Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thomasius, Christian: Einleitung zu der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), 1691.

Bild:
<< vorherige Seite

Das 11. H. von denen unterschied.
und sein Thun und Laffen gantz gewiß und
unstreitig wissen kan.

84. Denn er erkennet gantz gewiß die
Richtschnur desselbigen/ als die ihm GOtt
in die Gedancken oder ins Hertz geschrieben
(wie ihm die Richtschnur anderer Dinge ver-
borgen ist) und wenn er sein Thun und Lassen/
dessen er Meister ist/ darnach einrichtet/ so
weiß er/ daß er ihn erhalten habe/ wie er denn
auch weiß/ daß er denselben (so viel er durch
die Philosophie davon erkennet) erhalten
könne.

85. Woraus weiter folget/ daß er seine
gröste (zeitliche) Glückseeligkeit klar und
deutlich begreifft/ auch zugleich gewiß weiß/
daß es in seinem Vermögen stehe dieselbe zu
erhalten.

86. Betrachtet er aber sein eigen indivi-
duum,
so weiß er/ daß er sich/ wann er nur sei-
nen Verstand recht brauchen will besser und
gewisser wisse/ als ein anderer.

87. Ja er weiß/ daß ob gleich sein Verstand
nicht so beschaffen ist/ daß er seine oder eines
andern innerliches Wesen des Leibes durch
unstreitige Warheiten oder durch sehr wahr-
scheinliche
Gründe erkennen solte/ er dennoch

vermö-

Das 11. H. von denen unterſchied.
und ſein Thun und Laffen gantz gewiß und
unſtreitig wiſſen kan.

84. Denn er erkennet gantz gewiß die
Richtſchnur deſſelbigen/ als die ihm GOtt
in die Gedancken oder ins Hertz geſchrieben
(wie ihm die Richtſchnur anderer Dinge ver-
borgen iſt) und wenn er ſein Thun und Laſſen/
deſſen er Meiſter iſt/ darnach einrichtet/ ſo
weiß er/ daß er ihn erhalten habe/ wie er denn
auch weiß/ daß er denſelben (ſo viel er durch
die Philoſophie davon erkennet) erhalten
koͤnne.

85. Woraus weiter folget/ daß er ſeine
groͤſte (zeitliche) Gluͤckſeeligkeit klar und
deutlich begreifft/ auch zugleich gewiß weiß/
daß es in ſeinem Vermoͤgen ſtehe dieſelbe zu
erhalten.

86. Betrachtet er aber ſein eigen indivi-
duum,
ſo weiß er/ daß er ſich/ wann er nur ſei-
nen Verſtand recht brauchen will beſſer und
gewiſſer wiſſe/ als ein anderer.

87. Ja er weiß/ daß ob gleich ſein Verſtand
nicht ſo beſchaffen iſt/ daß er ſeine oder eines
andern innerliches Weſen des Leibes durch
unſtreitige Warheiten oder durch ſehr wahr-
ſcheinliche
Gruͤnde erkennen ſolte/ er dennoch

