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Thomasius, Christian: Einleitung zu der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), 1691.

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Das 10. Hauptst. von wahrscheinl.
liche Verstand unbeweglich seyn/ und weder
zur rechten noch zur lincken weichen/ weil alle
Bewegung/ die der Menschliche Verstand
dißfals für sich und ohne dem über natürlichen
Licht thut/ gefährlich ist.

10. Aber in natürlichen unerkanten Din-
gen soll er so viel als möglich/ sich bewegen nach
Anleitung des Gewichts/ das ihm zum Er-
käntnüß des Wahren oder Falschen führet/
wie das Züngelgen einer Wage in deren ei-
ner Schale nur ein schwer Gewichte lieget
/
sich alsbald nur alleine auff dieselbige Seite
richtet.

11. Es geschiehet aber öffters/ daß man in
beyde Schalen ungleiche Gewichte leget/
und solcher Gestalt beweget sich das Zünglein
auff beyden Seiten/ biß es endlich auff der
Seite/ allwo das schwerste Gewichte ist/ zu
ruhen pfleget/ aber doch lange so weit sich nicht
überleget/ als wenn auff derselben Seite das
Gewichte nur allein gelegen wäre.

12. Und wann gleiche Gewichte in beyde
Schalen geleget werden/ so beweget sich das
Zünglein in auffziehen auf beyde Seiten/ biß
es mitten inne stehen bleibet.

13. Und wäre dannenhero eine absurde

Wage/

Das 10. Hauptſt. von wahrſcheinl.
liche Verſtand unbeweglich ſeyn/ und weder
zur rechten noch zur lincken weichen/ weil alle
Bewegung/ die der Menſchliche Verſtand
dißfals fuͤr ſich und ohne dem uͤber natuͤrlichen
Licht thut/ gefaͤhrlich iſt.

10. Aber in natuͤrlichen unerkanten Din-
gen ſoll er ſo viel als moͤglich/ ſich bewegen nach
Anleitung des Gewichts/ das ihm zum Er-
kaͤntnuͤß des Wahren oder Falſchen fuͤhret/
wie das Zuͤngelgen einer Wage in deren ei-
ner Schale nur ein ſchwer Gewichte lieget
/
ſich alsbald nur alleine auff dieſelbige Seite
richtet.

11. Es geſchiehet aber oͤffters/ daß man in
beyde Schalen ungleiche Gewichte leget/
und ſolcher Geſtalt beweget ſich das Zuͤnglein
auff beyden Seiten/ biß es endlich auff der
Seite/ allwo das ſchwerſte Gewichte iſt/ zu
ruhen pfleget/ aber doch lange ſo weit ſich nicht
uͤberleget/ als wenn auff derſelben Seite das
Gewichte nur allein gelegen waͤre.

12. Und wann gleiche Gewichte in beyde
Schalen geleget werden/ ſo beweget ſich das
Zuͤnglein in auffziehen auf beyde Seiten/ biß
es mitten inne ſtehen bleibet.

13. Und waͤre dannenhero eine abſurde

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[222/0240] Das 10. Hauptſt. von wahrſcheinl. liche Verſtand unbeweglich ſeyn/ und weder zur rechten noch zur lincken weichen/ weil alle Bewegung/ die der Menſchliche Verſtand dißfals fuͤr ſich und ohne dem uͤber natuͤrlichen Licht thut/ gefaͤhrlich iſt. 10. Aber in natuͤrlichen unerkanten Din- gen ſoll er ſo viel als moͤglich/ ſich bewegen nach Anleitung des Gewichts/ das ihm zum Er- kaͤntnuͤß des Wahren oder Falſchen fuͤhret/ wie das Zuͤngelgen einer Wage in deren ei- ner Schale nur ein ſchwer Gewichte lieget/ ſich alsbald nur alleine auff dieſelbige Seite richtet. 11. Es geſchiehet aber oͤffters/ daß man in beyde Schalen ungleiche Gewichte leget/ und ſolcher Geſtalt beweget ſich das Zuͤnglein auff beyden Seiten/ biß es endlich auff der Seite/ allwo das ſchwerſte Gewichte iſt/ zu ruhen pfleget/ aber doch lange ſo weit ſich nicht uͤberleget/ als wenn auff derſelben Seite das Gewichte nur allein gelegen waͤre. 12. Und wann gleiche Gewichte in beyde Schalen geleget werden/ ſo beweget ſich das Zuͤnglein in auffziehen auf beyde Seiten/ biß es mitten inne ſtehen bleibet. 13. Und waͤre dannenhero eine abſurde Wage/

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Einleitung zu der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), 1691, S. 222. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_einleitungvernufftlehre_1691/240>, abgerufen am 19.04.2024.