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Thomasius, Christian: Einleitung zu der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), 1691.

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Das 11. Hst. von denen unterschied.
können wir auch von ihren Wesen uns keine
ideas machen/ weil die ideae de rerum essen-
tiis
allezeit per sensiones gerühret werden
müssen.

8. Derowegen läufft aller Ursprung der
natürlichen Erkäntnüß/ die wir von dem We-
sen solcher Sachen haben/ auff das Zeugnüß
anderer Menschen hinaus/ welches nichts
mehr als eine Wahrscheinligkeit würcken kan.

9. Zwar ist es nicht zu leugnen/ daß man
zuweilen per ratiocinationem von etlichen
Dingen/ die denen Sinnligkeiten nicht unter-
worffen sind/ eine unstreitige Warheit erhalten
könne/ aber sie ist doch zum wenisten sehr dun-
ckel
und confus, oder sie gehet nicht so wohl auf
das Wesen solcher Dinge/ sondern auff ihre
blosse existentz.

10. Wir haben hiervon in dem 9. Capitel
allbereit die natürliche Erkäntnüß Gottes
zum Exempel dargestellet. Aber wir können
auch derer vielfältige aus denen natürlichen
Dingen herfürsuchen.

11. Zum Exempel wenn ein Stein durch
das Fenster in die Stube fället/ so erkenne ich
gewiß/ daß der Stein nicht von sich selbst her-
ein gefallen/ aber ich weiß darum nicht was das

etwas

Das 11. Hſt. von denen unterſchied.
koͤnnen wir auch von ihren Weſen uns keine
ideas machen/ weil die ideæ de rerum eſſen-
tiis
allezeit per ſenſiones geruͤhret werden
muͤſſen.

8. Derowegen laͤufft aller Urſprung der
natuͤrlichen Erkaͤntnuͤß/ die wir von dem We-
ſen ſolcher Sachen haben/ auff das Zeugnuͤß
anderer Menſchen hinaus/ welches nichts
mehr als eine Wahrſcheinligkeit wuͤrcken kan.

9. Zwar iſt es nicht zu leugnen/ daß man
zuweilen per ratiocinationem von etlichen
Dingen/ die denen Sinnligkeiten nicht unter-
worffen ſind/ eine unſtreitige Warheit erhalten
koͤnne/ aber ſie iſt doch zum weniſten ſehr dun-
ckel
und confus, oder ſie gehet nicht ſo wohl auf
das Weſen ſolcher Dinge/ ſondern auff ihre
bloſſe exiſtentz.

10. Wir haben hiervon in dem 9. Capitel
allbereit die natuͤrliche Erkaͤntnuͤß Gottes
zum Exempel dargeſtellet. Aber wir koͤnnen
auch derer vielfaͤltige aus denen natuͤrlichen
Dingen herfuͤrſuchen.

11. Zum Exempel wenn ein Stein durch
das Fenſter in die Stube faͤllet/ ſo erkenne ich
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[244/0262] Das 11. Hſt. von denen unterſchied. koͤnnen wir auch von ihren Weſen uns keine ideas machen/ weil die ideæ de rerum eſſen- tiis allezeit per ſenſiones geruͤhret werden muͤſſen. 8. Derowegen laͤufft aller Urſprung der natuͤrlichen Erkaͤntnuͤß/ die wir von dem We- ſen ſolcher Sachen haben/ auff das Zeugnuͤß anderer Menſchen hinaus/ welches nichts mehr als eine Wahrſcheinligkeit wuͤrcken kan. 9. Zwar iſt es nicht zu leugnen/ daß man zuweilen per ratiocinationem von etlichen Dingen/ die denen Sinnligkeiten nicht unter- worffen ſind/ eine unſtreitige Warheit erhalten koͤnne/ aber ſie iſt doch zum weniſten ſehr dun- ckel und confus, oder ſie gehet nicht ſo wohl auf das Weſen ſolcher Dinge/ ſondern auff ihre bloſſe exiſtentz. 10. Wir haben hiervon in dem 9. Capitel allbereit die natuͤrliche Erkaͤntnuͤß Gottes zum Exempel dargeſtellet. Aber wir koͤnnen auch derer vielfaͤltige aus denen natuͤrlichen Dingen herfuͤrſuchen. 11. Zum Exempel wenn ein Stein durch das Fenſter in die Stube faͤllet/ ſo erkenne ich gewiß/ daß der Stein nicht von ſich ſelbſt her- ein gefallen/ aber ich weiß darum nicht was das etwas

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Einleitung zu der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), 1691, S. 244. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_einleitungvernufftlehre_1691/262>, abgerufen am 18.04.2024.