Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thomasius, Christian: Von der Kunst Vernünfftig und Tugendhafft zu lieben. Halle (Saale), 1692.

Bild:
<< vorherige Seite

Das 1. Hauptst. von der Gelahrheit
ne allgemeine Regel überhaupt geben könne/ weil
die ordentliche Bewegung bey einem Menschen
nicht in einem Grad ist wie bey dem andern/ son-
dernbey nahe auf so vielfältige Art variret als
Menschen seyn/
welche Veränderung theils von
dem Alter/ theils von der Landes-Art/ theils
von der Gewohnheit u. s. w. herrühret. Und
solcher gestalt darff ein jeder nur auff sich selbst
Achtung geben/ ob er eine merckliche und zuvorher
ungewohnte Alteration bey sich empfindet oder
nicht.

54.

Hieraus folget/ daß die mitlern Bewe-
gungen zwischen den allzustarcken und ordentli-
chen böse seyn/ wenn sie denen allzustarcken näher
kommen/ und für gut müssen gehalten werden/
wenn sie denen ordentlichen nahe sind.

55.

Es kan aber diese ordentliche Bewe-
gung
der sinnlichen Gliedmassen wohl böse
werden/
wenn sie allzulange continuiret
wird/
weil dadurch die Bewegung der andern
Sinnligkeiten/ die nach der Weißheit des
Schöpffers/ als wir oben erwehnet/ mit andern
durch eine anmuthige Veränderung abwechseln
solten/ gehindert wird.

56.

gleiche Bewandniß hat es mit der Be-
wegungs-Krafft der äußerlichen Gliedmas-
sen.
Eine mäßige Bewegung/ die nicht sehr
empfunden/ und nicht allzulange continuiret
wird/ ist gut/ eine allzusehr empfindliche oder
lang
continuirte aber/ ist böse.

57. Fer-

Das 1. Hauptſt. von der Gelahrheit
ne allgemeine Regel uͤberhaupt geben koͤnne/ weil
die ordentliche Bewegung bey einem Menſchen
nicht in einem Grad iſt wie bey dem andern/ ſon-
dernbey nahe auf ſo vielfaͤltige Art variret als
Menſchen ſeyn/
welche Veraͤnderung theils von
dem Alter/ theils von der Landes-Art/ theils
von der Gewohnheit u. ſ. w. herruͤhret. Und
ſolcher geſtalt darff ein jeder nur auff ſich ſelbſt
Achtung geben/ ob er eine merckliche und zuvorher
ungewohnte Alteration bey ſich empfindet oder
nicht.

54.

Hieraus folget/ daß die mitlern Bewe-
gungen zwiſchen den allzuſtarcken und ordentli-
chen boͤſe ſeyn/ wenn ſie denen allzuſtarcken naͤher
kommen/ und fuͤr gut muͤſſen gehalten werden/
wenn ſie denen ordentlichen nahe ſind.

55.

Es kan aber dieſe ordentliche Bewe-
gung
der ſinnlichen Gliedmaſſen wohl boͤſe
werden/
wenn ſie allzulange continuiret
wird/
weil dadurch die Bewegung der andern
Sinnligkeiten/ die nach der Weißheit des
Schoͤpffers/ als wir oben erwehnet/ mit andern
durch eine anmuthige Veraͤnderung abwechſeln
ſolten/ gehindert wird.

56.

gleiche Bewandniß hat es mit der Be-
wegungs-Krafft der aͤußerlichen Gliedmaſ-
ſen.
Eine maͤßige Bewegung/ die nicht ſehr
empfunden/ und nicht allzulange continuiret
wird/ iſt gut/ eine allzuſehr empfindliche oder
lang
continuirte aber/ iſt boͤſe.