vermoͤ-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0280" n="262"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Das 11. H. von denen unter&#x017F;chied.</hi></fw><lb/>
und &#x017F;ein <hi rendition="#fr">Thun</hi> und <hi rendition="#fr">Laffen</hi> gantz gewiß und<lb/>
un&#x017F;treitig wi&#x017F;&#x017F;en kan.</p><lb/>
        <p>84. Denn er erkennet gantz gewiß die<lb/><hi rendition="#fr">Richt&#x017F;chnur</hi> de&#x017F;&#x017F;elbigen/ als die ihm GOtt<lb/>
in die Gedancken oder ins Hertz ge&#x017F;chrieben<lb/>
(wie ihm die Richt&#x017F;chnur anderer Dinge ver-<lb/>
borgen i&#x017F;t) und wenn er &#x017F;ein Thun und La&#x017F;&#x017F;en/<lb/>
de&#x017F;&#x017F;en er Mei&#x017F;ter i&#x017F;t/ darnach einrichtet/ &#x017F;o<lb/>
weiß er/ daß er ihn erhalten habe/ wie er denn<lb/>
auch weiß/ daß er den&#x017F;elben (&#x017F;o viel er durch<lb/>
die <hi rendition="#aq">Philo&#x017F;ophie</hi> davon erkennet) erhalten<lb/>
ko&#x0364;nne.</p><lb/>
        <p>85. Woraus weiter folget/ daß er &#x017F;eine<lb/><hi rendition="#fr">gro&#x0364;&#x017F;te</hi> (zeitliche) <hi rendition="#fr">Glu&#x0364;ck&#x017F;eeligkeit</hi> klar und<lb/>
deutlich begreifft/ auch zugleich gewiß weiß/<lb/>
daß es in &#x017F;einem Vermo&#x0364;gen &#x017F;tehe die&#x017F;elbe zu<lb/>
erhalten.</p><lb/>
        <p>86. Betrachtet er aber &#x017F;ein eigen <hi rendition="#aq">indivi-<lb/>
duum,</hi> &#x017F;o weiß er/ daß er &#x017F;ich/ wann er nur &#x017F;ei-<lb/>
nen Ver&#x017F;tand recht brauchen will be&#x017F;&#x017F;er und<lb/>
gewi&#x017F;&#x017F;er wi&#x017F;&#x017F;e/ als ein anderer.</p><lb/>
        <p>87. Ja er weiß/ daß ob gleich &#x017F;ein Ver&#x017F;tand<lb/>
nicht &#x017F;o be&#x017F;chaffen i&#x017F;t/ daß er &#x017F;eine oder eines<lb/>
andern innerliches We&#x017F;en des <hi rendition="#fr">Leibes</hi> durch<lb/>
un&#x017F;treitige Warheiten oder durch <hi rendition="#fr">&#x017F;ehr wahr-<lb/>
&#x017F;cheinliche</hi> Gru&#x0364;nde erkennen &#x017F;olte/ er dennoch<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">vermo&#x0364;-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[262/0280] Das 11. H. von denen unterſchied. und ſein Thun und Laffen gantz gewiß und unſtreitig wiſſen kan. 84. Denn er erkennet gantz gewiß die Richtſchnur deſſelbigen/ als die ihm GOtt in die Gedancken oder ins Hertz geſchrieben (wie ihm die Richtſchnur anderer Dinge ver- borgen iſt) und wenn er ſein Thun und Laſſen/ deſſen er Meiſter iſt/ darnach einrichtet/ ſo weiß er/ daß er ihn erhalten habe/ wie er denn auch weiß/ daß er denſelben (ſo viel er durch die Philoſophie davon erkennet) erhalten koͤnne. 85. Woraus weiter folget/ daß er ſeine groͤſte (zeitliche) Gluͤckſeeligkeit klar und deutlich begreifft/ auch zugleich gewiß weiß/ daß es in ſeinem Vermoͤgen ſtehe dieſelbe zu erhalten. 86. Betrachtet er aber ſein eigen indivi- duum, ſo weiß er/ daß er ſich/ wann er nur ſei- nen Verſtand recht brauchen will beſſer und gewiſſer wiſſe/ als ein anderer. 87. Ja er weiß/ daß ob gleich ſein Verſtand nicht ſo beſchaffen iſt/ daß er ſeine oder eines andern innerliches Weſen des Leibes durch unſtreitige Warheiten oder durch ſehr wahr- ſcheinliche Gruͤnde erkennen ſolte/ er dennoch vermoͤ-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_einleitungvernufftlehre_1691
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_einleitungvernufftlehre_1691/280
Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Einleitung zu der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), 1691, S. 262. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_einleitungvernufftlehre_1691/280>, abgerufen am 25.04.2024.