderer Geſtalt nicht fuͤg- lich als durch dieſes Verſprechen haben loß wer- den koͤnnen. (3) Daß wir das aus Furcht ge- thane Verſprechen weder mit Worten noch Wercken/ nach dem dieſe Furcht vorbey geweſen/ wiederholet oder gut geheiſſen haben. 47. Bey dieſer Bewandniß aber iſt gantz offen- bahr/ daß man einen groſſen Unterſcheid ma- chen muͤſſe/ ob man einen Feinde/ der uns durch Krieg uͤberwunden/ oder einem Straſſen- Raͤuber etwas aus Furcht unſer Leben zu ver- liehren/ verſprochen haben/ und daß man nicht einmahl einen Auffruͤhrer und Verraͤther/ der ſeinen Fuͤrſten zu einen Verſprechen zwinget/ mit einem Straſſen-Raͤuber vergleichen koͤnne/ wie wir ſolches allbereit anderswo ausgefuͤhret. 48. Ja es weiſen noch uͤber dieſes dieſe drey Bedingungen/ daß auff gewiſſe Maaſſe auch ein Straſſen-Raͤuber ſelbſt nicht ausgeſchloſ- ſen werde/ daß er ſich dieſer allgemeinen Tugend nicht

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Von der Kunst Vernünfftig und Tugendhafft zu lieben. Halle (Saale), 1692, S. 222[220]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_einleitungsittenlehre_1692/252>, abgerufen am 29.03.2024.