57. Fer-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0054" n="22"/><fw place="top" type="header">Das 1. Haupt&#x017F;t. von der Gelahrheit</fw><lb/>
ne allgemeine Regel u&#x0364;berhaupt geben ko&#x0364;nne/ weil<lb/>
die ordentliche Bewegung bey einem Men&#x017F;chen<lb/>
nicht in einem Grad i&#x017F;t wie bey dem andern/ &#x017F;on-<lb/>
dernbey nahe auf <hi rendition="#fr">&#x017F;o vielfa&#x0364;ltige Art</hi> <hi rendition="#aq">vari</hi><hi rendition="#fr">ret als<lb/>
Men&#x017F;chen &#x017F;eyn/</hi> welche Vera&#x0364;nderung theils von<lb/>
dem <hi rendition="#fr">Alter/</hi> theils von der <hi rendition="#fr">Landes-Art/</hi> theils<lb/>
von der <hi rendition="#fr">Gewohnheit</hi> u. &#x017F;. w. herru&#x0364;hret. Und<lb/>
&#x017F;olcher ge&#x017F;talt darff ein jeder nur auff &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
Achtung geben/ ob er eine merckliche und zuvorher<lb/>
ungewohnte <hi rendition="#aq">Alteration</hi> bey &#x017F;ich empfindet oder<lb/>
nicht.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>54.</head>
          <p>Hieraus folget/ daß die <hi rendition="#fr">mitlern</hi> Bewe-<lb/>
gungen zwi&#x017F;chen den allzu&#x017F;tarcken und ordentli-<lb/>
chen <hi rendition="#fr">bo&#x0364;&#x017F;e</hi> &#x017F;eyn/ wenn &#x017F;ie denen allzu&#x017F;tarcken na&#x0364;her<lb/>
kommen/ und fu&#x0364;r <hi rendition="#fr">gut</hi> mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en gehalten werden/<lb/>
wenn &#x017F;ie denen ordentlichen nahe &#x017F;ind.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>55.</head>
          <p>Es kan aber die&#x017F;e <hi rendition="#fr">ordentliche Bewe-<lb/>
gung</hi> der &#x017F;innlichen Gliedma&#x017F;&#x017F;en <hi rendition="#fr">wohl bo&#x0364;&#x017F;e<lb/>
werden/</hi> wenn <hi rendition="#fr">&#x017F;ie allzulange</hi> <hi rendition="#aq">continui</hi><hi rendition="#fr">ret<lb/>
wird/</hi> weil dadurch die Bewegung der andern<lb/>
Sinnligkeiten/ die nach der Weißheit des<lb/>
Scho&#x0364;pffers/ als wir oben erwehnet/ mit andern<lb/>
durch eine anmuthige Vera&#x0364;nderung abwech&#x017F;eln<lb/>
&#x017F;olten/ gehindert wird.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>56.</head>
          <p>gleiche Bewandniß hat es mit <hi rendition="#fr">der Be-<lb/>
wegungs-Krafft der a&#x0364;ußerlichen Gliedma&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en.</hi> Eine <hi rendition="#fr">ma&#x0364;ßige</hi> Bewegung/ die nicht &#x017F;ehr<lb/>
empfunden/ und nicht allzulange <hi rendition="#aq">continui</hi>ret<lb/>
wird/ i&#x017F;t <hi rendition="#fr">gut/</hi> eine <hi rendition="#fr">allzu&#x017F;ehr empfindliche oder<lb/>
lang</hi> <hi rendition="#aq">continuir</hi>te aber/ i&#x017F;t <hi rendition="#fr">bo&#x0364;&#x017F;e.</hi></p>
        </div><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch">57. Fer-</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[22/0054] Das 1. Hauptſt. von der Gelahrheit ne allgemeine Regel uͤberhaupt geben koͤnne/ weil die ordentliche Bewegung bey einem Menſchen nicht in einem Grad iſt wie bey dem andern/ ſon- dernbey nahe auf ſo vielfaͤltige Art variret als Menſchen ſeyn/ welche Veraͤnderung theils von dem Alter/ theils von der Landes-Art/ theils von der Gewohnheit u. ſ. w. herruͤhret. Und ſolcher geſtalt darff ein jeder nur auff ſich ſelbſt Achtung geben/ ob er eine merckliche und zuvorher ungewohnte Alteration bey ſich empfindet oder nicht. 54. Hieraus folget/ daß die mitlern Bewe- gungen zwiſchen den allzuſtarcken und ordentli- chen boͤſe ſeyn/ wenn ſie denen allzuſtarcken naͤher kommen/ und fuͤr gut muͤſſen gehalten werden/ wenn ſie denen ordentlichen nahe ſind. 55. Es kan aber dieſe ordentliche Bewe- gung der ſinnlichen Gliedmaſſen wohl boͤſe werden/ wenn ſie allzulange continuiret wird/ weil dadurch die Bewegung der andern Sinnligkeiten/ die nach der Weißheit des Schoͤpffers/ als wir oben erwehnet/ mit andern durch eine anmuthige Veraͤnderung abwechſeln ſolten/ gehindert wird. 56. gleiche Bewandniß hat es mit der Be- wegungs-Krafft der aͤußerlichen Gliedmaſ- ſen. Eine maͤßige Bewegung/ die nicht ſehr empfunden/ und nicht allzulange continuiret wird/ iſt gut/ eine allzuſehr empfindliche oder lang continuirte aber/ iſt boͤſe. 57. Fer-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_einleitungsittenlehre_1692
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_einleitungsittenlehre_1692/54
Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Von der Kunst Vernünfftig und Tugendhafft zu lieben. Halle (Saale), 1692, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_einleitungsittenlehre_1692/54>, abgerufen am 29.03.2024.