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Thomasius, Christian: Von der Kunst Vernünfftig und Tugendhafft zu lieben. Halle (Saale), 1692.

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Glückseeligkeit des Menschen.
tes ist/ ist der Mensch tod/ und folglich hat er
auch keine Sinnligkeiten und Vernunfft mehr.

27.

Wo keine Bewegung in den Senn-
Adern mehr ist/
können sich auch die äusserliche
Gliedmassen nicht bewegen ja der menschliche/
Cörper hat keine Empfindligkeit mehr. Wo
aber der Mensch keine Bewegung und Em-
pfindligkeit mehr hat/ ist er tod. Und wie
wolte denn nun in einem Toden Menschen das
Geblüte sich bewegen/ in welcher Bewegung
des Leibes Leben ist. Ja wie wolte ein todter
Mensch dencken und seine Vernunfft brauchen.

28.

Zugeschweigen daß die Bewegung in
denen Senn-Adern
und Blut-Adern derge-
stalt mit einander verknüpfft ist/ und jenes/ wenn
es recht gebraucht wird/ auch dieses in seinen
ordentlichen Zustand erhalten hilfft/ und im Ge-
gentheil wenn man die äusserliche Bewegung
gar zu sehr spahret/ auch die Bewegung des
Geblüts stocken und faul zu werden anfängt.

29.

So ist auch/ was die Vernunfft betrifft/
bekant/ das nach unterschiedener Arten der Be-
wegung in
dem Geblüte die Gedancken mun-
ter oder verdrossen/ und nach denen unterschie-
denen Arten der Bewegung in denen nerven
die Gedancken begierig oder gleichgültig seyn/
und also allezeit die menschliche Vernunfft nach
Art dieser beyderley Bewegung geändert wird.
Was solte sie dannenhero wohl dencken/ wenn

keine
E 2

Gluͤckſeeligkeit des Menſchen.
tes iſt/ iſt der Menſch tod/ und folglich hat er
auch keine Sinnligkeiten und Vernunfft mehr.

27.

Wo keine Bewegung in den Senn-
Adern mehr iſt/
koͤnnen ſich auch die aͤuſſerliche
Gliedmaſſen nicht bewegen ja der menſchliche/
Coͤrper hat keine Empfindligkeit mehr. Wo
aber der Menſch keine Bewegung und Em-
pfindligkeit mehr hat/ iſt er tod. Und wie
wolte denn nun in einem Toden Menſchen das
Gebluͤte ſich bewegen/ in welcher Bewegung
des Leibes Leben iſt. Ja wie wolte ein todter
Menſch dencken und ſeine Vernunfft brauchen.

28.

Zugeſchweigen daß die Bewegung in
denen Senn-Adern
und Blut-Adern derge-
ſtalt mit einander verknuͤpfft iſt/ und jenes/ wenn
es recht gebraucht wird/ auch dieſes in ſeinen
ordentlichen Zuſtand erhalten hilfft/ und im Ge-
gentheil wenn man die aͤuſſerliche Bewegung
gar zu ſehr ſpahret/ auch die Bewegung des
Gebluͤts ſtocken und faul zu werden anfaͤngt.

29.

So iſt auch/ was die Vernunfft betrifft/
bekant/ das nach unterſchiedener Arten der Be-
wegung in
dem Gebluͤte die Gedancken mun-
ter oder verdroſſen/ und nach denen unterſchie-
denen Arten der Bewegung in denen nerven
die Gedancken begierig oder gleichguͤltig ſeyn/
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Was ſolte ſie dannenhero wohl dencken/ wenn

keine
E 2
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[67/0099] Gluͤckſeeligkeit des Menſchen. tes iſt/ iſt der Menſch tod/ und folglich hat er auch keine Sinnligkeiten und Vernunfft mehr. 27. Wo keine Bewegung in den Senn- Adern mehr iſt/ koͤnnen ſich auch die aͤuſſerliche Gliedmaſſen nicht bewegen ja der menſchliche/ Coͤrper hat keine Empfindligkeit mehr. Wo aber der Menſch keine Bewegung und Em- pfindligkeit mehr hat/ iſt er tod. Und wie wolte denn nun in einem Toden Menſchen das Gebluͤte ſich bewegen/ in welcher Bewegung des Leibes Leben iſt. Ja wie wolte ein todter Menſch dencken und ſeine Vernunfft brauchen. 28. Zugeſchweigen daß die Bewegung in denen Senn-Adern und Blut-Adern derge- ſtalt mit einander verknuͤpfft iſt/ und jenes/ wenn es recht gebraucht wird/ auch dieſes in ſeinen ordentlichen Zuſtand erhalten hilfft/ und im Ge- gentheil wenn man die aͤuſſerliche Bewegung gar zu ſehr ſpahret/ auch die Bewegung des Gebluͤts ſtocken und faul zu werden anfaͤngt. 29. So iſt auch/ was die Vernunfft betrifft/ bekant/ das nach unterſchiedener Arten der Be- wegung in dem Gebluͤte die Gedancken mun- ter oder verdroſſen/ und nach denen unterſchie- denen Arten der Bewegung in denen nerven die Gedancken begierig oder gleichguͤltig ſeyn/ und alſo allezeit die menſchliche Vernunfft nach Art dieſer beyderley Bewegung geaͤndert wird. Was ſolte ſie dannenhero wohl dencken/ wenn keine E 2

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Von der Kunst Vernünfftig und Tugendhafft zu lieben. Halle (Saale), 1692, S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_einleitungsittenlehre_1692/99>, abgerufen am 29.03.2024.